| # taz.de -- Basisdemokratie in der CDU: Rita ohne Furcht und Tadel | |
| > Die Landesvorsitzende setzt sich durch: Wer für Bremens CDU 2013 in den | |
| > Bundestag einziehen soll, entscheiden nun doch die Mitglieder | |
| Bild: Und sie redeten kein Wort - kommunikative Eiszeit in der CDU-Spitze. | |
| BREMEN taz | Und gewonnen hat – Rita Mohr-Lüllman. Wobei man sich nicht | |
| sicher sein kann, ob ihr selbst das schon klar ist. Zwar rang sie sich | |
| gestern am Rande der Bürgerschaftssitzung das Statement ab, sie freue sich, | |
| „dass nun die Mitglieder befragt werden“. Aber spontan war diese Freude | |
| nicht gewesen. Laut Augenzeugen wirkte die Vorsitzende der Bremer CDU sogar | |
| reichlich angefasst, als sie in der Nacht zu Donnerstag aus dem Haus am | |
| Wall eilte, hinter sich die fast fünfstündige Sitzung des Landesvorstands, | |
| vor sich die wartenden JournalistInnen. | |
| Nein, von ihr kein Statement – während Kontrahent Thomas Röwekamp mit dem | |
| bereitwilligen Lächeln jahrelanger Gremienerfahrung in die Mikros flötete, | |
| dass er nun doch Fraktionsvorsitzender bleiben sowie im Mai zur | |
| turnusgemäßen Wiederwahl antreten werde: Mit dem Angebot, ihr diesen gut | |
| dotierten Job zu überlassen, hatte der Notar in spe versucht, Mohr-Lüllmann | |
| vom Plan abzubringen, 2013 für den Bundestag zu kandidieren. | |
| Für die Aufstellung der Landesliste zur Bundestagswahl gebe es „jetzt ein | |
| geordnetes und einvernehmliches Verfahren“, resümierte Röwekamp. Und | |
| stoßseufzte, dass die innerparteilichen Personalstreitigkeiten nun – | |
| endlich! – zu ruhen hätten – als wäre er daran unbeteiligt. | |
| Alles harmonisch also? „So etwas kann man nicht beschließen“, räumte | |
| Partei-Vize Jörg Kastendiek gestern auf Nachfrage ein, „so etwas muss | |
| gelebt werden“. Und in der Bürgerschaftssitzung gestern fremdelten Rita und | |
| Thommy doch noch sehr. Das mit dem geordneten Verfahren aber stimmt, und | |
| damit ist der Streitpunkt der vergangenen Wochen geklärt – zugunsten von | |
| Mohr-Lüllmann: Denn per Mitgliederbefragung wird die CDU klären, wer die | |
| Landesliste bei der Bundestagswahl 2013 anführt. Außerdem, so Kastendiek, | |
| habe es noch „einen ergänzenden Antrag“ gegeben. Auf Regionalkonferenzen | |
| werde „nicht nur über Platz eins entschieden“. Auch die übrigen – | |
| allerdings wohl chancenlosen – KandidatInnen sollen von der Basis gekürt | |
| werden. Letzteres war ein Antrag vom Hemelinger Beisitzer Andreas Hipp, | |
| also aus dem Röwekamp-Lager. Aber sein eigentliches Ziel scheint der | |
| verfehlt zu haben – nämlich: die gesonderte SpitzenkandidatInnen-Wahl zu | |
| torpedieren, alle BewerberInnen in einem Pool zu sammeln – und damit für | |
| Michael Teiser ein Hintertürchen zu öffnen. Dass der sich nun der | |
| Kampfabstimmung des Parteivolkes stellt, gilt als unwahrscheinlich. | |
| Immerhin denbar ist, dass es sich andere Bewerber melden. | |
| Teiser war Röwekamps Wunschkandidat gewesen, um Mohr-Lüllmann zu | |
| verhindern. In seiner Zeit als Landesvorsitzender hatte der Innensenator | |
| a.D. dem Bremerhavener Stadtkämmerer Teiser offenkundig Hoffnungen darauf | |
| gemacht, das Mandat von Bernd Neumann erben zu können. Und Teiser findet | |
| sich selbst auch geeignet. Bloß hatte nach langem Zögern auch Mohr-Lüllmann | |
| Anfang des Monats Interesse angemeldet. Um nicht von den Parteigremien kalt | |
| gestellt zu werden, in denen sie keine Mehrheit hat, war ihre Anregung | |
| gewesen: Die Basis der Partei zu befragen. Über deren Votum war sie | |
| schließlich im Januar ins Amt gekommen. | |
| Dem Landesvorstand wiederum blieb keine andere Wahl, als eine | |
| Mitgliederbefragung zu beschließen. Denn die muss laut CDU-Statut | |
| durchgeführt werden, sobald zehn Prozent der Partei das beantragen. Macht | |
| aktuell 300. Mittwochabend sollen dem Vernehmen nach sogar deutlich mehr | |
| notariell beglaubigte Mitglieder-Unterschriften vorgelegen haben. | |
| Stattdessen nur den scheinbar weitergehenden Hipp-Antrag anzunehmen – ein | |
| beliebter Verfahrenstrick in der Gremiendemokratie – wäre juristisch wohl | |
| kaum darstellbar gewesen. Jetzt gilt er, so die Sprachregelung, als | |
| „Ergänzung“. Es bedürfte allerdings eines historischen Wahlausgangs, um | |
| mehr als ein CDU-Mandat zu erringen. | |
| Am ehesten scheint das noch bei den Erststimmen möglich. Am Direktmandat | |
| ist die Union vor drei Jahren mit Mohr-Lüllmann als Newcomerin recht knapp | |
| vorbeigeschrammt. Carsten Sieling wiederum war damals als Vorsitzender der | |
| Bürgerschafts-SPD weitaus präsenter in Bremen als derzeit. Und die Grünen, | |
| heißt es, wollen die populäre Marieluise Beck nicht erneut aufstellen, | |
| trotz ihrer rekordverdächtigen 17 Prozent. Es ist also, ganz wie Kastendiek | |
| sagt, „eine Situation, in der man sich intensiv Gedanken darüber machen | |
| muss, wer antritt.“ | |
| 18 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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