Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Werner Herzog an der Volksbühne: In der Hängematte
> Tenöre, Projektionen, Naturbetrachtungen, Bilder wie aus Fieberträumen:
> Werner Herzog arbeitet an der Berliner Volksbühne sein Wahnwerk
> „Fitzcarraldo“ auf.
Bild: Der Egomane wird zum Teamplayer: Werner Herzog.
Einfach mal Beine und Seele baumeln lassen. Als Werner Herzog die Bühne
betritt, macht er es sich gleich in der überdimensionalen Hängematte
bequem, die durch den Bühnenraum gespannt ist. Die steht im Mittelpunkt des
Settings, am linken Bühnenrand befinden sich zwei Klaviere; eine
Stuhlgruppe ist hinter einem Vintage-Mikrofon arrangiert, im Vordergrund
ein kleiner Tisch mit Leselampe. Ein schöner, klarer Aufbau.
„Die Eroberung des Nutzlosen“ waren die zwei Abende in der Volksbühne
betitelt. Sie sind der vorläufige Höhepunkt der Herzog-Festspiele, mit dem
Berlin, etwas verspätet, den 70. Geburtstag des Regisseurs feiert. Herzog,
das ungeliebte Kind, der verstoßene Sohn des deutschen Kinos – nun
schaukelt er während der Gesangseinlage seiner fünf Tenöre in der
Hängematte und genießt den Moment.
Später gesellt er sich zu seinen Musikern. Der Egomane Herzog ist auf seine
alten Tage zum Teamplayer gereift. Doch an diesen zwei Abenden soll es noch
einmal um den Urtext des Herzog-Mythos gehen, die Dreharbeiten zu seinem
Wahnwerk „Fitzcarraldo“. Am Anfang habe er einen Traum gehabt, rezitiert
Herzog aus seinen Tagebucheintragungen: die Stimme Carusos im Dschungel,
ein Dampfschiff gewuchtet auf einem Bergkamm.
Mit „Die Eroberung des Nutzlosen“ eröffnete die Volksbühne auch eine klei…
Reihe, die die Bedeutung des Werkbegriffs in der Kunstproduktion zu
hinterfragen versucht. Herzog ist da ein spannender Forschungsgegenstand,
weil in seinen Arbeiten Künstler und Werk kaum zu trennen sind.
„Fitzcarraldo“ ist nicht nur ein großartiger Film über einen Eroberer des
Nutzlosen, das filmische Unterfangen stellt in sich eine irrwitzige
Eroberung des Nutzlosen dar.
## New-Age-Weltmusiksuppe
Und Herzog versteht es, den Mythos in seiner ganzen Ambivalenz zu pflegen:
Der Bühnenhintergrund wird von Projektionen kolonialer Malereien
ausgefüllt, die traditionellen Kirchengesänge des sardischen Ensembles 5
Tenores de Orosei und ihres senegalesischen Gastsängers Mola Sylla
beschwören die kosmische New-Age-Weltmusiksuppe von Popol Vuh herauf.
Zwischendurch liest Herzog aus seinen eigenwilligen Naturbetrachtungen.
Bilder wie aus Fieberträumen: ausgestopfte Krokodile mit Sonnenbrillen,
tropische Schmetterlinge mit adlerähnlichen Schwingen, Waldarbeiter, die
sich mit Kettensägen selbst amputieren, und immer wieder dringt das Gezeter
Kinskis in seinem Yves-Saint-Laurent-Tropenanzug durch, der mit einen Baum
kopuliert.
Doch der Dschungel ist nicht erotisch, grantelt Herzog, nur obszön. Über
den legendären Schiffstransport hat er nichts zu erzählen außer: Ich bin
dabei gewesen. Das Publikum dankt es ihm mit stürmischem Applaus.
22 Oct 2012
## AUTOREN
Andreas Busche
## TAGS
Werner Herzog
Berliner Volksbühne
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hommage an Filmemacher Herzog: „Was ich bin, sind meine Filme“
Lange war er der verlorene Sohn der deutschen Filmszene. Doch in diesen
Tagen gibt es zahlreiche Veranstaltungen über und mit Werner Herzog.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.