# taz.de -- Komponist Hans Werner Henze ist tot: Tod eines Jahrhundertkomponist… | |
> Henze, einer der meistgespielten zeitgenössischen Komponisten, ist im | |
> Alter von 86 Jahren gestorben. Er galt als als einer der „vielseitigsten | |
> und wirkungsvollsten Komponisten unserer Zeit“. | |
Bild: Hans Werner Henze 2009 bei der Vorstellung des „Henze-Projekts“ im Es… | |
BERLIN dapd/dpa | Hans Werner Henze, einer der meistgespielten | |
zeitgenössischen Komponisten, ist tot. Er sei am Samstag in Dresden im | |
Alter von 86 Jahren gestorben, teilte der Mainzer Musikverlag Schott Music | |
mit. Die Akademie der Künste würdigte den in Gütersloh geborenen Henze als | |
Jahrhundertkomponisten. Mit der Deutschen Oper Berlin verband Hans Werner | |
Henze (1926-2012) viele Jahre eine enge Zusammenarbeit, die mehrere | |
Uraufführungen und Deutsche Erstaufführungen zur Folge hatte. Darauf | |
verweist mit nicht geringem Stolz das lange Zeit von Götz Friedrich | |
geführte Opernhaus in seinem Jubiläumsband zum 100-jährigen Bestehen in | |
diesem Jahr. | |
Als die Deutsche Oper Berlin in der ersten Nachkriegszeit noch Städtische | |
Oper hieß und noch ohne Neubau war, hatte 1956 in West-Berlin Henzes Oper | |
„König Hirsch“ mit skandalösen Begleiterscheinungen Premiere. Es war Henz… | |
"überraschende Hinwendung zur Oper und sein Abschied von der „Avantgarde“, | |
heißt es im Jubiläumsband der Oper. „Doch die Verantwortlichen, darunter | |
der Dirigent Hermann Scherchen, haben nicht den Mut, das Werk in voller | |
Länge zu spielen und kürzen es um mehr als ein Drittel.“ | |
## 25 Minuten Applaus | |
Das Publikum applaudierte 25 Minuten und die meisten Kritiken waren | |
positiv. Doch habe es während der Premiere auch lautstarke Störungen von | |
Gegnern zeitgenössischer Musik gegeben, die unter anderem riefen: „Wir | |
wollen Lohengrin!“ Die Premiere sei als einer der großen Skandale in die | |
Theatergeschichte eingegangen. Nach verschiedenen Umarbeitungen wurde | |
„König Hirsch“ in der Originalfassung erst 1985 in Stuttgart ein Erfolg. | |
Der renommierte Berliner Musikkritiker Klaus Geitel, der in der Berliner | |
Premiere 1956 war, hält es sogar für Henzes bestes Stück. | |
Nur vier Monate nach der Uraufführung in Schwetzingen durch die Bayerische | |
Staatsoper brachte die Deutsche Oper Berlin 1962 Henzes „Elegie für junge | |
Liebende“ in einer eigenen, von Henze selbst ausgestatteten, inszenierten | |
und dirigierten Produktion heraus. Die Hauptpartie sang wie bei der | |
Uraufführung Dietrich Fischer-Dieskau. | |
1965 erlebte Henzes Oper „Der junge Lord“ an der Deutschen Oper ihre | |
triumphale Uraufführung. Drei Jahre später wurde die Produktion verfilmt. | |
Zusammen mit der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973), mit der | |
ihn eine enge künstlerische Freundschaft verband, wie die Deutsche Oper in | |
ihrem Jubiläumsband betonte, hatte sich Henze einer Parabel von Wilhelm | |
Hauff von 1827, „Der junge Engländer oder Der Affe als Mensch“, angenommen. | |
Henze und Bachmann hatten schon während dieser Arbeit ihr nächstes | |
gemeinsames Werk begonnen, „Die Bassariden“. Der Regisseur Gustav Rudolf | |
Sellner inszenierte die Uraufführung 1966 mit Solisten der Deutschen Oper | |
in Salzburg, danach kam die Produktion als Deutsche Erstaufführung zu den | |
Festwochen nach Berlin. | |
## Geprägt durch die Kriegsgefangenschaft | |
Henze wurde durch seine Erfahrungen in der Kriegsgefangenschaft geprägt. | |
Sein politisches Engagement ab Mitte der 60er-Jahre nahm starken Einfluss | |
auf seine Kompositionen, die Wahl der Texte und Sujets. Er wollte zu den | |
politischen Fragen seiner Zeit in einer neuen Musiksprache Stellung | |
beziehen. Er thematisierte beispielsweise das faschistische Deutschland, | |
die Ereignisse von 1968 und die Revolution in Kuba. 1988 gründete er die | |
Münchener Biennale, deren künstlerischer Leiter er bis 1994 war. | |
1976 begann der neue Intendant, der renommierte Cellist Siegfried Palm, | |
seine erste Spielzeit mit der Deutschen Erstaufführung von Henzes „Wir | |
erreichen den Fluss“. 25 Jahre nach „Der junge Lord“ kam es 1990 wieder zu | |
einer Opernuraufführung von Henze in der Deutschen Oper: „Das verratene | |
Meer“ nach Yukio Mishimas Roman „Der Seemann, der die See verriet“. | |
Schott Music würdigte Henze als einen der „vielseitigsten und | |
wirkungsvollsten Komponisten unserer Zeit“. Seine grenzenlose musikalische | |
Fantasie habe während seiner langen künstlerischen Laufbahn in der | |
Komposition von mehr als 40 Bühnenwerken und zehn Symphonien, in Konzerten, | |
Kammermusik, Oratorien, Liederzyklen und einem aus neun Konzerten | |
bestehenden Requiem Ausdruck gefunden. | |
27 Oct 2012 | |
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