# taz.de -- Schmerzensgeld für „Mann in Blau“: Polizeischläge ins Kontor | |
> Ein Demonstrant erhält 10.000 Euro Entschädigung, weil er von Polizisten | |
> verprügelt wurde. Sein Anwalt findet die Summe noch „bescheiden“. | |
Bild: Ein Video auf youtube dokumentiert den Polizeiübergriff. | |
Wenn die Polizei zuschlägt, kann das teuer werden: Ein Mann, der im Jahr | |
2009 von Polizisten verprügelt wurde, erhält ein Schmerzensgeld in Höhe von | |
10.000 Euro. Wie erst jetzt bekannt wurde, stimmte das Land Berlin einem | |
entsprechenden Vergleich am 16. Oktober zu. | |
Oliver H. war im September vor drei Jahren am Rande der | |
Datenschutz-Demonstration „Freiheit statt Angst“ von zwei Beamten mit | |
Faustschlägen zu Boden gestreckt worden, weil er einen Platzverweis nicht | |
befolgt haben soll. Handyvideos von der Tat sorgten im Internet für | |
Empörung. Ein Amtsgericht verurteilte die Polizisten im April zu | |
Geldstrafen von 6.000 Euro wegen Körperverletzung im Amt. | |
Johannes Eisenberg, Anwalt des Opfers, bezeichnete den nun parallel am | |
Landgericht geschlossenen zivilrechtlichen Vergleich als „erste | |
Anerkennung, dass meinem Mandanten massives Unrecht geschehen ist“. Gegen | |
das Amtsgerichtsurteil hatten nämlich alle Beteiligten Berufung eingelegt. | |
Die Polizisten wollen einen Freispruch, Staatsanwaltschaft und Opferanwalt | |
härtere Strafen. Dass das Land dem Vergleich zustimmte, ist für Eisenberg | |
ein „Schuldeingeständnis“. Er kündigte an, seine Berufung zurückzuziehen, | |
wenn dies die Gegenseite auch tue. | |
Da die Polizisten Beamte sind, muss das Schmerzensgeld nicht von ihnen | |
gezahlt werden, sondern – in „Amtshaftung“ – vom Land Berlin. Ein Arzt | |
hatte damals bei Oliver H. einen Oberlippen-Abriss, Hautabschürfungen, | |
Schwellungen und eine Traumatisierung festgestellt. Der Vergleich gilt auch | |
eine „Verletzung des Persönlichkeitsrechts“ von Oliver H. mit ab. Der | |
damalige Polizeipräsident hatte ihn fälschlich beschuldigt, die Verhaftung | |
selbst provoziert zu haben. Die Staatsanwaltschaft sah dagegen keinerlei | |
Fehlverhalten von H. | |
Die Polizei kommentierte den Vergleich nicht – er sei ja mit dem Land | |
geschlossen. Auch sei das Strafverfahren noch offen, so ein Sprecher. | |
Schmerzensgeldzahlungen seiner Behörde bezeichnete er als „selten“, die | |
Höhe des aktuellen Vergleichs falle aber nicht aus dem Rahmen. Anwalt | |
Eisenberg hingegen nannte die 10.000 Euro „ungewöhnlich hoch“, aus Sicht | |
des Opfers sei die Höhe dennoch „bescheiden“. | |
Generell werden Polizisten selten verurteilt. So führten im letzten Jahr | |
417 Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt nur zu 3 Verurteilungen. | |
Zu Schmerzensgeldzahlungen sind nur Einzelfälle bekannt. So wurden einem | |
Hertha-Fan im Februar 2.000 Euro zugesprochen, weil er nach einem | |
Fußballspiel von einem Einsatzwagen umgefahren wurde. | |
In Aachen erhielt ein Mann im Februar 6.000 Euro, weil er versehentlich von | |
einem Polizeihund gebissen wurde. Am meisten bekam 2009 ein 39-jähriger | |
Nordrhein-Westfale: 100.000 Euro. Er hatte in betrunkenem Zustand einen | |
Mädchen-Fanfarenzug gestört. Die Polizei griff so brutal zu, dass er nun | |
querschnittsgelähmt ist. | |
9 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Polizei | |
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