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# taz.de -- Pfaffenlegen: Kein Gott für arme Säue
> Niedersachsens Bauernvertretung mobilisiert gegen Pastoren, die sich
> "überzogen" kritisch zur industriellen Landwirtschaft äußern. Die Grünen
> im Land erkennen darin einen "Aufruf zur Denunziation".
Bild: Solche Zustände sollen Pastoren als gottgewollt erkennen - der Mensch so…
Helmut Brachtendorf versteht die Welt nicht mehr: „Man kann die moderne
Landwirtschaft doch nicht in Bausch und Bogen verdammen“, erregt sich der
Sprecher des Landvolks Niedersachsen. Das Landvolk ist die
Interessenvertretung von 80.000 Bauern im Land. Einige von denen fühlten
sich in den letzten Erntedank-Gottesdiensten persönlich angegriffen: Mit
Argumenten der Tierschutzorganisation Peta sollen Pastoren von der Kanzel
gegen Antibiotika in Schweine- und Rindfleisch, gegen Massentierhaltung,
Turbomast und verseuchte Lebensmittel gewettert haben. „Wofür sollen wir an
Erntedank dem Herrn eigentlich noch danken“, soll ein Geistlicher gefragt
haben.
Flugs schrieb Brachtendorf einen Rundbrief an alle
ÖffentlichkeitsarbeiterInnen des Landvolks: „Wenn es in Ihrem Umfeld
seitens der Kirchen ebenfalls ungerechtfertigte und überzogene Kritik
gegeben hat, bitten wir darum, uns dies mitzuteilen.“ Denn, so der Sprecher
des Landvolkes, seine Organisation stünde im Dialog mit der Landeskirche,
da wolle er diese Thematik ansprechen.
## „Eine klare Drohung“
„Das ist eine klare Drohung. Das Landvolk ruft zu Denunziation auf.
Hoffentlich lässt sich der Landesbischof davon nicht beeindrucken“, empört
sich die kirchenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Meta
Janssen-Kucz. Der angesprochene Bischof der Hannoverschen Landeskirche,
Ralf Meister, lässt gegenüber der taz pastoral verlauten, dass die
Landessynode „ein differenziertes Positionspapier“ erstellt habe und an
einer Diskussion „mit allen Verbänden und Interessenvertretungen“
interessiert sei.
„Diese Meinungsbildung zu fördern und zu begleiten, ist unser Beitrag zum
verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung“, so Meister weiter. Sein
Sprecher Johannes Neukirch interpretiert das so: „Die Landeskirche wird
keine Maulkörbe gegen ihre PastorInnen verhängen.“
Landvolk-Sprecher Brachtendorf weist den Vorwurf der Denunziation weit von
sich. „Wir erwarten keine Konsequenzen von der Kirche. Wir wollen nur
objektive und wahre Fakten kommunizieren.“ Der Bischof sei schon
eingeladen, im nächsten Jahr einen großen Veredelungsbetrieb zu besuchen.
„Wir wollen doch nur ein Meinungsbild erstellen, wie massiv und wie
qualifiziert die Öffentlichkeit die moderne Landwirtschaft kritisiert.“ Von
einer Kampagne könne keine Rede sein.
Allerdings, gibt Brachtendorf zu, habe es schon im September einen
ähnlichen Aufruf an die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen des Landvolks gegeben.
Damals sollten sie Schulbücher nach Kritik an der modernen Landwirtschaft
durchflöhen. „In Schulbüchern zeichnen Texte über die moderne
Landwirtschaft aus fachlicher Sicht selten ein realistisches Bild“, heißt
es in dem Aufruf. „Häufig ist die Darstellung realitätsfern bis
katastrophal oder schlichtweg lausig recherchiert. Wir bemühen uns hierbei
fortlaufend um Veränderung.“
## Teure Seminare
Das Landvolk hat das Institut „Information Medien Agrar“ beauftragt,
Schulbücher systematisch nach Kritik an der Landwirtschaft zu durchsuchen.
Außerdem bietet die Bauernvertretung regelmäßig teure Seminare und
Materialien an, die als Argumentationshilfen gegen Kritik an
Massentierhaltung und Biogasanlagen dienen sollen.
14 Nov 2012
## AUTOREN
Thomas Schumacher
## TAGS
Landwirtschaft
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