# taz.de -- Flüchtlinge: Vorsatz zur Versorgung | |
> Bezirke sagen Sozialsenator Czaja zu, mehr Unterkünfte zu schaffen. Doch | |
> es gibt Probleme. | |
Bild: Flüchtlinge auf dem Kreuzberger Oranienplatz fordern seit Wochen eine Ab… | |
In der Debatte über die Schaffung neuer Unterkünfte für Flüchtlinge und | |
Asylbewerber haben Berlins Bezirke eingelenkt. Der Rat der Bürgermeister | |
hat am Donnerstag der Forderung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) | |
zugestimmt, rasch mehr Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Czaja hatte | |
zuvor die Beschlagnahme von Gebäuden angedroht, sollten die Bezirke nicht | |
handeln. | |
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) habe die Sitzung | |
geleitet und an die Bezirke appelliert, sofort und entschlossen zu handeln, | |
sagte Lichtenbergs Bürgermeister Andreas Geisel (SPD) der taz. „Ein paar | |
Wochen zu warten würde Obdachlosigkeit bedeuten. Denn der Senat rechnet im | |
Laufe des Winters mit einem weiteren starken Anstieg der | |
Flüchtlingszahlen.“ Czajas Sprecherin Regina Kneiding sagte, die Bezirke | |
seien sich einig darin, dass sowohl die Unterbringung als auch die | |
schulische und gesundheitliche Versorgung der Asylbewerber eine Aufgabe von | |
gesamtstädtischer Bedeutung sei. Uneinigkeit habe in Detailfragen | |
bestanden, sodass die Vorlage des Senats zunächst an einen Ausschuss der | |
Bezirke überwiesen worden sei. | |
„Beispielsweise hat Neukölln angemerkt, dass es mit der Integration von | |
Roma aus Bulgarien und Rumänien, die nicht als Asylbewerber zählen, eine | |
riesige Aufgabe zu stemmen hätte, und gebeten, das anzurechnen“, sagte | |
Lichtenbergs Bürgermeister Geisel weiter. Diese osteuropäischen Roma | |
bräuchten genau wie Asylbewerber Kleinklassen in Schulen und eine | |
Versorgung durch den öffentlichen Gesundheitsdienst. Spandau habe zudem auf | |
den maroden Bauzustand der Erstaufnahmestelle in der Motardstraße | |
hingewiesen. „Die müsse der Senat entweder mit viel Geld sanieren oder | |
abreißen und an anderer Stelle investieren“, sagte Geisel. | |
Dem Senatspapier zufolge hat Steglitz-Zehlendorf den größten Nachholbedarf, | |
Unterkünfte zu schaffen. Hier erwartet Berlin kurzfristig 500 | |
Übernachtungsplätze. Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) merkte jedoch | |
an, dass es gar nicht so viele Immobilien im Südwesten gebe. „In | |
Schlachtensee wird gerade ein ehemaliges Hotel mit 70 Plätzen bezogen. Das | |
steht aber nur bis Ende März zur Verfügung, weil es verkauft werden soll.“ | |
Eine andere Immobilie könne auch nur bis zum Frühjahr angeboten werden. | |
„Weitere Prüfungen sind negativ verlaufen.“ | |
Czajas Sprecherin Kneiding wies darauf hin, dass sowohl dauerhafte Plätze | |
gebraucht werden als auch Plätze nur für den Winter. „Einige Flüchtlinge | |
werden in Berlin bleiben, andere nicht.“ | |
Diese Woche hatte das Deutsche Rote Kreuz „katastrophale Zustände“ in | |
einigen Asylbewerberheimen beklagt. Hintergrund ist, dass zumeist | |
Bürogebäude in Bettenburgen umgewandelt werden und Sanitäreinrichtungen | |
fehlen. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst warnte vor Panikmache wegen der | |
gestiegenen Zahlen von Asylbewerbern. Die Zahl von jetzt 50.000 Anträgen | |
pro Jahr in Deutschland sei im Vergleich zu weltweit 42 Millionen | |
Flüchtlingen „lächerlich klein“, sagte der Direktor der katholischen | |
Hilfsorganisation, Frido Pflüger. Hier bereits von „Asylmissbrauch“ zu | |
sprechen sei völlig unangebracht. Pflüger hatte bis vor Kurzem als | |
Regionaldirektor des Flüchtlingsdienstes in Ostafrika gearbeitet. | |
15 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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