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# taz.de -- Call a reporter: A-Team in Aktion
> Die evangelische Landeskirche will das "Haus der Kirche", einen
> 60er-Jahre-Bau, abreißen. Die Schüler des Architekten wollen das
> verhindern.
Bild: Schick oder Schrott? Das "Haus der Kirche" in Charlottenburg.
Das Haus der Kirche in Charlottenburg ist ein Chamäleon. Mit seiner
Ziegelfassade und den weißen Putzbändern steht es am Karl-August-Platz und
passt sich der Umgebung so geschickt an, dass es in dem Wohngebiet kaum
auffällt. Doch wie so oft ist die größte Stärke auch die größte Schwäche:
Denn wer würde es schon bemerken, wenn das vierteilige Gebäudeensemble aus
den 60er Jahren plötzlich verschwände?
Genau das nämlich plant die evangelische Landeskirche, die hier bislang ihr
Aus- und Weiterbildungszentrum betreibt: den Abriss. Die Aufteilung mit den
langen Fluren und vielen kleinen Räumen sei „wenig einladend für
gemeinschaftliches Arbeiten“, die Isolierung „katastrophal“. So sagt es d…
für das Haus zuständige Oberkonsistorialrätin Friederike Schwarz. Lieber
neu bauen als renovieren, lautet die Losung. Man verhandele bereits mit
Investoren.
Doch die Kirche hat ihre Rechnung ohne die Männer in Schwarz gemacht: Sie
sind eine Art A-Team der Architektur, diese drei Herren im Rentenalter.
Gekleidet in Trenchcoats über eleganten Sakkos stehen sie vor dem Haus, um
den Hals grobe Wollschals und im Blick ein Ziel: das Haus der Kirche
retten.
„Dieses Gebäude ist in Würde gealtert“ sagt Peter Abel, 70, anerkennend u…
schaut an der Fassade hoch. Seine Mitstreiter Gert Kicherer und Gert
Lejeune Dirichelt, beide 71, stimmen zu. Sie müssen es wissen. Sie waren
Schüler von Konrad Sage, dem Architekten, der das Haus der Kirche
mitentwarf. Als junge Studenten besuchten sie sein Seminar an der damaligen
Hochschule der Künste, stritten mit Sage über Entwürfe und wurden bei der
Einweihung im Jahr 1967 von ihm höchstpersönlich durch das Haus geführt.
Die Schüler wurden bald selbst zu Architekten, Sage zum Direktor der
Hochschule –und die Evangelische Landeskirche freute sich über ein
Gebäudeensemble in Charlottenburg, das sich vielfältig nutzen ließ. Unter
anderem fanden ein Studentenwohnheim sowie Tagungsräume darin Platz.
Heute macht das Haus der Kirche einen weitaus weniger belebten Eindruck.
Das Architektur-A-Team inspiziert den Eingang des Wohnheims im Innenhof,
späht durch schmutzige Fenster. Seit 10 Jahren hat hier niemand mehr
gewohnt. „Dieser Leerstand zeugt von fataler Fantasielosigkeit“, seufzt
Kicherer. „Ausgerechnet jetzt, da die Mieten in Berlin steigen und
Studenten keine Wohnungen finden.“
Die Kirchenverantwortlichen betonen auf Anfrage, man habe zuletzt erfolglos
versucht, die Zimmer zu vermieten. Die Räume sind nur neun Quadratmeter
groß, es gibt ausschließlich Gemeinschaftsduschen. Dieser Standard sei
nicht gerade up to date, heißt es.
Kicherer und seine Mitstreiter, zu denen neben Abel und Lejeune noch
weitere Kommilitonen von damals gehören, kennen die Argumente. Und halten
dagegen: Die Gebäudesubstanz sei noch völlig intakt, Grundrisse und die
Konstruktion ließen Spielraum für Umgestaltung. „Es gibt keinen Grund,
dieses Dokument der Nachkriegsmoderne abzureißen.“
Das sieht der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ähnlich: Auf Wunsch der BVV
erklärte das Berliner Landesdenkmalamt das Haus der Kirche in der
vergangenen Woche zum Baudenkmal. Das möchten die Kirchenoberen erst einmal
schriftlich haben, sagen sie. Im Ernstfall würden sie auch erwägen, den
Standort komplett aufzugeben. Doch so viel ist klar: Die Architekten im
Ruhestand beobachten weiter.
16 Nov 2012
## AUTOREN
Joanna Itzek
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