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# taz.de -- Call a Reporter: Der Traum vom Frühling
> Die Stadt trägt ein Kleid aus Matsch und Schnee - und wer räumt es weg?
> Unterwegs mit dem Winterräumdienst.
Bild: Hier muss noch geräumt werden.
Es klingt wie ein Versprechen: Winterräumdienst. Als ob sich der Winter
mitsamt allem Schnee und Eis mitten im Dezember aus der Stadt räumen ließe.
Torsten Halfter, 40, weiß, dass das nicht möglich ist: Seit Tagen schneit
es regelmäßig. Also fängt Halfter jeden Morgen wieder bei null an, wenn er
in sein kleines, orangefarbenes Räummobil steigt, um die Gehwege
freizukratzen.
Eng ist es in dem Fahrzeug Typ Ladomat und laut, sobald die gelbe Bürste
vorn am Wagen gegen die Schneeschicht anrotiert. „Das ist so festgetreten
heute“, stellt Halfter fest. Der gebürtige Köpenicker ist ein ruhiger
Mensch, Hände und Gesicht rot und rau von der Arbeit in der Kälte. Fontänen
aus Matsch und Weiß spritzen an der vollverglasten Fahrerkabine vorbei,
während Halfter sein Gefährt über die schmalen Bürgersteige in Britz
navigiert. Links der Radweg, rechts der Zaun einer Kleingartenanlage. „Wir
dürfen die Radwege nicht zurotzen“, sagt Halfter, „das gibt sonst Ärger.�…
Doch um den kommt der Winterräumdienst nie ganz herum. Neulich habe ein
Anwohner mit einem Besen nach dem Räumauto gehauen. „Der wollte nicht, dass
ich seine Einfahrt kreuze, um auf den Gehweg zu kommen“, sagt Halfter.
Anfangs habe er noch versucht, mit solchen Nörglern zu diskutieren. „Aber
das hat keinen Sinn.“
Seit 19 Jahren arbeitet Halfter für die private Winterdienstfirma Süd-Ost.
Im Winter bestreuen er und seine Kollegen im Auftrag der Stadt sowie
privater Kunden die Gehwege mit Split und Sand. Bei Tauwetter kehren sie
das Ganze wieder zusammen, im Frühling widmen sie sich dem Gartenbau. Der
Frühling sei die schönste Zeit, sagt Halfter.
Im Winter hingegen, „wenn so ein Wetter ist wie jetzt, schlafe ich pro
Nacht vielleicht drei Stunden“. Das sei auch für seine Familie belastend.
Ständig sei er mit dem Räumfahrzeug unterwegs, vor allem nachts, weil es
sich da leichter arbeiten lässt. Tagsüber fährt er Reklamationstouren, wenn
Kunden nicht zufrieden sind. So rumpelt Halfter 80 Kilometer am Tag mit
seinem Ladomat durch Berlin.
Rund 70 private Winterdienstfirmen arbeiten in der Stadt, schätzt man bei
Halfters Arbeitgeber Süd-Ost. Dort werden derzeit 175 Menschen beschäftigt.
Während sich die landeseigene BSR um die Straßen kümmert, übernehmen die
Privaten die Räumung von Gehwegen.
Halfter steuert den Ladomat an „Curry Paule“ im Britzer Weg vorbei. Die
Sonne bricht durch die Wolken. Am Wochenende, sagt Halfter, soll es wieder
deutliche Plusgrade geben. „Und Regen. Vielleicht kann ich ausschlafen.“
Helden ohne Applaus, Probleme ohne Lösung, Geschichten ohne Erzähler? Sagen
Sie's uns! Wir kommen vorbei und schreiben es auf: [email protected]
14 Dec 2012
## AUTOREN
Joanna Itzek
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