# taz.de -- Wolfssichtung bei Berlin: „Die Wölfe fühlen sich pudelwohl hier… | |
> Bei Berlin wurde ein Wolfsrudel mit Nachwuchs gesicht. WWF-Experte | |
> Janosch Arnold empfiehlt: Wer einen Wolf sieht, sollte sich nicht sorgen, | |
> sondern es genießen. | |
Bild: Infrarotbild eines in Sperenberg gesichteten Wolfes. | |
taz: Herr Arnold, Sie sind unweit von Berlin auf ein Wolfsrudel gestoßen. | |
Wie kam das? | |
Janosch Arnold: Aus einem Gebiet bei Sperenberg gab es Hinweise aus der | |
Bevölkerung. Deshalb waren wir in Brandenburg mit Fotofallen unterwegs und | |
haben dort schon vor einigen Monaten Wölfe nachgewiesen. Es gibt ein Rudel | |
mit Nachwuchs. | |
Wie schaffen Sie es, die Tiere zu beobachten? | |
Mit Infrarotkameras, die über Bewegung auslösen und an Wildwechseln | |
aufgestellt werden. Auf diese Weise kann man die Tiere auch bei Nacht | |
aufnehmen. | |
Warum kommen die Wölfe in ein Gebiet so nah an der Stadt? | |
Der Standort liegt zwar bei Berlin, aber das Umfeld ist sehr naturnah. Auch | |
BerlinerInnen nutzen diese Region ja gern zur Naherholung. Um Sperenberg | |
gibt es viele ausgedehnte Wälder, in denen sich die Wölfe pudelwohl fühlen. | |
Sind auch andere Orte im Berliner Umfeld attraktiv für Wölfe? | |
Im Prinzip ist ganz Brandenburg attraktiv für Wölfe. Manche Regionen sind | |
stark besiedelt, für die gilt das weniger. Aber da, wo der Wolf Ruhe und | |
Beute findet – was in Brandenburg nahezu flächendeckend der Fall ist –, | |
findet er gute Lebensbedingungen vor, zum Beispiel in Brück oder Lehnin. | |
Dort wurde auch bereits ein Rudel bestätigt. Seit ein paar Jahren hält sich | |
außerdem an der Grenze zu Sachsen-Anhalt ein Rudel auf, im | |
Naturschutzgebiet Fläming. | |
Müssen Spaziergänger am Müggelsee oder im Tegeler Forst nun auch mit Wölfen | |
rechnen? | |
Der Wolf geht nicht in die Stadt. Aber er lebt, wie andere Wildtiere auch, | |
in der Kulturlandschaft und nicht nur völlig zurückgezogen in der Wildnis. | |
Wölfe benutzen verschiedene Räume in ihrem Territorium: den Wald oder den | |
Bereich zwischen Wald und Wiese. Sie überqueren auch mal Felder, um von | |
einem Revier zum anderen zu gelangen. Insofern können sie sich auch | |
schonmal in der Nähe von Berlin aufhalten. | |
Von wie vielen Tieren gehen Sie im Bereich Sperenberg aus? | |
Das ist im Moment noch schwer zu sagen. Wegen der Sterblichkeit in den | |
Wintermonaten kann man die genaue Zahl der Tiere am besten im Frühjahr | |
bestimmen. Bisher können wir nur bestätigen, dass es sich dort um ein Rudel | |
handelt. Ein Rudel ist im Prinzip eine Familie. Da gibt es neben den | |
Elterntieren in der Regel die aktuellen Welpen und die Welpen des | |
Vorjahres. Wir gehen von mindestens zwei Welpen aus, es können auch mehr | |
sein. | |
Wenn ein Mensch einen Wolf sieht, wie sollte er sich verhalten? | |
Wenn man Wölfe auf dem Feld oder am Waldrand sieht, ist das überhaupt kein | |
Zeichen, dass das Tier „sonderbar“ ist. So heißt es ja häufiger in den | |
Medien. Das ist aber weder ungewöhnlich, noch bedeutet es etwas Schlimmes | |
für den Menschen. Man muss sich keine Sorgen machen – im Gegenteil. Man hat | |
die Chance, einen seltenen Anblick zu genießen, den nur wenige Leute | |
bekommen. | |
Es geht also keine Gefahr von Wölfen aus? | |
Sogar wenn Sie ein ganzes Rudel sehen würden, was sehr selten passiert, | |
besteht keine Gefahr. | |
An wen sollte sich jemand wenden, der tatsächlich mal einen Wolf zu Gesicht | |
bekommt? | |
In Brandenburg ist die landeseigene Naturschutzstation Zippelsförde bei | |
Neuruppin die erste Anlaufstelle. Dort werden Hinweise aufgenommen, auf | |
ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft und ausgewertet. | |
19 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Jörg Kösters | |
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