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# taz.de -- Frauen-Eishockey: Paragrafenreiter am Puck
> Die Elite im Fraueneishockey in Deutschland schrumpft. Die Borniertheit,
> mit der Funktionäre den Frauen auf dem Eis begegnen, ist daran
> mitschuldig.
Bild: Verfechterin des Doppelstartrechts: Nationalspielerin Susann Götz.
Der Plan war nicht schlecht. Zum Wohle des deutschen Fraueneishockeys
sollte sich etwas verändern. Doch dann das! Vor einigen Wochen waren
plötzlich 15 Bundesligaspielerinnen gesperrt. Darunter Susann Götz, die
Spielführerin des deutschen Eishockey-Nationalteams, sowie vier weitere
Nationalspielerinnen.
Bei der avisierten Neuregelung des Doppelspielrechts war auf dem Bundestag
des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) im Juni auf wundersame Weise das Wort
„Seniorinnen“ aus dem Antrag der Bundesligavereine verschwunden. So durften
die „älteren“ Spielerinnen (Jahrgang 1991 abwärts), die zugleich auch in
Männerteams eingesetzt werden, kurzzeitig nicht mehr wie bisher in der
Frauen-Bundesliga mittun.
Aus einer rechtschaffenen Initiative der Bundesligavereine war ein
blamables Rechtsproblem entstanden. Eine Posse, die etwas über die
unzulängliche Organisiertheit von Randsportgruppen erzählt, viel mehr aber
noch über die Borniertheit, mit der Funktionäre des DEB und der
Landesverbände den Frauen auf dem Eis begegnen.
Dass man sich einstweilen vor gut zehn Tagen in Füssen auf eine Lösung bis
zum Saisonende einigen konnte und den Ausgeschlossenen zwischenzeitlich
wieder die Doppellizenz zugestand, macht die Peinlichkeit nicht vergessen.
„Alles andere wäre doch auch hanebüchen gewesen“, sagt Peter Kathan, der
Bundestrainer der Frauen. „Im Februar steht bei uns die Qualifikation für
die Olympischen Spiele in Sotschi an.“
## Kein beneidenswerter Job
Kathan ist um seinen Job nicht zu beneiden. Seit Jahren schon muss er um
den Bestand der Liga fürchten. Die Frauen-Eliteklasse schrumpft. Von einst
elf Vereinen sind noch sieben Klubs geblieben. Und diese behelfen sich
teilweise mit dem Einsatz von 14-Jährigen, um auf die nötige Kaderstärke zu
kommen. Um dem Abschwung entgegenzuwirken, hatten die Erstligavereine vor
zwei Jahren auf einer Arbeitstagung beschlossen, die Ausweitung der
Doppellizenz voranzutreiben.
Den Eishockeyspielerinnen sollte es nicht nur wie bislang erlaubt sein,
sowohl bei Männerteams als auch in der Frauen-Bundesliga dem Puck
nachzujagen, sofern der Männerstammklub über keine Frauenabteilung verfügt.
Eishockeyspielerinnen sollten sich auch in der Frauen-Bundesliga
ausprobieren können, ohne ihren Fraueneishockey-Stammverein zu verlieren.
„Viele Frauen verstecken sich in den unteren Ligen, weil sie nicht wissen,
ob sie in der Bundesliga Fuß fassen können“, erklärt Torsten Szyska,
Frauenwart beim OSC Berlin.
Das Vorhaben stieß aber bei den beiden mächtigsten Landesverbänden Bayern
und Nordrhein-Westfalen auf wenig Gegenliebe. Dasselbe Recht könnten die
Männer doch auch für sich einfordern, hieß es. Das sei das ihm bislang
einzig bekannte Gegenargument, sagt Szyska.
## „Seniorinnen“ verschwunden
Nichtsdestotrotz wollten die Frauen-Erstligisten auf der Versammlung des
Deutschen Eishockey-Bundes in Hamburg ihren Antrag legitimieren lassen. Der
Antragstext wurde allerdings im Satzungsausschuss, der die Anträge erst zur
Abstimmung bringt, verändert. Das Wort „Seniorinnen“ verschwand aus dem
Papier. Pikanterweise sitzen in diesem Gremium mit den Präsidenten des
Landesverbands Bayern und Nordrhein-Westfalens, Dieter Hillebrand und
Wolfgang Sorge, zwei Gegner der geplanten Veränderung. Komplettiert wird
die Runde unter anderem von DEB-Präsident Uwe Harnos.
Gegen den Vorwurf der Manipulation verwahren sich die Landesvorsitzenden.
Dieter Hillebrand verweist darauf, dass man bei dem jüngsten Treffen in
Füssen erst einmal erklären musste, wie man ordentliche Anträge zur
Mitgliederversammlung stellen muss. Er sagt: „Keiner der Frauenvereine war
leider bei der Mitgliederversammlung vertreten, sonst hätten diese in der
Mitgliederversammlung ihre Ansichten und Wünsche vortragen können.“ Im
Grunde wirft er den amateurhaft organisierten Frauen-Bundesligisten also
Amateurhaftigkeit vor. Er argumentiert nicht inhaltlich, sondern
formaljuristisch.
Coach Kathan spricht von „Paragraphenreitern und Landesfürsten“, die dem
Fraueneishockey schaden würden. Szyska räsoniert: „Wenn sie sich schon
nicht für uns interessieren, dann sollen sie uns doch wenigstens in Ruhe
lassen.“ Bei den Schlichtungsgesprächen, erzählt er, habe sich
herausgestellt, dass DEB-Präsident Harnos noch nicht einmal wusste, wie der
aktuelle Frauenmeister seines Verbands heißt. Es ist der ESC Planegg.
21 Nov 2012
## AUTOREN
Johannes Kopp
Johannes Kopp
## TAGS
Eishockey
Frauen
Schwerpunkt Sport trotz Corona
Eishockey
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