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# taz.de -- Robin Hood im Theater: Rächer der Revolutionsromantik
> Wenn John von Düffel zur großen Umverteilung aufruft, ist Weihnachten
> nicht mehr weit: Sein "Robin Hood" am Bremer Theater ist traumhaft
> moralisch.
Bild: Kompromisslos und eindeutig: John von Düffels "Robin Hood".
„Robin, wo bist du?!“, flüstert eine eindringliche Stimme durch einen
Schlitz im Bühnenvorhang. So endet der „Robin Hood“, den John von Düffel
jetzt für das [1][Bremer Theater] geschrieben hat: Als Aufruf zur
Nachfolge, zum Aufstand, zur Einmischung in die Ungerechtigkeit.
Kompromisslos. Eindeutig. Eine moralische Klarheit, wie man sie früher vom
Grips-Theater kannte – und heute als unverändert aktuell neu entdeckt.
Dazwischen lagen Jahre überwiegender Ästhetik-Lust.
Das Bremer Theater fordert sein junges Publikum nun auf, im eigenen Umfeld
nach Robins zu forschen. Der Dramaturgie Mails zu schicken über mutige
Menschen und dabei nicht zu vergessen, „dass auch Helden Fehler machen
können“. Allerdings: Den Reichen nehmen, den Armen geben? Große Theater wie
das Bremer hätten reichlich Gelegenheit, die Umverteilung im eigenen Haus
zu erproben: Zu Gunsten ihrer Kinder und Jugendsparten, die im Vergleich zu
denen der Erwachsenen eklatant benachteiligt werden. Das gilt sogar dann,
wenn Kinderstücke ein echter Kassenschlager sind: In Gestalt sogenannter
Weihnachtsmärchen, die von November bis weit in den Februar hinein landauf
landab die Häuser durch doppelte Vormittags-Aufführungen füllen. In die
Kategorie dieser Sonderproduktionen gehört von Düffels „Robin“.
Dessen Bogen besteht aus Karton, das Bühnenbild ist ähnlich sparsam. Es
muss ja Platz bleiben für die umfangreichen Aufbauten des abendlichen
Erwachsenen-Programms. Keine Frage: Reduktion macht kreativ, die Andeutung
ist ein mächtiger Flügel der Fantasie. Und doch wäre es schöner, wenn diese
Wahl der Mittel freiwillig erfolgte. In den Pierwoss-Zeiten verzauberte
Irmgard Paulis ihr Weihnachts-Publikum mit reich ausgestatteten Stücken wie
„Kaltes Herz“. Nun aber gibt es Epik, Schattenspiel und Pappe, statt
opulentem Illusionstheater. Was man erzählt, muss man nicht zeigen.
Symbolisiertes bedarf keiner Fertigung. Der Sherwood Forrest? Kann auch als
Dreibaum-Anlage unheimlich sein.
Nicht immer wird aus der ökonomischen Not eine ästhetische Tugend, doch bei
Frank Abts „Robin“-Inszenierung hat das Publikum Glück. Die Schauspieler,
in der Regel mit mehreren Rollen versorgt, bringen Tempo, Witz und große
Gefühle auf die Bühne – ob sie nun den fiesen Kapitalisten-Sheriff foppen
oder sich als frierende Räuber mit ihrem eigenen inneren Schweinehund
auseinandersetzen – respektive ihrem dauerintegren Anführer. „Ich bin zu
gut für diese Welt? Dann muss sie besser werden!“, ruft Robin seinen
maulenden Leuten zu. Recht hat er.
Bremens kluger neuer Theaterchef Michael Börgerding, der seine Intendanz
immerhin mit einer Kinderoper eröffnete, kann in Sachen faktischer
Umverteilung zu Gunsten des Nachwuchses ebenfalls noch „besser“ werden.
Allerdings steht er nach dem Finanzdesaster seines Vorgängers unter
erheblichem Kürzungszwang. Der organisierte gern Porsche-Korsos für
Premierengäste – ein revolutionärer Robin als Reichenschreck wäre ihm nie
ins Haus gekommen.
26 Nov 2012
## LINKS
[1] http://www.theaterbremen.de
## AUTOREN
Henning Bleyl
Henning Bleyl
## TAGS
Indien
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