# taz.de -- Fahrpläne werden transparenter: Busse und Bahnen fahren jetzt app | |
> Der Verkehrsverbund veröffentlicht erstmals seine Datenbank mit allen | |
> Bus- und Bahnverbindungen. Jetzt beginnen Programmierer damit, neue Apps | |
> und Webseiten zu entwickeln | |
Bild: Ein Fahrplan muss nicht statisch sein. | |
Bevor Hans-Werner Franz mit seiner Begrüßungsrede beginnt, zieht er die | |
rote Krawatte aus und öffnet den obersten Hemdknopf. „Ich glaube, ich bin | |
hier falsch gekleidet“, sagt der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes | |
Berlin-Brandenburg. „Ich war vorhin bei der Industrie- und Handelskammer, | |
da saß niemand so wie Sie da.“ Jetzt steht Franz vor 150 Programmierern und | |
Webdesignern. Die meisten sind um die 30 Jahre alt, haben T-Shirts und | |
Pullover an. Sie sind gekommen, weil der Verkehrsverbund erstmals seine | |
Datenbank mit allen Fahrplänen von Bussen, Bahnen, Fähren und Regionalzügen | |
veröffentlicht. Jetzt beginnen sie damit, Ideen auszutauschen und den | |
Datensatz zu erforschen. 1.040 Linien, 13.125 Haltestellen, vier Millionen | |
Ankunfts- und Abfahrtszeiten. | |
Christian Maertins bastelt an einer Karte, auf der der Standort der | |
nächsten Leihfahrräder, der nächsten Carsharing-Autos und der nächsten | |
gerade in die richtige Richtung fahrenden Busse und Bahnen angezeigt wird. | |
Eine ganz andere Idee hat Julian Stahnke: Er findet es schade, dass man in | |
der U-Bahn nichts von der Stadt sieht. Stahnke hatte daher die Idee zu | |
einer App, auf der man die Straßenaufnahmen von Google Street View sieht, | |
während man durch die Röhre fährt. Problem bisher noch: Unter der Erde | |
funktioniert die Standorterkennung über Satellitensignale nicht so gut. Und | |
die Internetverbindung, über die die Bilder aufs Handy kommen müssten, ist | |
dort ebenfalls ziemlich langsam. | |
Auch Martin Adam hat ein ehrgeiziges Vorhaben: eine animierte | |
Live-Fahrplanübersicht. Wer im Bus also mit dem Handy den Fahrplan filmt, | |
soll auf dem Bildschirm sehen können, wann an den nächsten Haltestellen | |
welche Linie abfährt. „Am Sonntag“ heißt das Projekt von Claudia | |
Müller-Birn: Es geht um Ausflugstipps nach Brandenburg für langweilige | |
Wochenenden. Sie hätte gern eine Karte, die zu jeder S-Bahn-Haltestelle | |
zeigt, welche Attraktionen in der Nähe sind. Dazu müsste man Informationen | |
von Wikipedia, von Foto-Plattformen und von privaten Webseiten verknüpfen. | |
## Alles auf einem Blick | |
Auch Verkehrsverbund-Geschäftsführer Franz hat eine Idee: „Am Wochenende | |
war ich mit Freunden im neuen James Bond. Da wäre es toll gewesen, wenn man | |
mit der gleichen App die Kinokarte buchen und auch noch die passende | |
Verbindung raussuchen könnte.“ | |
Der Verkehrsverbund hat die Daten unter einer freien Lizenz veröffentlicht | |
– jeder kann sie nun für alle Zwecke nutzen. Auch kommerziell. „Das ist die | |
günstigste Wirtschaftsförderung, die es gibt“, sagt Wolfgang Both, der bei | |
der Wirtschaftsverwaltung für die Open-Data-Strategie zuständig ist. Weil | |
die Daten ohnehin schon vorliegen, weil die Veröffentlichung nichts kostet | |
und weil so aber ein Rohstoff entsteht, den andere veredeln können. Und | |
wenn Firmen dann aus den Daten kostenpflichtige Apps machen, „schafft das | |
Arbeitsplätze, entlastet die Sozialkassen und der Staat erhält mit jedem | |
Verkauf 19 Prozent Mehrwertsteuer“, sagt Both. SEBASTIAN HEISER | |
30 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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