# taz.de -- Bremen baut neuen Offshore-Hafen: Seid investiert, Millionen! | |
> Das klamme Bremen spendiert der Privatwirtschaft einen neuen | |
> Offshore-Hafen. Die will ihn nicht selbst bezahlen, das Risiko ist ihr zu | |
> groß. Naturschützer protestieren heftig, die Opposition dagegen nicht. | |
Bild: Dafür soll das neue Terminal her: Bauteil für ein Offshore-Windrad in B… | |
Bremen baut einen eigenen, neuen Hafen für Windparks auf See. Das beschloss | |
die rot-grüne Landesregierung am Dienstag. 180 Millionen Euro will sie | |
dafür in den kommenden fünf Jahren in Bremerhaven investieren. | |
Naturschützer sehen das als „Skandal“, doch die politischen Parteien in dem | |
klammen Bundesland sind sich weitgehend einig. Die Wirtschaftslobby | |
applaudiert dazu, und nicht einmal die CDU-Opposition oder die FDP sind so | |
richtig dagegen. | |
Dabei haben SPD und Grüne noch vor zwei Jahren versprochen, das | |
Offshore-Terminal in Bremerhaven (OTB) ganz und gar von privaten Investoren | |
bezahlen zu lassen. Doch denen war das Risiko am Ende zu groß: Die weitere | |
Entwicklung der Branche sei „kaum zu prognostizieren“, monierten sie, | |
„entscheidende Fragen“ zum Ausbau der Offshore-Windenergie seien weder | |
politisch noch ökonomisch hinreichend geklärt. Bremens Bürgermeister Jens | |
Böhrnsen (SPD) sagte, er könne den Unternehmen ihre fehlende | |
Investitionsbereitschaft momentan „gar nicht verdenken“. Schuld sei die | |
schwarz-gelbe Bundesregierung, sagt er. | |
Auf den neuen Hafen zu verzichten – das kam für Rot-Grün nicht in Frage: | |
„Wir müssen das machen“, sagt Böhrnsen mit fester Stimme und spricht von | |
„großen Potenzialen“, von einer „verlässlichen Perspektive“, der | |
„wachstumsstärksten Branche“ im Land. Und Martin Günthner, der Wirtschaft… | |
und Häfensenator der SPD, der selbst aus Bremerhaven kommt, bemüht gar die | |
Bilder aus den Zeiten der Vulkan-Pleite, des Werftensterbens damals in den | |
Achtzigern und Neunzigern. In Bremerhaven hatten sie seinerzeit schwarz | |
geflaggt, und in der Folge stieg die Arbeitslosigkeit dort auf bis zu 26 | |
Prozent. | |
In den letzten Jahren sind in der Offshore-Industrie und ihrem Umfeld in | |
Bremerhaven rund 3.000 Jobs entstanden, sagt der Senat. Ein von ihm in | |
Auftrag gegebenes Gutachten der Prognos AG verspricht Bremerhaven bis 2040 | |
mindestens 7.000 neue Arbeitsplätze, im günstigsten Fall sogar über 14.000, | |
dazu der Stadt fast 5.000 neue EinwohnerInnen. Denn um den neuen Hafen | |
herum sollen 250 Hektar Industriefläche an seeschifftiefem Wasser | |
entstehen. Ohne den OTB, sagt Günthner, gäbe es dort keine Neuansiedlungen | |
mehr. Und hunderte von Jobs weniger, sagt Prognos. | |
Die Konkurrenz zu anderen norddeutschen Offshore-Standorten ficht Bremens | |
Regierung nicht an. Günthner spricht gar von einem | |
„Alleinstellungsmerkmal“, weil in Bremerhaven Forschung, Entwicklung, | |
Produktion und Logistik von Windenergie-Anlagen angesiedelt sind. Es gebe | |
„kein Gegeneinander“ mit niedersächsischen Häfen, sagt Böhrnsen, die Pl�… | |
ergänzten sich vielmehr gegenseitig: „Das Potenzial ist groß genug.“ In | |
jedem Jahr 600 neue Windräder auf See – dieses Ziel habe die | |
Bundesregierung einst selbst ausgegeben, sagt Günthner, noch vor der | |
Katastrophe von Fukushima. Am OTB sollen ab 2016 rund 160 Anlagen im Jahr | |
montiert und verschifft werden, jede rund 150 Meter hoch. | |
Die Naturschützer Nabu und BUND sind gegen das Projekt und seine | |
öffentliche Finanzierung – sie fordern, die Windenergie-Branche in die | |
Containerhäfen zu integrieren. Mit dem Bau des neuen Hafens im Blexer Bogen | |
gingen wertvolle Wattflächen in einem Vogelrastgebiet internationaler | |
Bedeutung verloren, der Lebensraum tausender Säbelschnäbler sei bedroht. | |
Außerdem habe der Bremer Senat „oft genug bewiesen, dass er nicht besser | |
rechnen kann als die Privatwirtschaft“, sagt der Nabu-Vorsitzende Bruno von | |
Bülow. Während die Sozialdemokraten „alles mit Häfen irgendwie gut fänden… | |
setze das Nachdenken bei den Grünen sofort aus, wenn es um Windkraft gehe, | |
so der Nabu. Und der BUND-Vorsitzende Klaus Prietzel sagt: Es werde „immer | |
deutlicher“, dass die ehrgeizigen Ausbauziele für Offshore-Windnutzung in | |
der Nordsee „auf die Schnelle nicht realistisch sind“. Schon ist beim BUND | |
von einem möglichen „Millionengrab“ die Rede. | |
Die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert hingegen sagte, bei der | |
Finanzierung gehe alles „ganz korrekt“ zu, ganz ohne Kredite und ohne neue | |
Schattenhaushalte. Trotzdem sei auch noch Geld für Kitas, Schulen und | |
sozialen Wohnungsbau da. Und für einen Hafentunnel in Bremerhaven. Auch den | |
segnete der rot-grüne Senat gestern ab. Der Bau kostet gut 200 Millionen. | |
Den größten Teil zahlt mit 120 Millionen Euro da aber der Bund, 15 | |
Millionen Euro kommen aus der Hafenwirtschaft. | |
4 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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Bremen | |
Elbvertiefung | |
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