# taz.de -- Chefredakteure von „Pardon“ über Humor: Satire muss ein bissch… | |
> Ein altes Satiremagazin kommt neu auf den Markt. Die Chefredakteure | |
> Böhling und Häuser über Humor und Mut im schwächelnden Printbereich. | |
Bild: „Wer lacht nicht gern?“ – Peter Böhling (l.) und Daniel Häuser. | |
taz: Wieso gibt es in Deutschland kaum Satirezeitschriften? | |
Daniel Häuser: Die Verlage sind fast ausnahmslos so gestrickt, dass sie | |
neue Titel um Anzeigen herum strukturieren, und da passt so ein Heft wie | |
Pardon nicht ins Denkmuster rein. | |
Peter Böhling: Satire muss, wenn sie gut ist, dem einen oder anderen | |
wehtun. Und Humor, wenn er gut ist, geht unter die Oberfläche. Das gefällt | |
nicht jedem, zumindest auf Macherseite. Humor gilt oft als Schenkelklopfer, | |
als platt – aber das stimmt alles nicht. Was ist Lachen letztlich? Ein | |
Umgehen mit einer Situation, die ich nicht einordnen kann, die ich noch | |
nicht kenne. | |
Gibt es in Deutschland überhaupt genug Leute mit Humor, um die Zeitschrift | |
zu verkaufen? | |
Peter Böhling: Wer lacht nicht gern? Gerade in einer Zeit, die für alle | |
nicht einfach ist. Man sucht nach Dingen, über die man auch lachen kann und | |
nicht die ganze Zeit nur weinen oder kotzen. Wenn du dir die Nachrichten | |
anschaust, sind die überwiegenden Gefühle: Ärger, Angst, Wut. Die Deutschen | |
wollen lachen! Und jeder andere Bereich ist mit mindestens 50 Titeln | |
besetzt, egal ob Hundefrisuren oder totes Fleisch. Wenn es um Lachen und | |
Humor geht, soll es nur ein oder zwei Magazine geben dürfen? Nein. | |
Daniel Häuser: Der Markt für Humor ist nicht grenzenlos, aber er ist schon | |
groß. Vor allem, wenn man sieht, wie viele Comedy-Sendungen im TV Erfolg | |
haben. Die Frage ist: Wie kann man diesen Erfolg, den Humor im TV hat, auf | |
Print übertragen? | |
Wieso kaufen dann so wenige Leute den bisherigen Humor-Monopolisten | |
Titanic? | |
Daniel Häuser: Die Frage nach der Konkurrenz haben wir schon oft gehört. | |
Wir legen aber ein komplett anderes Produkt vor. Unsere Idee ist, ein Heft | |
zu machen, das man mit einem Schmunzeln öffentlich am Kaffeetisch lesen | |
kann. Das heißt nicht, dass wir nicht kritisch sind oder ungefährlich, | |
sondern einfach eine ganz andere Art haben, dieses Heft zu gestalten. Im | |
Idealfall hilft der Fokus auf das Segment allen, nicht nur uns. | |
Peter Böhling: Bei uns auf dem Heft steht „Feinsinn. Unsinn. Hintersinn“, | |
und das zeigt, dass wir mit einer spitzen Feder die Dinge angehen. Wir | |
glauben, dass das viel mehr Spaß macht und oft auch effektiver ist, als mit | |
dem Holzhammer überall draufzuhauen und danach ist alles Matsche. Die | |
Qualität von etwas Satirischem liegt nicht darin, wie viele Anwälte | |
losgehetzt werden. Provokation ist einfach. Das ist in einer Minute gemacht | |
und dann hast du zehn Anwälte beschäftigt und einen riesigen Rummel. Aber | |
ist das wirklich etwas, das Qualität auszeichnet? | |
Ist es nicht gewagt, mitten in der Krise ein neues Magazin herauszubringen? | |
Daniel Häuser: Man muss sich eben noch stärker vergegenwärtigen, was die | |
Stärken eines gedruckten Magazins sind, die Online nicht hat. Was können | |
wir bieten, was auf einem Display nicht dieselbe Wirkung hat und auch in | |
Zukunft nicht haben wird? | |
Peter Böhling: Es ist uns wichtig zu zeigen: Man kann in einer Situation, | |
in der alle sagen „Print hat keine Chance“, Menschen so begeistern, wie es | |
online eben nicht geht. Die Branche krankt doch vor allem daran, dass es | |
viel zu wenige gibt, die sich trauen, den Kopf ein wenig herauszustrecken, | |
eine Meinung zu haben. Die haben Angst, sie kriegen eins drauf und werden | |
wieder in die stets gleich bleibende Niveaumasse hineingeprügelt. Es gibt | |
zu viele, die zu viel mit sich machen lassen. Aber man braucht eine | |
journalistische Vision. Wenn etwas keinen Spaß macht beim Machen, macht es | |
auch keinen Spaß beim Lesen. | |
Also brauchen Verlage und Journalisten mehr Mut? | |
Peter Böhling: Es ist nicht nur der Mut. Mut ist zwar wichtig, um eine Idee | |
zu transportieren, aber es geht nicht immer nur um das Widersprechen an | |
sich. Man muss auch wissen, wann man ein Stück mit dem Strom schwimmt, um | |
dann an entscheidender Stelle auszusteigen und zu sagen: „Moment, da mach | |
ich nicht mit!“. | |
Daniel Häuser: Mut muss auch gepaart sein mit Ideen, mit Handwerk, mit | |
Können. Gerade in Deutschland wird noch nicht begriffen, dass Humor etwas | |
ganz Tolles fertigbringen kann. Wie heißt nochmal dieses Zitat von Wilhelm | |
Busch? … „Was man ernst meint, sagt man am besten im Spaß.“ | |
Peter Böhling: Genau! Das ist wie der Narr am Hofe. Er hatte die | |
spannendste Aufgabe. Durfte alles sagen, aber musste es auch so verpacken, | |
dass der König lacht. Wenn er das tat, hat er seinen Kopf behalten. | |
Funktioniert Mut nur gepaart mit Humor? | |
Peter Böhling: Nein! Mut ist ja nicht per se mit Humor gleichzusetzen. Du | |
kannst auch Mut haben und einen extrem harten Finanztitel auf den Markt | |
bringen. | |
6 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Antonia Schäfer | |
## TAGS | |
Satiremagazin | |
Humor | |
Vatikan | |
lesbisch | |
Silke Burmester | |
Grüne | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Satiremagazin „Eulenspiegel“: Papst Bushido besucht Schulhof | |
Das Satiremagazin „Eulenspiegel“ darf eine Parodie über den Vatikan nicht | |
mehr veröffentlichen. Im Verlag versteht keiner, was das soll. | |
Schauspielerin Maren Kroymann: „Schön, wenn sich Leute aufregen“ | |
Die lesbische Schauspielerin und Kabarettistin Maren Kroymann über | |
Toleranz, Anfeindungen und satirischen Aktivismus. | |
Kolumne Die Kriegsreporterin: Tod. Tod. Tod | |
Die „Financial Times Deutschland“ ist großartig, Julia Jäkel hat Humor und | |
Hitler ist krank. Der Tod ist überall, auch in der ARD. | |
Kolumne Die eine Frage: Claudia Roths Kindsvater | |
Urwaldshow oder Urwahlshow? Ein Anruf beim Grünenpolitiker Werner Winkler, | |
der sich in einer Reihe sieht mit Obama und Özdemir. |