# taz.de -- Fußballclub RB Leipzig: Dauergast im Gegnerland | |
> Der RB Leipzig steht in der Kritik, weil er der Konkurrenz schon | |
> 13-jährige Fußballer abwirbt. Beim angeklagten Klub reagiert man | |
> verschnupft. | |
Bild: Der RB Leipzig wird vom Ehrgeiz und den üppigen Zuwendungen eines öster… | |
BERLIN taz | Es scheinen wahre Goldgruben zu sein: die Talentschmieden der | |
deutschen Profivereine. Das deutsche Nationalteam profitiert bereits seit | |
geraumer Zeit von den nach der EM-Pleite 2000 verpflichtend eingeführten | |
Leistungszentren im Nachwuchsbereich. Und die geschäftigen Vereine schürfen | |
immer tiefer nach den Besten der Besten. Gerne auch bei den direkten | |
Konkurrenten. | |
Gegen den RB Leipzig, der vom Ehrgeiz und den üppigen Zuwendungen eines | |
österreichischen Brauseherstellers angetrieben wird, wurden jüngst in der | |
Regionalpresse schwere Vorwürfe erhoben. Der Klub wildere in den | |
umliegenden Nachwuchszentren anderer Vereine schon bei den 14- und | |
15-Jährigen Talenten. | |
Dies beklagte Hans-Jürgen Backhaus, der Nachwuchsleiter vom FC Carl Zeiss | |
Jena, in der Thüringer Allgemeinen. Im Sommer, berichtete er, sei der | |
damals 13-jährige Jahrgangsbeste zu RB gewechselt, und weitere | |
vielversprechende Jugendliche würden derzeit mit materiellen Anreizen von | |
den Leipzigern umgarnt. | |
Beim angeklagten Klub reagiert man verschnupft auf diese Vorwürfe. Wenn | |
Werder Bremen ein Talent aus Thüringen holen würde, rege sich doch auch | |
keiner auf, erklärt RB-Pressesprecher Sharif Shoukry. Und es sei doch | |
auffällig, dass diese Vorwürfe aus Jena direkt vor dem direkten | |
Aufeinandertreffen mit RB Leipzig geäußert wurden. Derlei Beschwerden habe | |
er ansonsten noch nie gehört. | |
Die Verstimmung beim Regionalligisten Jena ist aber beileibe kein | |
Ausnahmefall, wie Shoukry glauben machen möchte. Hans-Jürgen Backhaus | |
erklärt der taz, dass auch die Kollegen in Chemnitz, Magdeburg, Aue, Halle | |
und Dresden unglücklich über das Verhalten der Leipziger Talentejäger sind. | |
Man stehe im Nachwuchsbereich im engen Austausch miteinander. | |
## Nicht die feine englische Art | |
Marcus Jahn, Nachwuchsleiter des Zweitligisten Dynamo Dresden, bestätigt, | |
grundsätzlich sei die Vorgehensweise des RB Leipzig „nicht die feine | |
englische Art“. Ein U15-Torhüter sei just in dem Zeitraum abgeworben | |
worden, als die Nachwuchsleiterstelle in Dresden vakant gewesen sei. Vieles | |
passiere „hintenherum“ und man frage sich des Öfteren, woher sie denn all | |
ihre Informationen über die Vertragssituation der Jugendlichen hätten. | |
Bei den Jungen, die noch nicht 16 Jahre alt sind, haben die abwerbewilligen | |
Vereine sowieso leichtes Spiel. Vertraglich können jene nämlich noch nicht | |
von ihren Klubs gebunden werden. Weil Anfang des Jahres die Kindertransfers | |
von Hoffenheim 1899 und dem VfL Wolfsburg, die jeweils einen 13-Jährigen | |
aus Berlin bzw. Hamburg zu sich holten, für viel öffentliche Aufregung | |
sorgten, haben die Deutsche Fußball-Liga und der Deutsche Fußball-Bund aber | |
strengere Regeln für die bundesweit 49 Leistungszentren eingeführt, die ab | |
dem 1. Januar 2013 gelten. | |
Auch für die ganz jungen Talente müssen Aufwandsentschädigungen an die | |
abgebenden Klubs gezahlt werden und entsprechende Bedingungen – wie die | |
Kooperation mit einer Eliteschule des Sports – erfüllt werden. | |
## Anruf beim B-Jugendlichen | |
Möglicherweise will man bei RB Leipzig, dessen Leistungszentrum im Oktober | |
erstmals zertifiziert wurde, die laxere Regelung zuvor noch ausnutzen. „Das | |
kann man zumindest nicht ausschließen“, sagt Backhaus. Und auch Jahn | |
formuliert vorsichtig: „Der Gedanke kann einem schon kommen.“ | |
Lauthals stänkern möchte keiner gern gegen RB. Hagen Schmidt, | |
Nachwuchsleiter beim Drittligisten Hallescher FC, erklärt: „Die können auch | |
nur eine begrenzte Zahl von Spielern aufnehmen, unzufriedene Spieler von | |
denen kommen auch zu uns.“ Man steht in einem Geschäftsverhältnis. „Die | |
sind oft bei uns auf dem Gelände“, stellt er fest. Einen B-Jugendlichen, | |
habe er erfahren, hätten sie gerade angerufen, weil sie ihn unbedingt zur | |
Winterpause haben wollen. | |
Auch Schmidt wünscht sich, dass RB künftig mit offenen Karten spielt. „Es | |
wäre an denen gewesen, auf uns alteingesessenen Vereine zuzugehen und ein | |
gutes Verhältnis aufzubauen, so wie wir es untereinander bereits haben.“ | |
Man könne auch Konzeptionen verfolgen, von denen alle Seiten profitieren. | |
Prinzipiell sei es ihm ja auch lieber, wenn ein Talent aus der Region nicht | |
nach Bremen, sondern nach Leipzig wechseln würde. | |
Dass man bei RB Leipzig die Bemühungen im Nachwuchsbereich weiter forcieren | |
wird, wurde zuletzt deutlich. RB-Sportdirektor Ralf Rangnick nutzte seine | |
alten Seilschaften und verpflichtete Thomas Albeck und Frieder Schrof, die | |
Nachwuchsleiter des VfB Stuttgart. Aus der von Albeck und Schrof geprägten | |
Kaderschmiede, hob Rangnick hervor, würden sich heute über 100 Spieler in | |
der ersten und zweiten Bundesliga „tummeln“. | |
8 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
Johannes Kopp | |
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