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# taz.de -- Staatsoper: 25.857 Bräute vor dem Verkauf
> Für die Sanierung der Staatsoper muss Berlin wohl 46 Millionen Euro
> zusätzlich zahlen. Auch der Zeitplan wackelt.
Bild: Aufgerissen: Die Staatsoper hat den Boden verloren
In „Die verkaufte Braut“, einer Oper von Bedřich Smetana, bringt die junge
Marie exakt 300 Gulden ein – was laut Wikipedia heute etwa 1.779 Euro
entspricht. Um mit einem solch menschenfeindlichen Akt die Mehrkosten zu
finanzieren, die jetzt bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden
entstehen, müsste Berlin 25.857 Bräute verkaufen.
Ein blöder Vergleich, doch er bietet sich an: Am Dienstag spielte die
Staatsoper Smetanas Werk im Exil im Schillertheater. Ebenfalls am Dienstag
räumte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher ein, dass die Sanierung der
Staatsoper 46 Millionen Euro teuer wird als geplant.
Eigentlich wollte die Bauverwaltung die schlechte Nachricht am Mittwoch
bekannt geben. Die Mitglieder des Hauptausschusses sollten sie als Erste
erfahren. Doch dann war die Vorlage für den Ausschuss ([1][Download als
PDF]) durchgesickert – und die Senatsbaudirektorin musste Krisenmanagement
betreiben. Nichts verkauft sich in diesen BER-Zeiten schlechter als ein
neuerlicher Kostenanstieg in Millionenhöhe.
Bei der Staatsoper kommt hinzu, dass sich die Mehrkosten für das Land
gleich mehr als verdoppelt haben. Von den ursprünglich geplanten 242,3
Millionen Euro Sanierungskosten hätte Berlin nur 39 Millionen zahlen müssen
– 200 Millionen übernimmt der Bund, 3 Millionen sollen aus Spenden kommen.
Da der Bund angekündigt hat, keinen Cent mehr zu geben, muss Berlin nun 85
Millionen überweisen. „Die Mehrkosten trägt das Land“, bestätigte
Senatsbaudirektorin Lüscher.
Und das war nicht die einzige Hiobsbotschaft an diesem Dienstag. Auch der
Termin für die Fertigstellung der Sanierung wackelt: „Unser Ziel bleibt der
3. Oktober 2015“, sagte die Senatsbaudirektorin, fügte aber hinzu. „Der
Terminplan ist kritisch. Sehr kritisch.“ Bisher hatte der Termin bereits
zweimal verschoben werden müssen. Inzwischen sind aber die Reserven der
Staatsoper fast aufgebraucht. Denn im Schillertheater muss die Oper auf ein
Drittel der Zuschauer, die im Stammhaus „Die verkaufte Braut“ sehen
könnten, verzichten.
Als Grund für die Kostensteigerungen nannte Lüscher den schwierigen
Baugrund sowie Mehrkosten bei der Bauabdichtung und der
Mauerwerkssanierung. Vor allem der Bau des Tunnels zwischen Oper und dem
Magazingebäude, in dem eine Probebühne entstehen soll, treibt die Kosten in
die Höhe.
Die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Sabine Bangert, kritisierte die
Sanierung am Dienstag als „nicht seriös kalkuliert“. Nun müsse geprüft
werden, ob der Tunnel tatsächlich in dieser Dimension noch gerechtfertigt
sei.
Regula Lüscher, die Bauherrin, hat sich das auch gefragt. Das Ergebnis ist
ernüchternd: Da bereits 16 Millionen für das „Unterirdische Bauwerk“
verbuddelt seien, betrage die Kostenersparnis nur 600.000 Euro.
Insgesamt wird der Tunnel – nach derzeitigem Stand – 23 Millionen Euro
kosten. Ohne das Prestigeprojekt hätten also 12.928 Bräute nicht verkauft
werden müssen.
12 Dec 2012
## LINKS
[1] http://blogs.taz.de/rechercheblog/files/2012/05/staatsoper.pdf
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Staatsoper Berlin
taz.gazete
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