| # taz.de -- Netz-Zensur in Großbritannien: Porno-Filter passé | |
| > London wollte automatische Internetfilter einführen, um pornografischen | |
| > und gewalttätigen Inhalten vorzubeugen. Jetzt ist der Vorschlag vom | |
| > Tisch. | |
| Bild: Auch die Gruppe Anonymous setzt sich dafür ein, dass im Netz nichts zens… | |
| BERLIN taz | Freie Entscheidung statt Zwangskontrolle. Das scheint in | |
| diesem Fall das Motto der britischen Regierung zu sein: Vor etwa einem Jahr | |
| ist eine Initiative aufgetaucht, die automatische Netzsperren für | |
| pornografische Inhalte im Internet errichten wollte. Nun scheint die Idee | |
| wieder vom Tisch zu sein, wie die [1][BBC] berichtet. | |
| Die Netzsperren hätten ursprünglich vor allem dem Jugendschutz dienen | |
| sollen. Die Jugend sollte nicht nur vor Pornos geschützt werden, sondern | |
| auch vor Gewaltdarstellungen und rechts- bzw. linksextremistischem | |
| Gedankengut. Um den Filter zu umgehen, hätten die Nutzer ihrem Provider | |
| dann aktiv mitteilen müssen, dass sie auf entsprechende Inhalte zugreifen | |
| wollen. Big brother lässt grüßen. | |
| Die Idee stieß auf heftigen Widerstand, denn automatische Filter hätten | |
| möglicherweise auch andere Inhalte als die beabsichtigten herausgefiltert. | |
| Zum einen hätten die Internetprovider selbst bestimmen können, welches | |
| Dienstleisters sie sich bedienen – was eine einheitliche Kontrolle | |
| verhindert hätte. | |
| Zum anderen hätten damit weitere Informationen gefiltert werden können – | |
| ein beträchlicher Einschnitt in die Meinungsfreiheit. Eine [2][Studie] der | |
| OpenNet Initiative verdeutlicht, wie in einigen Ländern politische und | |
| religiöse Inhalte dank solcher Filter zensiert worden sind. | |
| Britische Provider hatten in der Vergangenheit schon automatische | |
| Netzsperren eingerichtet, um den Zugriff auf das Torrent-Verzeichnis „The | |
| Pirate Bay“ zu [3][blockieren]. Außerdem zwang ein Gericht British Telecom | |
| 2011 dazu. die Filesharing-Website „Newzbin2“ landesweit zu [4][sperren]. | |
| Weitere Seiten sollten in Zukunft folgen. Die Initiative der Regierung vom | |
| letzten Jahr bescherte dem Thema nur eine breitere Öffentlichkeit. | |
| Eine vom britischen Innenministerium in Zusammenarbeit mit dem | |
| Bildungsministerium veröffentlichte aktuelle [5][Studie] zeigt aber, dass | |
| die Nutzer kaum ein Verlangen nach automatischen Netzfiltern der Provider | |
| haben. So hätten nur 35 Prozent der Eltern entsprechende Filter | |
| befürwortet. 13 Prozent der Befragten sahen die Lösung in automatisch | |
| gestellten Fragen, die dafür sorgen sollten, dass Kinder nur bestimmte | |
| Inhalte sehen, während 15 Prozent der Befragten eine Mischung aus beiden | |
| Konzepten vorziehen würden. | |
| ## Balance zwischen Sicherheit und Meinungsfreiheit | |
| Statt der Filter sollte die Politik die Provider dazu bringen, ihre Systeme | |
| so umzurüsten, dass Eltern „aktiv dazu aufgefordert werden“ Kontrollfilter | |
| einzurichten wenn Kinder im Haus sind, fordert die BBC. | |
| Eine stark abgeschwächte Form der ursprünglichen Forderung also, | |
| voraussichlich auf Kampagnen diverser Gruppen zurückzuführen, unter anderem | |
| der [6][Open Rights Group], einer britischen Organisation, die sich für | |
| digitale Rechte einsetzt. „Es ist ein positiver Schritt, der eine gute | |
| Balance zwischen der Sicherheit der Kinder und elterlicher Verantwortung | |
| schafft, ohne die Meinungsfreiheit und zivile Freiheiten einzuschränken“, | |
| kommentiert auch Nick Pickles, Direktor der Organisation [7][Big Brother | |
| Watch], einer Lobbygruppe für Rechte im Netz. | |
| Während die einen jubeln, sind die anderen unzufrieden. So sagte | |
| Regierungsvertreterin Claire Perry, sie wäre enttäuscht, dass die Stimmen | |
| der Eltern nicht gehört wurden. Perry, eine Parlamentsabgeordnete des | |
| konservativen Lagers, leitete die Pro-Filter-Kampagne und hatte eine von | |
| über 115.000 Menschen unterschriebene Petition an Premierminister Cameron | |
| überreicht. | |
| Die klare Absage der Briten an Netzfilter zeigt vor allem eines: Die | |
| Menschen sehen sich als durchaus in der Lage, Inhalte, die für ihre Kinder | |
| gefährlich werden könnten, selbst zu filtern. Sie sind nicht bereit, diese | |
| Kontrollfunktion an die Internetprovider oder den Staat abzugeben. Es ist | |
| aber ungewiss, ob damit die Debatte beendet ist oder ob es in Zukunft | |
| weitere Sperren der Provider geben wird. | |
| 19 Dec 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-20738746 | |
| [2] http://opennet.net/west-censoring-east-the-use-western-technologies-middle-… | |
| [3] http://www.spiegel.de/netzwelt/web/netzsperren-the-pirate-bay-a-840119.html | |
| [4] http://www.guardian.co.uk/technology/2011/jul/28/high-court-bt-filesharing-… | |
| [5] http://www.claireperry.org.uk/media/inquiry-into-online-child-protection | |
| [6] http://www.openrightsgroup.org/ourwork/reports/parental-controls-and-intern… | |
| [7] http://www.bigbrotherwatch.org.uk/ | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Jikhareva | |
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