Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Stringtheoretiker über die Zukunft: Jetzt und in 100 Jahren
> Der Physiker Michio Kaku schätzt ab, wie sich die Welt in den kommenden
> Jahrzehnten entwickelt. Er liefert vor allem Einblicke in die Gegenwart.
Bild: Unter einem Jahrhundert macht es ein Stringtheoretiker nicht.
Michio Kaku, US-Amerikaner japanischer Herkunft, ist so etwas wie der Ranga
Yogeshvar des englischsprachigen Wissenschaftsjournalismus. Er forscht
nicht nur in seinem Gebiet Stringtheorie (der Versuch einer allumfassenden
Physik) an der City University in New York. Nebenbei hat er für
Wissenschaftssendungen in Radio und Fernsehen noch mehrere hundert
Top-Forscher aus den verschiedensten Gebieten getroffen, von Soziologen
über die härtesten Ecken der Naturwissenschaften hin zu mit dem Hauch von
Sterndeuterei behafteten Zukunftsforschern.
Um den Blick auf die Zukunft geht es Kaku offiziell. Aber eigentlich hat
das Buch seine Qualitäten eher in Vergangenheit und Gegenwart. Vielleicht
dank seiner Aufbereitung der Themen für das Fernsehen schafft er es in
wenigen Seiten, die Geschichte und den Stand des jeweiligen Gebiets zu
schildern. Da lernt man, wie ein Gehirn aufgebaut ist und welche Gedanken
die Elektroniker schon lesen können, welche nicht. Warum der Krebs so
unbesiegbar ist und warum wir überhaupt so erstaunlich wenige Krebszellen
haben.
Manchmal geht der Physiker mit ihm durch, da werden dann Zivilisationen
nach Typen eingeteilt, und angesichts der wahnsinnig schnell
fortschreitenden Miniaturisierung der Computer und Maschinen vergleicht er
unsere Fähigkeiten mit denen griechischer Götter. Es ist ja was dran, aber
ein bisschen Mystik war schon auch dabei, damals vor 3.000 Jahren.
Bei aller Begeisterung für die Technik bleibt er Realist. Etwa wenn er die
Verschränkung von Internet und Gesellschaft anhand des
Höhlenmenschenprinzips erklärt: Unsere sozialen Instinkte haben sich seit
der urzeitlichen Höhle nur wenig verändert. Wir wollen zum Beispiel nicht
virtuell nach Kathmandu reisen, wir wollen damit angeben, dass wir dort
waren. Deshalb hat sich das mit den virtuellen Welten als Urlaubsersatz
nicht durchgesetzt. Und wird sich auch nicht, meint Kaku. Darüber sollte
mancher Internetprophet noch mal nachdenken.
Übernommen hat sich Michio Kaku mit dem seherischen Hochprojizieren der
Gegenwart auf die kommenden 100 Jahre. Sein Schlusskapitel „Ein Tag im Jahr
2100“ ist vielleicht ganz amüsant zum Einschlafen, es bleibt aber
spekulativ-beliebig. Doch zum Teil zumindest löst er seinen selbst
erklärten Anspruch ein.
Kaku will mit dem Buch „dazu beitragen, die Debatte zu starten, die darüber
entscheiden wird, wie sich dieses Jahrhundert entwickelt“. Kleiner macht es
so ein Stringtheoretiker nicht. Aber er hat ja recht, wenn er feststellt:
Bei allen lebenserleichternden Erfindungen bleibt das kostbarste Gut in der
modernen Gesellschaft Vernunft und daraus folgende Einsicht.
Michio Kaku: „Die Physik der Zukunft“. Rowohlt Verlag, Reinbek 2012, 608
Seiten, 24,95 Euro.
31 Dec 2012
## AUTOREN
Reiner Metzger
## TAGS
Physik
Zukunft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Forscher „zaubern“ Gegenstand weg: Siegfrieds Tarnkappe
„Transparenz und Unsichtbarkeit aus allen Blickwinkeln“ verspricht der
Erfinder des „Metaschirmes“. Das geht aber nur in einem bestimmten
Wellenlängenbereich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.