# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Assad an sein Volk: Durchhalten! | |
> Baschar al-Assad lehnt einen Dialog mit den Aufständischen ab. Sie seien | |
> Teil einer ausländischen Verschwörung. Von Rücktritt sagt der Präsident | |
> kein Wort. | |
Bild: Kein Sinneswandel: Baschar al-Assad bei seiner ersten öffentlichen Rede … | |
ISTANBUL taz | Nein, Baschar al-Assad ist kein Muammar Gaddafi. Während der | |
ehemalige libysche Despot in seinen letzten öffentlichen Auftritten wie ein | |
durchgeknallter Hinterwäldler wirkte, hat Assad etwas Staatsmännisches, | |
wenn er spricht. So auch am Sonntag bei seiner ersten öffentlichen Rede | |
seit Juni vergangenen Jahres. | |
Wer allerdings geglaubt hatte, Assad habe einen Sinneswandel vollzogen und | |
sei nach 21 Monaten blutiger Kämpfe zu Zugeständnissen an die | |
Aufständischen bereit, wurde eines Besseren belehrt. In der etwa | |
einstündigen Rede im Opernhaus von Damaskus machte Assad klar, dass er den | |
Konflikt nur zu von ihm diktierten Bedingungen beenden will. | |
Er wiederholte seine altbekannte Behauptung, die Aufständischen seien | |
Kriminelle und Terroristen, mit denen es auch keinen Dialog geben könne. | |
Hinter ihnen stecke eine ausländische Verschwörung. Das Volk habe die Lüge | |
von der angeblichen Revolution schnell erkannt und rebelliert, sagte Assad. | |
Deshalb hätten die Aufständischen beschlossen, „Rache am Volk zu nehmen, | |
indem sie überall Terror verbreiteten“. | |
Bei so manchen Syrern traf Assad damit einen Nerv. Dass er sich weiterhin | |
an der Macht halten kann, liegt nicht nur daran, dass der | |
Sicherheitsapparat trotz aller hochrangigen Desertionen weiterhin | |
zusammenhält. Es liegt auch daran, dass den Rebellen vonseiten der | |
Minderheiten, aber auch dem Mittelstand und vielen, die sich anfangs an den | |
friedlichen Protesten beteiligten, großes Misstrauen entgegenschlägt. Zudem | |
haben immer mehr Dschihadkämpfer aus aller Welt Syrien zu ihrem wichtigsten | |
Kampfschauplatz erkoren. | |
## Versprechen auf umfassende Reformen | |
Insofern war es sicher auch von symbolischer Bedeutung, dass Assad am Tag | |
des Weihnachtsfests der orthodoxen Christen sprach – die Christen bilden | |
schätzungsweise 10 Prozent der syrischen Bevölkerung. | |
An die vielen Unentschlossenen richtete sich auch sein Versprechen auf | |
umfassende Reformen: Voraussetzung dafür sei, dass die Rebellen sämtliche | |
„Terroroperationen“ und ihre ausländischen Unterstützer die Waffen- und | |
Finanzhilfe einstellten, damit die Vertriebenen zurückkehren könnten. Dann | |
würde die Armee ihrerseits die Militäroperationen beenden. | |
Die Regierung würde Gespräche mit allen Teilen der Gesellschaft für eine | |
Konferenz des nationalen Dialogs aufnehmen, an der sich alle an einer | |
Lösung Interessierten im In- und Ausland beteiligen könnten. Die Konferenz | |
würde eine neue Verfassung ausarbeiten und dem Volk zur Abstimmung | |
vorlegen. Daraufhin würde sie eine erweiterte Regierung bilden und | |
Vorbereitungen für Parlamentswahlen treffen. | |
Darüber hinaus kündigte Assad eine nationale Versöhnungskonferenz und eine | |
Generalamnestie an. Ausländischer Rat sei willkommen, sagte Assad mit Blick | |
auf die Friedensbemühungen von Lakhdar Brahimi, dem Sondergesandten der UNO | |
und der Arabischen Liga. Syrien werde sich jedoch nicht der ausländischen | |
Einmischung beugen und sich auch keinen Befehlen unterwerfen. | |
In einem bleibt Assad der alten Diktatorenregel treu: Wie seinerzeit | |
Gaddafi glaubt auch er an einen militärischen Sieg über die Aufständischen. | |
Dazu appellierte er an den Durchhaltewillen des Volkes. Das könnte selbst | |
vielen Unentschlossenen zu wenig sein. | |
6 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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