# taz.de -- Stadtentwicklung: Nachbarn mauern gegen Abriss | |
> Ein geplanter Bunker-Abriss in Peterswerder sorgt bei AnwohnerInnen für | |
> Angst. Sie sammeln Unterschriften. Die Bauherren verstehen die Aufregung | |
> nicht | |
Bild: Noch steht er, der Bunker an der Braunschweiger Straße | |
AnwohnerInnen in Peterswerder befürchten Schäden an Häusern und Gesundheit | |
– wegen des Abrisses eines alten Luftschutzbunkers in der Braunschweiger | |
Straße. Die für ihre Bunker-Umbauten bekannten Bremer Architekten Rainer | |
Mielke und Claus Freudenberg wollen auf dem Grundstück ein Haus mit zehn | |
Wohnungen errichten. Sie verstehen die Aufregung nicht und zweifeln | |
mittlerweile daran, ob es schlau war, die Öffentlichkeit breit zu | |
beteiligen. Ein Streit – auch um Möglichkeiten städtischer Entwicklung. | |
„Mauerrisse, Asthma, Schäden an der Kanalisation“: Eine Anwohnerin, die ein | |
paar Meter neben dem Betonbau wohnt, befürchtet Schlimmstes. Etwa 50 | |
NachbarInnen haben eine Petition eingereicht, sammeln Unterschriften dafür, | |
dass der Bunker höchstens umgebaut, aber nicht abgerissen wird. Denn das | |
„gäbe Spätfolgen, die wir nie nachweisen können.“ | |
Dass durch einen niedrigeren Neubau womöglich mehr Licht in die Straße | |
fallen würde, zählt für die Anwohnerin nicht: „Ich finde den Bunker schön, | |
wie er ist, grün, komplett mit Efeu bewachsen.“ Vor allem eine Sprengung | |
macht ihr Angst. | |
„Das wären nur Lockerungssprengungen“, sagt hingegen Architekt und Bauherr | |
Rainer Mielke. Sie sollen Decke und Grundplatte porös machen – gerade um | |
die Erschütterungen eines Stemmhammers zu reduzieren. Mit einem Greifer | |
soll ein Bagger die meterdicken Wände zerbrechen. Mielke sieht keine | |
Alternative zum Abriss: Die Beton-Decken seien zu niedrig, um nach einem | |
Umbau samt Dämmung und Estrich darin zu wohnen. Und: Der Betonbau stehe zu | |
nah an der Grundstücksgrenze, alle direkten Nachbarn könnten Einsprüche | |
erheben. | |
Entstünden in der Nachbarschaft Schäden durch den Abriss, so komme er dafür | |
auf, sagt Mielke. Ein vereidigter Gutachter dokumentiert dafür den | |
Ist-Zustand von 52 umliegenden Häusern. Mielke hat zudem ein geologisches | |
Gutachten anfertigen lassen, will Seismographen aufstellen. Das Ganze habe | |
50.000 Euro zusätzlich gekostet. | |
Den AnwohnerInnen reicht das nicht. Sie verweisen auf Schäden, die bei | |
anderen Bunker-Abrissen an Nachbarhäusern entstanden sind, in Münster etwa, | |
verursacht von der gleichen Abbruchfirma, die nun wieder ans Werk soll. | |
Oder in der Lübecker Straße, wo der Bunker ohne BürgerInnen-Gespräche | |
abgerissen wurde. | |
Das Projekt in der Braunschweiger Straße hingegen war zweimal Thema von | |
öffentlichen Stadtteil-Versammlungen. „Ich weiß nicht, was der bessere Weg | |
ist“, sagt Mielke mittlerweile. „Man diskutiert mit vielen Leuten, die | |
nicht mal Halbwissen haben.“ Am 16. Januar folgt auf einer Sondersitzung in | |
der Friedensgemeinde eine abschließende Stellungnahme des Beirates. | |
Ortsamtsleiter Robert Bücking (Grüne) lässt eine Richtung erahnen: Unter | |
Beachtung aller vermeidbaren Beeinträchtigungen habe der Bauherr auf seinem | |
Grundstück die gleichen Rechte wie andere AnwohnerInnen: „Man kann eine | |
Stadtentwicklung vergessen, wenn man den Nachbarn verspricht, sie würden | |
nie gestört“, so Bücking. Im Ortsamt befürworte man die Innenentwicklung, | |
dass also neue Wohnungen nicht nur am Stadtrand errichtet werden. | |
Bunker stünden dafür noch zur Verfügung: Auch die letzten der 127 Bunker in | |
Bremen sollen verkauft werden. Für den Zivilschutz werden sie nicht mehr | |
eingeplant. Als defensiver Teil des „Totalen Krieges“ ließen die | |
Nationalsozialisten sie seit 1940 zum allergrößten Teil von Zwangsarbeitern | |
errichten. | |
6 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Bebauung | |
Wohnen | |
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