| # taz.de -- Flughafen-Baustelle: "Die Politik hat es vergeigt" | |
| > Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop fordert: Ein Aufsichtsrat aus | |
| > Fachleuten soll die Flughafengesellschaft aus der Krise führen. | |
| Bild: Ramona Pop will Wowereit mit einem Misstrauensantrag zu Fall bringen | |
| taz: Frau Pop, SPD und CDU haben sich klar hinter Klaus Wowereit gestellt - | |
| wollen Sie da das Misstrauensvotum nicht noch ablasen? | |
| Ramona Pop: Ich bin schon gespannt, wie die Abgeordneten von CDU und SPD es | |
| begründen wollen, dass sie Klaus Wowereit in dieser Lage noch das Vertrauen | |
| aussprechen. | |
| ... als Regierungschef, nicht als Aufsichtsratschef. | |
| Ja, das ist es ja gerade: Vertrauen Sie ihm, dass er nach all dem als | |
| Regierungschef weiter die Stadt regiert? Koalitionsräson reicht als | |
| Begründung nicht aus. Klaus Wowereit hat schweren Schaden über die Stadt | |
| gebracht. Stellen Sie sich vor, wenn er nun den Länderfinanzausgleich neu | |
| verhandeln muss. Wie schlecht wird Berlin nach diesen Vorkommnissen mit ihm | |
| dabei abschneiden? Das mag ich mir gar nicht vorstellen. | |
| Wegen zu wenig Fachkompetenz oder seines beschädigten Ansehens bei seinen | |
| Ministertpräsidentenkollegen? | |
| Nicht nur der Ruf der Stadt ist schwer angeschlagen, auch sein eigener. Er | |
| ist kein guter Botschafter mehr für Berlin, er kann sich nicht länger | |
| hinstellen und sagen: Ich habe Gutes für Berlin bewirkt und fordere nun im | |
| Länderfinanzausgleich mehr Geld. Man wird sich fragen, warum man diesem | |
| Mann noch Geld in die Hand drücken soll. | |
| Hatten Sie denn wirklich Hoffnung auf Unterstützung aus SPD oder CDU? | |
| Immerhin ist die Abstimmung öffentlich - einen wie den "Heidemörder", der | |
| in geheimer Abstimmung 2005 die damalige schleswig-holsteinische | |
| Ministerpräsidenten Heide Simonis zu Fall brachte, könnte es sowieso nicht | |
| geben. | |
| Hintenrum auf einen solchen Heidemörder zu vertrauen ist gar nicht die | |
| Frage, selbst wenn die Verfassung keine offene Abstimmung vorschreiben | |
| sollte. Wir sind als Opposition in der Pflicht, jeden einzelnen in der SPD- | |
| und der CDU-Fraktion an seine Verantwortung gegenüber den Wählern zu | |
| erinnern. | |
| Aber nochmal: Hatten Sie konkret beim einen oder anderen SPDler oder CDUler | |
| Hinweise, dass er oder sie gegen Wowereit stimmen würde? | |
| Die SPD ist ja nicht gerade glücklich mit Wowereit. Ich habe den Eindruck, | |
| dass er nur noch so lange gehalten werden soll, bis die Nachfolge geklärt | |
| ist. Und auch beim Koalitionspartner CDU fragen sich doch viele | |
| zähneknirschend, ob das noch der Richtige ist. | |
| Derzeit kann der CDU doch nichts besseres passieren, als einen | |
| Koalitionspartner zu stützen, der immer schwächer wird, während die Kritik | |
| an ihr selbst vorbei geht. | |
| Ein Regierungschef, der eine derart schlechte Figur macht, zieht irgendwann | |
| die ganze Koalition nach unten. Klaus Wowereit hängt denen allen doch wie | |
| ein Mühlstein am Hals. Erfolgreich wird diese Regierung mit Wowereit nicht | |
| mehr. | |
| Es gibt auch Wowereit-Kritiker, die sagen, dass Ihr Misstrauensantrag | |
| kontraproduktiv sei: Er schweiße die Koalition eher zusammen als dass er | |
| sie zum Wanken bringt. | |
| Mit Taktieren muss irgendwann auch mal Schluss sein, auch in der Politik. | |
| Es geht irgendwann dann doch um Verantwortung. Verantwortung nämlich zu | |
| sagen: Bis hierher und nicht weiter, unabhängig von Bedenken, dass ein | |
| Misstrauensantrag möglicherweise die andere Seite enger zusammenrücken | |
| lässt. | |
| Angenommen, der Misstrauensantrag wäre doch noch erfolgreich: Wie soll es | |
| danach weiter gehen? Nur einen neuen Regierungschef im Parlament bestimmen, | |
| möglicherweise mit neuer Mehrheit oder eine komplette Neuwahl des | |
| Parlaments? | |
| Wenn Klaus Wowereit zurücktritt oder abgewählt wird, muss die Stadt | |
| entscheiden können, wer den Neuanfang übernehmen soll. Neuwahlen sind dann | |
| die klügste Lösung. | |
| Sie wollen definitiv Neuwahlen und stünden nicht bereit, als | |
| Koalitionspartner einzuspringen, falls eine links dominierte SPD ohne | |
| Wowereit das Bündnis mit der CDU beenden will? | |
| Ich sehe nicht, dass das ein Thema ist. | |
| Sie haben Wowereit klares Versagen als Aufsichtsratschef vorgeworfen. Was | |
| hätten Sie denn anders gemacht? | |
| Über die Jahre betrachtet gibt es viele grundlegende Fehler, die der | |
| Aufsichtsrat zu verantworten hat, vor allem bei den strategischen | |
| Grundlinien. | |
| Welche genau? | |
| Zum einen ist da die Frage der Konstruktion und der Planung, die immer | |
| wieder geändert wurde. Als Aufsichtsrat, der in jeder Sitzung zig | |
| Umplanungen genehmigt, hätte man sich irgendwann mal fragen müssen: Bleibt | |
| man im Zeit- und Kostenplan? Zweitens ist da der Aufbau der | |
| Flughafengesellschaft. Da ist doch kein vernünftiger Vorstand, keiner, der | |
| für Finanzen zuständig ist, noch nicht mal die Frage der Bauherrenschaft | |
| ist geklärt. Dann ist da die Frage, ob man nicht doch mit mit einem | |
| Generalunternehmer hätte arbeiten sollen, den man jetzt in die Haftung | |
| hätte nehmen können. Aber nein, man wollte ja lieber selber Bauherr sein. | |
| Nun soll Matthias Platzeck den Job übernehmen. Haben Sie Hoffnung auf | |
| Besserung? | |
| Ich habe das zuerst für einen Witz gehalten. Es bleiben doch die gleichen | |
| Personen im Aufsichtsrat. Das ist nicht die Lösung, die einen Neuanfang auf | |
| der Baustelle bringen kann. | |
| Was würden Sie denn ändern? | |
| Es wäre jetzt an der Zeit, einen klaren Schnitt zu machen, Geschäftsführung | |
| und Aufsichtsrat komplett auszutauschen und als Aufsichtsratschef einen | |
| echten Experten einzusetzen. | |
| Wollen Sie wirklich, dass ein politikferner Fachmann den Aufsichtsrat | |
| leitet? Dann ist die politische Ebene doch nicht mehr am Drücker. | |
| Man muss schlicht sagen, dass die Politik, die in den letzten Jahren am | |
| Drücker gewesen ist, es komplett vergeigt hat. | |
| Das hätte die Neoliberalen in der FDP jetzt auch sagen können. | |
| Ich sage nicht allgemeingültig, das die Politik es nicht kann. Aber für | |
| dieses Projekt - ich betone: für dieses eine Projekt - muss man das in | |
| aller Nüchternheit feststellen: Wenn wir das noch zu einem vernünftigen | |
| Ende führen wollen, brauchen wir Leute, die unbelastet sind. Denn die | |
| diejenigen, die da seit Jahren sitzen, müssten ja bei dem nötigen | |
| Richtungswechsel eingestehen, dass sie alles falsch gemacht haben. | |
| Sie konzentrieren sich bei Ihrer Kritik auf Wowereit - CDU-Chef Frank | |
| Henkel, der auch schon gut ein Jahr im Aufsichtsrat sitzt, blieb | |
| unbehelligt. Warum? | |
| Henkel spielt dort eine Nebenrolle. Im Aktiengesetz gibt Es die Regel, dass | |
| ein Aufsichtsratsmitglied für sein erstes Jahr gar nicht in Haftung | |
| genommen wird. Abgesehen davon sind die gravierenden Fehlentscheidungen | |
| nicht in den letzten Monaten gefallen. Klaus Wowereit hat die Sache seit | |
| Jahren für sich zur Chefsache erklärt - und dann muss er als Chef nun auch | |
| die Verantwortung tragen. | |
| 9 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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