# taz.de -- Luxussanierung in Frankfurt/Main: Geschlossene Gesellschaft | |
> Frankfurt restaurierte für 40 Millionen Euro das Gesellschaftshaus. Die | |
> hohen Restaurantpreise dort schließen nun einen Großteil der Bevölkerung | |
> aus. | |
Bild: Teures Pflaster: Das Gesellschaftshaus im Palmengarten, Frankfurt am Main. | |
FRANKFURT/MAIN taz | Keine Mühen und keine Kosten hat die Stadt Frankfurt | |
gescheut: Rund 40 Millionen Euro gab sie für die Restaurierung des in | |
städtischem Besitz befindlichen traditionsreichen Gesellschaftshauses im | |
Palmengarten aus. Geplant wurde ursprünglich mit 10 Millionen Euro weniger. | |
Dennoch versprühten die verantwortlichen Kommunalpolitiker jede Menge | |
Euphorie: Die Exoberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) versprach „ein Haus | |
für alle Frankfurter“. Der grüne Planungsdezernent Olaf Cunitz bezeichnete | |
das neue Gesellschaftshaus als „Geschenk an die Bürger der Stadt“. So wie | |
früher, als das Gesellschaftshaus Palmengarten im Frankfurter Westend | |
tatsächlich ein Haus der Begegnungen war – auch für Menschen mit weniger | |
Geld. | |
Heute ist das anders. Die Stadt (mit Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP) | |
schloss bereits 2006 Verträge mit drei Pächtern, unter ihnen die | |
Lokalberühmtheit und Theaterdirektor Johnny Klinke. Die Pächter haben sich | |
in ihrem Restaurant „Lafleur“ die „gehobene Küche“ auf die Fahnen | |
geschrieben: Kichererbsensuppe für 21 Euro, Froschschenkel für 35 Euro, | |
Wolfsbarsch für 54 Euro. | |
## Kostengünstige Außengastronomie | |
Die Preise sorgen für Unmut. „Ein städtisches Gebäude wurde für viel Geld | |
aus öffentlichen Kassen restauriert, und nun schließt man die meisten | |
Menschen aus“, beklagt Arno Völker, der für die Grünen im zuständigen | |
Ortsbeirat sitzt. Völker regen außerdem die hohen Mietkosten für den | |
Festsaal auf: bis auf wenige Ausnahmen 6.000 Euro pro Tag. Früher waren es | |
1.500 Euro. „Welcher normale Verein kann sich das noch leisten?“ | |
Janina Steinkrüger, Referentin der zuständigen Umweltdezernentin Rosemarie | |
Heilig (Grüne), findet es hingegen „eher erstaunlich, dass diese Geschichte | |
noch mal zum Thema wird“. Schließlich sei schon 2006 „die ganze Konzeption | |
einschließlich der Spitzengastronomie“ vorgestellt worden. Außerdem sei | |
auch eine kostengünstige Außengastronomie für Palmengartenbesucher | |
vorgesehen. | |
Völker lässt diese Argumente nicht gelten: „2006 war keineswegs klar, dass | |
solch exorbitanten Preise gezahlt werden müssen.“ Die Freien Wähler in | |
Frankfurt kritisieren außerdem die „äußerst günstigen Pachtkosten“. Zu | |
alledem wollte oder konnte Steinkrüger „nichts mehr“ sagen: „Es ist so, … | |
es ist.“ | |
Das sehen nicht alle so. Bert Bresgen, der eine kritische Onlineplattform | |
für Politik in Frankfurt betreibt, hat gemeinsam mit dem Netzwerk „Wem | |
gehört die Stadt?“ einen Aufruf gegen die jetzige Lösung im | |
Gesellschaftshaus gestartet. Es sei symptomatisch, sagt er, dass die | |
schwarz-grüne Stadtregierung mit 40 Millionen Euro Steuergeldern einen | |
Gourmettempel errichte, während der „Normal-Frankfurter händeringend nach | |
einer bezahlbaren Wohnung“ suche. | |
14 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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