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# taz.de -- Doping im Radsport: Lance Armstrong wird auspacken
> Die Beweise sind erdrückend. Nach jahrelangem Leugnen gesteht Lance
> Armstrong Doping. Er belastet auch seinen ehemaligen Rennstall und
> mehrere Radsportfunktionäre.
Bild: Vom Ehrgeiz zerfressen: Lance Armstrong.
AUSTIN/BERLIN dapd | Ein Jahrzehnt lang hat Lance Armstrong geleugnet,
jetzt hat er doch noch seine Doping-Beichte abgelegt: In einem Interview
mit US-Talkmasterin [1][Oprah Winfrey] gestand das US-Radsportidol ein,
sich mit leistungssteigernden Substanzen zum Tour-de-France-Sieg
geschummelt zu haben. Das berichteten informierte Kreise nach der
Aufzeichnung des Gesprächs am Montag. Ausgestrahlt wird das Interview erst
am Donnerstag.
Wie ausführlich er über sein Doping-Programm berichtete, war unklar. Doch
seine Beichte ebnete möglicherweise auch den Weg für eine Reihe von
Enthüllungen, die die Radsportwelt bis ins Mark erschüttern könnten. Nach
Informationen der [2][New York Times] plant der 41-jährige nun auch mehrere
wichtige Persönlichkeiten im Internationalen Radsportverband sowie
Vertreter seines US-Postal-Service-Radteams zu belasten, die über das
Doping Bescheid wussten und es möglicherweise sogar ermöglichten.
In dem Interview sei der frühere Radprofi „teilweise emotional“ gewesen,
sagte eine Gewährsperson, die die Aufzeichnung kennt, der
Nachrichtenagentur AP. Winfrey schrieb auf ihrem [3][Twitter-Profil], sie
habe zweieinhalb Stunden mit Armstrong gesprochen. Am Dienstag wollte sie
sich in der Fernsehsendung CBS This Morning zu dem Interview äußern.
Schon vor der Aufzeichnung hatte Armstrong einen Zwischenstopp bei der von
ihm gegründeten Krebsstiftung Livestrong eingelegt und sich bei den rund
100 Mitarbeitern entschuldigt. Dabei habe er mit stockender Stimme „Es tut
mir leid“ gesagt, worauf einige Angestellte in Tränen ausgebrochen seien,
sagte eine mit dem Ablauf des Treffens vertraute Person. Armstrong habe
sich dafür entschuldigt, die Mitarbeiter hängen gelassen und die Existenz
der Stiftung aufs Spiel gesetzt zu haben.
## 100 Millionen erradelt
Nach dem Durchsickern der Doping-Beichte wurden bereits die ersten
Schadenersatzforderungen gegen Armstrong laut, dessen Vermögen auf 100
Millionen Dollar geschätzt wird, der aber von den meisten seiner Sponsoren
fallengelassen wurde.
Die Regierung des australischen Bundesstaats South Australia forderte
mehrere Millionen Dollar Antrittsgage zurück, wie Ministerpräsident Jay
Weatherill am Dienstag sagte. Und auch die Sunday Times, die dem
Ex-Radprofi 500.000 Dollar wegen Verleumdung hatte zahlen müssen, könnte
nach einer Beichte das Geld einklagen.
Durch die Arbeit der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada war das
legendäre Radsport-Idol auch ohne positiven Test als Dopingsünder überführt
worden. Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte der Texaner die immer
wiederkehrenden Anschuldigungen gebetsmühlenartig mit seinem Standardsatz
beantwortet, dass er mehr als 500-mal kontrolliert worden und nicht eine
positive Probe dabei gewesen sei.
## Lebenslange Sperre
Im Februar 2012 schien er seinen Kopf endgültig aus der Schlinge gezogen zu
haben, als die staatsanwaltschaftliche Untersuchung in den USA eingestellt
wurde. Doch die Usada gab nicht auf und brachte die Ermittlungen
schließlich zu einer Anklage gegen Armstrong mit dem Ergebnis einer
lebenslangen Sperre. Der Weltverband UCI bestätigte das Urteil, mit dem ihm
alle nach dem 1. August 1998 errungenen Erfolge aberkannt wurden, darunter
seine sieben Tour-de-France-Titel (1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004,
2005).
Dabei hatte Armstrong dem Radsport gegeben, was dieser so dringend
brauchte: eine schier einzigartige Heldengeschichte. Vor seiner 1996
bekannt gewordenen Hodenkrebserkrankung, die er im fortgeschrittenen
Stadium besiegte, hatte er bereits die Straßenrad-WM gewonnen.
Armstrong kam bullig daher, kein Fahrer für die steilen Rampen in den Alpen
und Pyrenäen. Das änderte sich, als der Texaner 1998 sein Comeback gab.
Armstrong hatte einige Kilo abgenommen und sich zu einem exzellenten
Rundfahrer entwickelt. Er dominierte die Tour wie vorher nur Eddy Merckx,
Bernard Hinault oder Miguel Indurain.
Das bekam insbesondere Jan Ullrich schmerzlich zu spüren. An Armstrong kam
der einzige deutsche Toursieger nicht mehr vorbei. Dreimal Zweiter, einmal
Dritter, einmal Vierter lautete die ernüchternde Ullrich-Bilanz während der
Armstrong-Regentschaft auf den Landstraßen Frankreichs.
## Simulierte Schwächen
In Erinnerung bleiben große Auftritte Armstrongs wie einst in Alpe d'Huez,
als er die ganze Etappe über Schwächen simulierte, um dann Ullrich
davonzufahren. Oder 2003 beim Aufstieg nach Luz-Ardiden: Armstrong stürzte,
kämpfte sich wieder heran und fuhr schließlich Ullrich davon, um sich am
Ende mit 61 Sekunden Vorsprung vor dem Deutschen den Toursieg zu holen.
Doch über die Jahre geriet das Denkmal durch immer schwerer wiegende
Dopingvorwürfe zunehmend ins Wanken. Seine Kritiker überzog Armstrong teils
erfolgreich mit juristischen Verfahren, aber letztlich schob das den
bitteren Moment der Beichte nur auf. Im November strich sogar die von
Armstrong selbst ins Leben gerufene Livestrong-Stiftung seinen Namen aus
dem Titel.
Vor einer Woche hatte die New York Times schließlich berichtet, Armstrong
erwäge ein Geständnis. Seinen ehemaligen Mannschaftskollegen Jonathan
Vaugthers zitierte die Zeitung mit den Worten: „Ich denke, dass die
Dopingfahnder jetzt ein großes Interesse daran haben, zu erfahren, wie
Lance es geschafft hat, nicht geschnappt zu werden, wie er sich um die
ganzen Tests drücken konnte.“
15 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.oprah.com/own
[2] http://www.nytimes.com/
[3] http://twitter.com/Oprah
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