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# taz.de -- Ausstellung zu 1933 eröffnet: Abfahren des Geschichtsparcours
> In der Topographie des Terrors eröffnet die Politprominenz ganz
> routiniert eine Sonderausstellung zur Machtübernahme der Nazis.
Bild: Die Ausstellung am Brandenburger Tor im Überblick.
Im Foyer der Topographie des Terrors sitzen fast ausschließlich Menschen,
die den Nationalsozialismus nicht mehr erlebt haben. Und die trotzdem damit
gekämpft haben, in gewissem Sinne sogar dagegen. Viele Lehrer sind
darunter, andere Akademiker, politisch Engagierte, die meisten ergraut und
über 60. Als sie zur Schule gingen, wurde dort praktisch nicht über die
Nazis geredet. Oder nur am Rande. Oder verherrlichend. „Der
Geschichtsunterricht an unserer Berliner Schule – ich sag Ihnen jetzt
nicht, welche – war in den 50er Jahren hundsmiserabel“, sagt etwa Barbara
Faccani. Sie habe später daran gearbeitet, dass sich das ändert. Heute
engagiert sich Faccani bei der Gesellschaft für christlich-jüdische
Zusammenarbeit in Berlin.
Die Menschen im Foyer warten an diesem 80. Jahrestag der
Nazi-Machtübernahme auf den Festakt zur Eröffnung der Ausstellung „Berlin
1933 – Der Weg in die Diktatur“. Genauer: Sie warten auf die Reden, die
nebenan im Auditorium vor Abgeordneten, Zeitzeugen und Repräsentanten
gehalten und per Video nach draußen übertragen werden. Klaus Wowereit, der
Regierende Bürgermeister, wird sprechen, Bundeskanzlerin Angela Merkel,
auch der Historiker Andreas Nachama, der Leiter des Dokumentationszentrums,
das hier auf dem Gelände steht, wo einst SS und Gestapo ihre Zentralen
hatten.
Die Erwartungen an die beiden Politiker sind eher gering. „Die nachgeborene
Generation kann sich nicht mehr so in diese Zeit reindenken“, sagt ein Herr
knapp über 70. „Aber Wowereit und Merkel haben gute Redenschreiber – hoffe
ich.“ Er liegt nicht ganz falsch.
## „Wie konnte das geschehen?“
Wowereit nennt den 30. Januar 1933 die „dramatischste Zäsur in der
Geschichte Berlins“. Der Aufstieg der Stadt zur Weltmetropole habe damit
abrupt geendet, das Geistesleben sei den Säuberungen der
Nationalsozialisten zum Opfer gefallen. Am Ende der NS-Herrschaft habe die
Stadt in Trümmern gelegen, von den einst rund 170.000 Berliner Juden hätten
lediglich 9.000 überlebt. „Und noch heute beschäftigt uns die Frage: Wie
konnte das geschehen?“, zieht Wowereit den Bogen in die Gegenwart.
Eine logische Folgerung aus dem Ende Weimars sei die wehrhafte Demokratie,
als die sich die Bundesrepublik versteht. Und deswegen wirbt Wowereit noch
einmal für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren, gerade in Richtung der
Bundeskanzlerin. Die steht diesem zweiten Versuch, der vom Bundesrat
bereits beschlossen wurde, sehr skeptisch gegenüber.
Merkel geht auf Wowereits Drängen auch mit keinem Wort ein. Ähnlich
routiniert wie dieser absolviert sie einen kurzen Geschichtsparcours,
zitiert wie Wowereit umfassend Zeitzeugen und Experten, fordert genau wie
der Regierende die Bürgerinnen und Bürger zu Engagement für Menschlichkeit
und Menschenrechte auf und lobt schließlich wie ihr Vorredner die Stiftung
Topographie des Terrors, die ausgezeichnete Bildungs- und Aufklärungsarbeit
leiste.
Dankbar wird im Foyer registriert, dass beide Reden nicht länger als zehn
Minuten dauern und auch der Rundgang der Offiziellen durch die Ausstellung
recht zügig vonstattengeht. Denn im Anschluss wird die kompakte,
eindrucksvolle Schau für die übrigen Gäste freigegeben. In elf Kapiteln
zeichnet sie die Etappen von der „Machtergreifung“ der Nazis, die heute als
„Machtübernahme“ bezeichnet wird, bis zur vollständigen Etablierung des
NS-Regimes sechs Monate später nach – mit knappen Infotafeln, historischen
Dokumenten und 36 Porträts von Menschen, die von den Nazis bereits 1933
ermordet oder in den Tod getrieben wurden.
30 Jan 2013
## AUTOREN
Bert Schulz
Bert Schulz
## TAGS
NS-Gedenken
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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