| # taz.de -- Gerichtsurteil zu Samenspenden: Der Name des Vaters | |
| > Mediziner müssen Kindern, die per Samenspende gezeugt wurden, den Namen | |
| > ihres biologischen Vaters mitteilen. Das entschied jetzt ein Gericht. | |
| Bild: Nicht länger anonym: Sperma. | |
| FREIBURG taz | Wer durch eine Samenspende gezeugt wurde, hat einen | |
| Anspruch, den Namen des Spenders zu erfahren. Das entschied am Mittwoch das | |
| Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem Pilotprozess. | |
| Geklagt hatte die heute 22-jährige Geschichtsstudentin Sarah P., die sich | |
| auch im Verein Spenderkinder engagiert. Ihre Mutter hatte ihr erst vor vier | |
| Jahren erzählt, dass der Mann, den sie bisher für ihren Vater hielt, nicht | |
| ihr leiblicher Vater ist. Da dieser unfruchtbar war, ließ sich Sarahs | |
| Mutter 1990 im Essener Zentrum für Reproduktionsmedizin von Thomas Katzorke | |
| mit einer Samenspende künstlich befruchten. | |
| Nach Informationen des Zentrums sind in Deutschland seit den 1980er Jahren | |
| rund 100.000 Kinder mittels einer Samenspende gezeugt worden, davon ein | |
| Zehntel in der Klinik von Katzorke. Im Lauf der Zeit hat er mit Hunderten | |
| von Samenspendern zusammengearbeitet, die mit jeweils 50 bis 150 Euro | |
| bezahlt wurden. | |
| Eine Klage auf Herausgabe des Spendernamens gab es in Deutschland bisher | |
| noch nie. Der Verein Spenderkinder schätzt, dass rund 95 Prozent der | |
| Betroffenen gar nicht wissen, wie sie gezeugt wurden. | |
| ## Unbekannte Erbkrankheiten | |
| Sarah P. will keine dauerhafte Beziehung zu ihrem biologischen Vater, aber | |
| ihn zumindest einmal treffen. So würde sie gerne überprüfen, ob sie ihm | |
| ähnlich sieht, weil sie nicht das Gesicht ihrer Mutter hat. Auch von | |
| möglichen Erbkrankheiten würde sie gerne erfahren. Ihre Mutter und ihr | |
| sozialer Vater waren mit Sarahs Anfrage einverstanden. Doch Thomas Katzorke | |
| verweigerte die Auskunft. Er habe den Samenspendern einst Anonymität | |
| zugesichert. | |
| Anders als in der ersten Instanz beim Landgericht Essen hat Sarah P. beim | |
| OLG Hamm nun Erfolg. Das Gericht spricht ihr einen Auskunftsanspruch gegen | |
| den Arzt zu. Das Interesse an der Kenntnis der eigenen Abstammung sei höher | |
| zu bewerten als die Interessen an einer Geheimhaltung der Spenderdaten. Zum | |
| Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und zur Menschenwürde gehöre | |
| auch das Recht auf Kenntnis der grundlegenden Faktoren, zum Beispiel der | |
| Abstammung. | |
| Die Entscheidung des OLG kommt nicht überraschend. Schon 1989 hatte das | |
| Bundesverfassungsgericht ein Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung | |
| postuliert. Im Prozess berief sich Katzorke nun darauf, dass die | |
| entscheidenden Karteikarten, die er im Safe eines Notars aufbewahrt hatte, | |
| nach dessen Tod teilweise verloren gegangen seien. Deshalb könne er | |
| wahrscheinlich gar nicht helfen. | |
| ## Keine Revision zugelassen | |
| Das OLG schenkte den wechselhaften Ausführungen des Arztes keinen Glauben. | |
| Er muss jetzt gründlich recherchieren und alle damaligen Mitarbeiter | |
| befragen. Das OLG hat keine Revision zugelassen. Dagegen kann Katzorke | |
| Beschwerde einlegen. | |
| Sollte er die Auskunft am Ende aufgrund von fehlenden Unterlagen | |
| verweigern, droht ihm eine Schadenersatzklage von Sarah P. Nach Ansicht des | |
| Vereins Spenderkinder mussten Ärzte schon seit 1986 in Fällen künstlicher | |
| Befruchtung die Unterlagen 30 Jahre aufbewahren. Seit 2007 gilt auch eine | |
| entsprechende gesetzliche Pflicht, die im Transplantationsgesetz enthalten | |
| ist. | |
| Sarah P. hat keine finanziellen Interessen an ihrem Spendervater. Zur | |
| Zahlung von Unterhalt wäre er nur verpflichtet, wenn die Studentin die | |
| rechtliche Vaterschaft ihres bisherigen Vaters anfechten und die | |
| Vaterschaft des Spenders feststellen lassen würde. Das hat sie aber nicht | |
| vor, teilweise sind auch die Fristen schon abgelaufen. Auch Erbansprüche | |
| hat sie nur gegenüber dem rechtlichen Vater. (Az.: I-14 U 7/12) | |
| 6 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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