| # taz.de -- Ort der Gerechten: Die rote Insel | |
| > In der Krise erscheint das andalusische Dorf Marinaleda mit seiner | |
| > kollektiven Verwaltung vielen Spaniern als Hort der Sicherheit und | |
| > Vollbeschäftigung. | |
| Bild: Spanische Touristen an der Ortseinfahrt von Marinaleda. | |
| Am Volkslokal der Vereinigung der Landarbeiter in Marinaleda prangt in | |
| stählernen Lettern „Im Kampf für den Frieden“, gegenüber im Park der | |
| Freiheit haben Arbeiter den Wappenspruch des Dorfes mit aneinandergereihten | |
| Glühbirnen geschrieben und zwischen den Pappeln aufgehängt: „Marinaleda – | |
| eine Utopie auf dem Weg zum Frieden“. | |
| Nicht nur der Spruch der Anarchosyndikalisten erinnert an die | |
| revolutionären Zeiten der Tagelöhner in den 1980er Jahren, auch die | |
| Präsentation der Glühbirnenschrift scheint ein Überbleibsel der | |
| Vergangenheit zu sein, hat doch jedes andalusische Dorf heute | |
| Leuchtschriften aus einem Stück. | |
| Innen in der hallengroßen Kneipe schmücken Fotos aus Palästinenserlagern | |
| und von Landbesetzungen in einem ungenannten Land Südamerikas die Wände. | |
| Ein Mann mit lückenhaften Zähnen in beigefarbenem Parka trinkt morgens um | |
| halb elf einen Anis an der Bar, sein Nachbar auf dem Barhocker hat das Glas | |
| schon geleert, raucht trotz landesweiten Rauchverbots, schweigt. | |
| Anis und schwarzer Tabak zum Frühstück sind selbst in andalusischen | |
| Dorfkneipen nicht mehr üblich, doch in Marinaleda haben Gewohnheiten und | |
| Dinge überlebt. Eine Wandtafel verkündet die Tapas: Sangre con tomate, | |
| Blutwurst in Tomatensoße, Paprikawurst, Tortilla. | |
| ## Anis und schwarzer Tabak zum Frühstück | |
| „Señorita, ven!“, sagt Nicolás ungefragt und kommt hinter der Bar vor, | |
| „Señorita, komm, ich will dir etwas zeigen“. Er führt die Besucherin in d… | |
| hinteren Teil des schummrigen Raums, öffnet eine Tür zu einem dunklen Flur, | |
| schwingt eine Saaltür auf, verschwindet im Dunkeln, findet schließlich den | |
| Lichtschalter und erleuchtet einen Saal. An der Stirnseite ist der Marsch | |
| der italienischen Landarbeiter in den Unabhängigkeitskriegen des 19. | |
| Jahrhunderts überlebensgroß auf die gesamte Fläche gemalt. | |
| Das berühmte Bild mit der Frau und einem Kind auf dem Arm, neben ihr ein | |
| Mann mit Vollbart, hinter ihnen marschieren Hunderte Bauern. „Hier halten | |
| wir unsere Versammlungen ab“, sagt Nicolás und dreht den Oberkörper halb im | |
| Kreis, als zeige er ringsum auf Anwesende. An der Längsseite des gefliesten | |
| Saals hängt ein Kachelbild, Che Guevara in seiner berühmtesten Pose als | |
| Mosaik. | |
| ## Viele Besucher kommen | |
| „Alle entscheiden gemeinsam, was wir anbauen, was wir kaufen und solche | |
| Sachen“, sagt Nicolás, wendet sich zum Gehen und erklärt noch beiläufig das | |
| Wandgemälde. „Es war mal ein Maler da, mit nur einem Arm.“ | |
| Viele Besucher kommen nach Marinaleda, einem Dorf in der andalusischen | |
| Provinz Sevilla, 110 Kilometer östlich der gleichnamigen Stadt inmitten | |
| sanfter Hügel mit Olivenhainen und Äckern gelegen. Denn Marinaleda mit | |
| 3.000 Einwohnern war und ist das einzige Dorf Spaniens, das seine Bewohner | |
| kollektiv bewirtschaften und verwalten. Die rote Insel wird das Dorf | |
| genannt, und seit 32 Jahren lenkt José Manuel Sánchez Gordillo, | |
| Bürgermeister und Gründer des linksnationalistischen Kollektivs der Einheit | |
| der Arbeiter (CUT), die Arbeiter und ihre Familien im „Kampf für die | |
| Freiheit“. | |
| Die CUT ist mittlerweile in die kommunistische Izquierda Unida integriert, | |
| doch vom andalucismo kann El Gordo, wie man Sánchez Gordillo im Dorf auch | |
| nennt, nicht lassen. Im jüngsten, 60 Seiten starken Rechenschaftsbericht | |
| seiner Amtszeit zur Regionalwahl 2011 schreibt er ausgiebig von „unserer | |
| Nation Andalusien“ und fordert beständig „das Recht der Andalusier auf ihr | |
| eigenes Haus, und zwar allein deshalb, weil sie in Andalusien geboren | |
| sind“. Zu sprechen ist Sánchez Gordillo im Dezember 2012 nicht, da ihn | |
| „Fragen der Gesundheit“ von Amtsgeschäften abhalten, wie die | |
| Gemeindesekretärin Carmen sagt. | |
| Überall im Dorf hängen Plakate und Bilder von ihm mit ergrauendem | |
| Rauschebart zwischen Marx und mittelalterlichem Propheten, ein | |
| Palästinensertuch hat er locker über die Schulter geworfen. Auf dem | |
| Wochenmarkt heißt es, José habe Depressionen, weil er nach den letzten | |
| Aktionen im August sogar Morddrohungen erhielt. | |
| ## Der Widerständler Sánchez Gordillo | |
| Damals, im August 2012, hatte Sánchez Gordillo mit anderen die Supermärkte | |
| in den Städten der Umgebung geplündert, um gegen die Wirtschaftskrise und | |
| die Politik dagegen zu demonstrieren. Er nahm den Kapitalisten und gab den | |
| armen Familien. | |
| Als „die Wiege des Tagelöhner-Syndikalismus“ hat die Tageszeitung El País | |
| Marinaleda beschrieben, denn gleich nach Ende der Franco-Diktatur hat | |
| Sánchez Gordillo die landlosen Arbeiter 1979 organisiert und zum | |
| kollektiven Eigentum durch anhaltenden und durchaus handgreiflichen Protest | |
| geführt. | |
| „Das war ein harter Kampf“, sagt Nicolás, der stolz darauf ist, dass er | |
| 1980 mit zehn Jahren schon am Hungerstreik teilgenommen hat. „Es gibt | |
| keinen anderen Weg als den Kampf“, sagt er. „Ich sehe keine andere Lösung, | |
| denn so geht es nicht mit den Banken und dem Finanzsystem“, sagt er, und | |
| seine blaugrauen Augen starren entschlossen, sein Gesicht verhärtet sich, | |
| und für einen Moment lässt er keinen Zweifel an seiner Kampfeslust. „Wenn | |
| sich 20.000 Dörfer erheben“, fügt Nicolás hinzu und nickt in stiller | |
| Bewunderung seiner Vision. Bei seinem ersten Hungerstreik 1980 ging er in | |
| die vierte Klasse und sagte einem Reporter von El País, dass er an eine | |
| bessere Zukunft glaube. Denn: „Wenn ich groß bin, wird es Autonomie und | |
| wirkliche Selbstbestimmung geben.“ | |
| ## Man holt sich die Agrarreform | |
| Die Aktion „Mit dem Hungerstreik gegen Hunger“ war die Idee von Sánchez | |
| Gordillo, dem damals 28-jährigen Lehrer von Nicolás Ramos und den anderen | |
| Kindern von Marinaleda. Anfang der 1980er Jahre mussten Menschen in | |
| Andalusien hungern, weil sie weder Einkommen noch Besitz hatten. Sie waren | |
| von den herrschenden Großgrundbesitzern abhängig. Denn damals wie heute | |
| gehört das Land den meist adligen Großgrundbesitzern, die in Madrid oder | |
| Sevilla ihren Geschäften nachgehen und sich nur bei Lust und Laune um die | |
| Landwirtschaft kümmern. Seit Jahrhunderten hat sich daran nichts geändert. | |
| Wenn die Landbesitzer also die Oliven am Baum lassen und die Artischocken | |
| nicht ernten, haben die Tagelöhner keine Arbeit, keinen Lohn und nichts zu | |
| essen. Jahrzehntelang hatten sich die Menschen von Marinaleda auch noch im | |
| 20. Jahrhundert mit Entbehrung, Armut, Hunger und Hütten als Behausung | |
| abgefunden. Doch nachdem nicht einmal die demokratische Regierung in Madrid | |
| nach Ende der Diktatur eine Agrarreform durchführt, ist die Zeit reif für | |
| Sánchez Gordillo. Der damals junge Lehrer kann im Gegensatz zur Mehrheit in | |
| Marinaleda nicht nur lesen und schreiben, er kann auch reden und hat eine | |
| politische Vision. | |
| Im Februar 1988 besetzen Sánchez Gordillo, Nicolás und die anderen Männer, | |
| Frauen und Kinder der Landarbeiterfamilien die Finca El Humoso des Conde | |
| Duque Infantado 12 Kilometer außerhalb von Marinaleda. Nach langen Kämpfen | |
| zwischen den Landlosen und der Guardia civil bewegt die Regionalregierung | |
| von Andalusien schließlich den adligen Großgrundbesitzer dazu, den | |
| Landlosen 1.200 Hektar Land seiner 17.000 Hektar zur Nutzung abzutreten. | |
| An der Mauer neben dem Eingangstor zur Finca El Humoso steht heute „Tierra | |
| – Utopia“, und die Dorfbewohner bauen auf dem Land Oliven, Artischocken, | |
| rote Paprika und kleine Saubohnen an, die sie in der selbst gebauten | |
| modernen Fabrik El Humar zu köstlichen Konserven verarbeiten. Was sie nicht | |
| unter dem Eigennamen vermarkten, verkaufen sie an Lebensmittelunternehmen | |
| wie etwa die Handelskette Carrefour. Die nussig schmeckenden Saubohnen | |
| legen die Frauen in El Humar gekocht in das Olivenöl von der Finca El | |
| Humoso ein, das mittlerweile zu den besten Olivenölen Spaniens zählt. | |
| ## Ökologischer Anbau nicht gefragt | |
| „Wir machen das Öl mit einem Haufen Herzblut“, sagt Martín Marino, den al… | |
| in der Ölmühle von El Humoso Maestro Marino nennen und der eine Art | |
| Meistertechniker und Qualitätsexperte für das Olivenöl ist. Von | |
| ökologischem Anbau hält Meister Marino nichts, obwohl das Kollektiv nun | |
| sogar 50 der 150 Hektar Olivenhaine zertifiziert ökologisch betreibt. Aber | |
| in der Ölmühle kommen alle Oliven zusammen und werden wie eh und je nur | |
| nach der Sorte getrennt: das Öl der fruchtigen Arbequina in einen | |
| Stahltank, das der kräftigen Marteño in einen anderen. Die | |
| Einzelvermarktung des Spitzenöls findet Meister Marino zu aufwendig; er | |
| verkauft das Öl am liebsten hektoliterweise in Tanklastern an die | |
| Zwischenhändler, die zur Erntezeit über Land fahren. | |
| 470 Pesetas hat er in der letzten Saison im Januar 2012 für einen Liter | |
| bekommen. Marino zieht einen Casio-Taschenrechner vom Rand seines | |
| Schreibtischs heran und rechnet aus, dass das 2,67 Euro sind. In Peseten | |
| rechnet auch Bürgermeister Sánchez Gordillo noch gern, wenn er in seiner | |
| Wahlkampfbroschüre 25 Millionen Peseten für den neuen Parque Natural am | |
| Rande des Dorfes anführt oder die 73 Millionen Peseten für Altenpflege, | |
| Kinderbetreuung und andere soziale Dienstleistungen nennt, die das Rathaus | |
| von Marinaleda jedes Jahr dafür ausgibt. In die Gemeinschaft investieren | |
| die sieben kommunistischen und zwei sozialistischen Gemeinderäte eine | |
| Menge. | |
| Marinaleda ist eines von ganz wenigen Dörfern Spaniens mit eigenem | |
| Schwimmbad (Saisonkarte drei Euro) und vermutlich bald das einzige Dorf der | |
| Iberischen Halbinsel mit beheiztem Hallenbad für den termalismo social, das | |
| soziale Thermalbaden. Das Sportstadion mit Che-Guevara-Gemälde und die | |
| Sporthalle von Marinaleda würden jede Kleinstadt schmücken, und man fragt | |
| sich, woher die Menschenmassen für das riesige Fußballstadion kommen | |
| sollen. | |
| Überraschend groß ist auch die zur Calle de la Libertad ausgebaute | |
| Dorfstraße, die mit ihren 15 Meter breiten Gehwegen einem Paseo in Sevilla | |
| gleicht. An dieser baumgesäumten Avenida liegt auch das neue, hell | |
| gekachelte Rathaus, das mit Turm und Kuppel nicht nur überdimensioniert, | |
| sondern auch fremdartig im andalusischen Hügelland wirkt. | |
| ## Die Jugendlichen sind wenig innovativ | |
| „Alle Techniker kommen von außerhalb“, sagt Pepa Dominguez, die mittwochs | |
| und donnerstags aus Sevilla anreist und als Architektin die Bauten des | |
| Dorfes betreut. Mit „Techniker“ meint Pepa die ausgebildeten Spezialisten | |
| für Wasser- oder Gesundheitsversorgung, die im Rathaus von Marinaleda | |
| arbeiten. „In der Mehrheit der anderen Dörfer machen das ausgebildete Leute | |
| aus dem Dorf“, sagt sie, senkt die Stimme und fügt hinzu, das ihrer Meinung | |
| nach die jungen Leute das Dorf nicht für Studium oder Ausbildung verlassen, | |
| weil dort für alles gesorgt ist. Das die Jungen schlecht ausgebildet sind, | |
| sei ein Problem, aber es werde auch nichts dafür getan, dass sie das Dorf | |
| verlassen. „Pero es mi opinión personal“, sagt sie. | |
| Einen Job garantiert den Jungen die Gemeinde oder die Kooperative, Internet | |
| und Fernsehen sind im ganzen Dorf umsonst, der ganztägige Kindergarten mit | |
| Vollverpflegung kostet 12 Euro im Monat, 3 Euro zahlt man für den | |
| Sportverein, 15 Euro im Monat zahlen die Bewohner für die Hypothek eines | |
| Reihenhauses, das sie selbst gebaut haben. „Damit zahlen sie das Haus | |
| natürlich in 80 Jahren nicht ab“, sagt Pepa und schickt mit einer | |
| entschiedenen Handbewegung den Gedanken in den Himmel. Mithilfe staatlicher | |
| Darlehen, einer Bürgschaft und Kostenübernahme der Gemeindekasse haben die | |
| Einwohner von Marinaleda 350 Reihenhäuser gebaut. Jedes ist zweistöckig, | |
| hat 60 Quadratmeter Grundfläche, 100 Quadratmeter Hof, und alle haben ein | |
| Tor nach hinten raus, denn die Leute vom Land haben immer viel ein- und | |
| auszuladen, wie Pepa sagt. Die Häuser bauen die Leute straßenweise | |
| gemeinschaftlich, gemeinsam entscheiden sie, welche Kacheln, welche Fenster | |
| und welche Badezimmerarmaturen sie einkaufen und verbauen. | |
| Alle packen mit an, deswegen gehen die Bauarbeiten auch sehr langsam voran, | |
| und die ewigen Abstimmungen führen zu Streit. Aber alle Häuser sind gleich, | |
| denn erst wenn sie fertig sind, entscheidet das Los, wer welches Haus | |
| bekommt. | |
| ## Viele Spanier wollen herziehen | |
| „Jeden Tag rufen hier Menschen aus ganz Spanien an und fragen, ob wir | |
| Arbeit und ein Haus für sie haben“, erzählt Pepa, die trotz ihrer | |
| kritischen Anmerkungen seit 2006 gern in Marinaleda arbeitet und es dort | |
| viel interessanter und lustiger findet als in dem anderen Dorf, wo sie | |
| montags und dienstags arbeitet. | |
| In der Krise erscheint Marinaleda als ein Hort der Ordnung und | |
| Vollbeschäftigung, arbeitet doch aus jeder Familie immer mindestens einer | |
| in der Kooperative. Sieben oder acht Monate im Jahr verdienen die Leute von | |
| Marinaleda dort ihr Geld oder in der Konservenfabrik, im Volkslokal, einem | |
| Laden oder einer Werkstatt. Sie verdienen 1.200 Euro im Monat, egal was sie | |
| machen, und mal arbeitet einer aus dieser Familie, mal aus jener aber immer | |
| aus jeder Familie einer, damit alle zu essen haben, wie Nicolás erklärt. | |
| In den anderen Monaten erhalten die Arbeiter Arbeitslosengeld, aber das ist | |
| in Andalusien auf dem Land sowieso üblich, denn traditionell arbeiten die | |
| Tagelöhner nur ein paar Monate im Jahr und leben ansonsten von staatlicher | |
| Hilfe. | |
| Da niemand in Marinaleda mehr als 15 Euro für die Hypotheken abzahlt, geht | |
| es den Menschen dort jedoch anders als in vielen anderen Orten gut. Die | |
| Finanz- und Wirtschaftskrise ist bislang an Marinaleda vorbeigezogen wie | |
| eine Karawane am Horizont. Aber die Krise ist ja auch ein Produkt des 21. | |
| Jahrhunderts. Gegen die Auswirkungen war Marinaleda bislang mit politischen | |
| Rezepten aus dem 19. und 20. Jahrhundert gewappnet. Alle gemeinsam für das | |
| Wohlergehen aller oder, wie Nicolás sagt: „Somos muy solidarios.“ | |
| Wenn das Geld für alle und das Gemeinsame fehlt, hat Bürgermeister Sánchez | |
| Gordillo in Sevilla, Madrid oder Brüssel bislang immer Staatsgeld besorgt. | |
| Denn selbstverständlich bekommt auch die Kooperative EU-Agrarhilfen, wie | |
| die Großgrundbesitzer drum herum. Und Sánchez Gordillo war auch immer gut | |
| darin, die zinsfreien Baukredite der Regionalregierung von Andalusien oder | |
| des spanischen Staats nach Marinaleda zu lotsen. Da ein Dorfbewohner | |
| monatlich nur 15 Euro für die Abtragung der staatlichen Hypothekendarlehen | |
| bezahlt, verzeichnet Marinaleda die höchste Verschuldungsrate der Provinz | |
| Sevilla – bei zugleich niedrigstem Steueraufkommen. | |
| Vielleicht kommt Marinaleda durch diese Finanz- und Wirtschaftskrise, die | |
| Andalusien und Spanien befallen hat, wie durch die Hungerjahre nach Ende | |
| des Bürgerkriegs 1939. Bis Anfang der 1950er Jahre darbten die Spanier in | |
| ihrem traumatisierten Land, litten unter der klerikal-faschistischen | |
| Diktatur von Caudillo Franco und der katholischen Kirche im Beiwagen. | |
| ## Die Moderne war einmal in Marinaleda | |
| Vielleicht fällt Sánchez Gordillo oder einem anderen ja auch etwas Neues | |
| ein. Denn der im Dorf ewig wiederkehrende Wappenspruch von der „Utopie auf | |
| dem Weg zum Frieden“ lässt ebendiese einstige Utopie des Fortschritts nach | |
| der Diktatur erstarrt erscheinen. Die Wandbilder an den Mauern zur Schule | |
| oder dem Schwimmbad, die Sprüche von der Solidarität zwischen der | |
| andalusischen und der katalanischen sozialistischen Jugend am Sportstadion | |
| dünsten die Atmosphäre der Starre der späten DDR aus. | |
| Die Moderne war einmal in Marinaleda, die bessere Zukunft – ein Haus und | |
| Einkommen für ehemals analphabetische Landlose – ist erreicht. Wo bewahren | |
| die Menschen von Marinaleda eigentlich ihr Geld auf? Auf der Bank oder in | |
| der Schublade? Ein einziges Mal lacht Nicolás an diesem nebligen Morgen. | |
| „En el cajón – in der Schublade, claro!“ | |
| 16 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Fokken | |
| Ulrike Fokken | |
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