# taz.de -- Ehemaliger DGB-Vorsitzender gestorben: Beharrlich und etwas spröde | |
> Ernst Breit führte den Deutschen Gewerkschaftsbund in den 80er Jahren aus | |
> der Krise, galt aber als wenig charismatisch. Mit 88 Jahren ist er nun | |
> gestorben. | |
Bild: Das waren die Achtziger: Ernst Breit, 1986. | |
BERLIN dpa | Er war der verlässliche Steuermann, der den Deutschen | |
Gewerkschaftsbund (DGB) einst aus der Krise führte. Klare Aussagen und ein | |
nüchterner Arbeitsstil waren Ernst Breits Markenzeichen. Am Freitag starb | |
der ehemalige DGB-Vorsitzende mit 88 Jahren. | |
Als der ehemalige Postbeamte 1982 mit 95 Prozent ins Amt gewählt wurde, | |
schlingerte der Tanker DGB durch schwieriges Fahrwasser. Die völlige | |
Überschuldung des gewerkschaftseigenen Baukonzerns Neue Heimat hatte die | |
Dachorganisation der Gewerkschaften in die schlimmste Krise ihrer | |
Geschichte gestürzt. Die Delegierten setzten auf Breits Glaubwürdigkeit. | |
Zum Amtsantritt schenkten sie dem Wortkargen aus Rickelshof in Dithmarschen | |
(Schleswig-Holstein) einen Besen und ein Schiffssteuer – Symbol für das, | |
was ihm bevorstand: Aufräumen und einen sicheren Kurs finden. | |
Für viele war Breit schon vor seiner Wahl der ideale Chef. Doch es gab auch | |
Kritiker – die er aber im Laufe seiner Amtszeit größtenteils überzeugte. | |
Als er 1990 aus dem Amt schied, hatte er die Erwartungen weitestgehend | |
erfüllt. „Ernst Breit wurde geachtet, verehrt und gemocht, weit über die | |
Gewerkschaften und den DGB hinaus“, erklärte der DGB-Vorsitzende Michael | |
Sommer zu seinem Tod. | |
Beharrlich bis stur verfolgte der am 20. August 1924 geborene Sohn eines | |
Werkzeugmachers seine Ziele. Die Neue Heimat wurde verkauft. Der DGB | |
trennte sich schrittweise von den Mehrheitsanteilen seiner größten | |
Unternehmen und gab damit seine umstrittene Rolle als Unternehmer teilweise | |
auf. Breit musste aber auch heftige Kritik bis hin zu Rücktrittsforderungen | |
einstecken. | |
## Kampf gegen die „Koalition der Umverteilung“ | |
Nur kurze Zeit nach Breits Amtsantritt brach in Bonn die sozialliberale | |
Koalition, Helmut Kohl löste Helmut Schmidt als Kanzler ab. Der gemeinsame | |
Widerstand gegen die Pläne der neuen christlich-liberalen Koalition führte | |
auch die damals 16 Einzelgewerkschaften wieder zueinander. Breit prangerte | |
die „Koalition der Umverteilung“ an, kritisierte die politischen Leitlinien | |
der Bundesregierung als sozialen Rückschritt und stritt um die Einführung | |
der 35-Stunden-Woche. | |
Besonders erbittert wurde die Auseinandersetzung um die Neufassung des | |
sogenannten Streikparagrafen 116 geführt, mit der 1986 die Zahlung von | |
Kurzarbeitergeld eingeschränkt wurde. Bei all dem blieb der Sozialdemokrat | |
Breit „kühl reserviert, mit hintergründigem Humor bewaffnet“, wie der | |
damalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) zu Breits Abschied 1990 | |
schrieb. | |
In der Öffentlichkeit wurde das nüchterne Auftreten des DGB-Chefs oft als | |
dröge empfunden, mancher lächelte über seinen norddeutschen Zungenschlag | |
der „s-pitzen S-teine“. Breit blieb sich treu: „Ich bin der Auffassung, | |
dass der DGB-Vorsitzende nicht der Tanzbär des Medienpublikums sein | |
sollte“, sagte er zu seinem Amtsantritt. | |
## 98 Prozent bei Wiederwahl | |
Bei seiner ersten Wiederwahl erhielt er 1986 mit fast 98 Prozent der | |
Stimmen einen gewaltigen Vertrauensbeweis. „Mit einem solchen Ergebnis im | |
Kreuz kann man arbeiten“, sagte er trocken – Gefühlsausbrüche waren bei | |
Breit, der später auch Präsident des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) | |
und Vizechef der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung wurde, eher selten. | |
Seine berufliche Laufbahn hatte er mit 17 Jahren bei der damaligen | |
Reichspost begonnen. Aus Neustadt an der Ostsee wechselte der | |
Oberpostmeister 1959 nach Bonn, wo er Vorsitzender des Hauptpersonalrates | |
der Deutschen Bundespost wurde. 1971 übernahm er den Vorsitz in der | |
Deutschen Postgewerkschaft, bis er sich schließlich 1982 für den | |
DGB-Vorsitz in die Pflicht nehmen ließ. | |
Zunächst hatte Breit aus privaten Gründen die Kandidatur abgelehnt – seine | |
Frau war kurz zuvor an Krebs gestorben. Dann wollte er sich aber angesichts | |
des Neue-Heimat-Debakels nicht vor der Verantwortung drücken und nahm Besen | |
und Steuerruder in die Hand. | |
23 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Christine Cornelius | |
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