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# taz.de -- Ärger mit dem Chef: Streikverbot beim Martinsclub
> Der Streik der Angestellten im Öffentlichen Dienst wurde auch von
> KollegInnen des Martinsclubs unterstützt – gegen den Willen ihres Chefs.
> Der droht mit Abmahnungen
Bild: Warnstreik auf dem Markt: Solidarität ist auch in Zeiten der Friedenspfl…
BREMEN taz | Rund 2.000 Menschen haben am Dienstag in Bremen gestreikt,
vorwiegend Angestellte im Öffentlichen Dienst. Ein kleiner Teil derer, die
auf die Straße gingen, tat dies nicht für eigene Zwecke.
SchulassistentInnen, die bei freien Trägern wie dem Deutschen Roten Kreuz,
dem Arbeiter-Samariter-Bund oder dem Martinsclub angestellt sind,
unterstützten ihre KollegInnen im Rahmen eines „Solidaritäts-Streiks“. Bei
der Geschäftsführung des Martinsclubs stieß das auf wenig Verständnis: Sie
drohte StreikteilnehmerInnen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu
Abmahnungen.
„Bei uns herrscht zur Zeit Friedenspflicht“, so die Begründung von Thomas
Bretschneider, pädagogischer Leiter und stellvertretender Geschäftsführer
des Martinsclubs. „Das ist mit den Gewerkschaften Ver.di und GEW so
vereinbart und unstrittig, denn wir befinden uns mitten in
Tarifverhandlungen.“ Friedenspflicht bedeute: Kein Streik während der
Verhandlungen. „Dagegen haben Mitarbeiter verstoßen, und deswegen haben wir
sie bereits im Vorfeld auf arbeitsrechtliche Konsequenzen hingewiesen – ob
das nun Abmahnungen werden oder nicht, das wissen noch nicht.“
„Ein Solidaritäts-Streik unterstützt lediglich einen Hauptstreik“, sagt
Ver.di-Fachsekretär Uwe Schmid. „Für den konkreten Fall heißt das: Der
Streik der Martinsclub-MitarbeiterInnen bezieht sich nicht auf die
laufenden Tarifverhandlungen in ihrem Betrieb, also wird hier auch keine
Friedenspflicht verletzt.“ Christian Gloede, Landesvorstandssprecher der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bestätigt das und ergänzt:
„Wäre der Martinsclub im Recht, hätte er beim Verwaltungsgericht ein
Streikverbot gegen seine MitarbeiterInnen erwirken können – hat er aber
nicht.“ Und Jürgen Maly, Fachanwalt für Arbeitsrecht, sagt: „Weder Warn-
noch Soli-Streiks haben irgendetwas mit Friedenspflicht zu tun. Die besteht
nur bei Erzwingungsstreiks, und den gab es hier an keiner Stelle.“
Trotz offenbar klarer Rechtslage bleibt Thomas Bretschneider dabei: „Ob
eine Abmahnung rechtens ist oder nicht, muss zur Not das Gericht
entscheiden.“ Er hält die Teilnahme seiner MitarbeiterInnen am Streik nicht
nur juristisch für falsch: „Ich finde das auch moralisch nicht richtig,
denn ein solcher Streik schmälert die Wertigkeit unseres eigenen
Unterfangens.“ Damit meint er das Erreichen eines vernünftigen Haustarifs:
„Ich bin voll dafür, dass unsere MitarbeiterInnen gleich bezahlt werden wie
ihre KollegInnen im Öffentlichen Dienst“, sagt er, „aber wir beginnen
gerade erst mit solchen Dingen wie Weihnachtsgeld – da sind Forderungen
nach einer Lohnerhöhung von 6,5 Prozent nur ein Anfang.“
Die SchulassistentInnen des Martinsclubs refinanziert die Bildungsbehörde.
„Im Rahmen der Tarifverhandlungen geht es um viel Geld, das dort locker
gemacht werden muss“, sagt Gloede. Vielleicht, vermutet er, fürchte
Bretschneider, dass die Behörde ihm die Teilnahme seiner MitarbeiterInnen
am Streik übel nehmen könne. „Bei seinen MitarbeiterInnen jedenfalls
verspielt er durch die Androhung von Abmahnungen ganz viel Vertrauen.“
6 Mar 2013
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Bremen
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