# taz.de -- Kommentar SimCity: Willkommen in der DRM-Hölle | |
> Das PC-Spiel SimCity war mal sehr beliebt. Dank Serverproblemen hat sich | |
> das nun geändert. Die wahren Probleme aber liegen woanders. | |
Bild: Wenigstens das Standbild geht noch: Szene aus SimCity. | |
BERLIN taz | Es sollte eine triumphale Rückkehr werden. Nach zehn langen | |
Jahren ist seit Donnerstag die Fortsetzung des PC-Spieleklassikers SimCity, | |
einer komlexen Städtebausimulation, erhältlich – und wird durch fortgesetze | |
Serverausfälle [1][zum PR-Desaster] für den Hersteller Electronic Arts (EA) | |
und ein Lehrstück über die Probleme mit dem Kopierschutz. | |
Die Vorabbesprechungen waren überwiegend positiv. Die Fans ließen sich | |
nicht lange bitten und griffen in Massen zu, sobald die Downloads zur | |
Verfügung standen. Die Popularität des Spiels ist nun jedoch sein Problem. | |
Wegen des gewaltigen Ansturms auf die Server des Anbieters EA kommt es zu | |
erheblichen Einschränkungen in der Spielbarkeit SimCitys. | |
EA hat nämlich – wie schon für andere Spiele – die permanente | |
Synchronisation des Spiels zwischen dem Heimrechner und den Firmenservern | |
zur zwingenden Bedingung gemacht. Nicht nur Spielstände werden dort | |
gespeichert, der gesamte Spielablauf wird so gesteuert. Ohne ständige | |
Internetverbindung ist kein Spiel möglich. | |
Auf der anderen Seite heißt das aber auch: Hat der Anbieter ein | |
Verbindungsproblem, ist es ebenfalls vorbei mit dem Spielvergnügen. Und der | |
Anbieter hat ein gewaltiges, schon mehrere Tage andauerndes Problem. Die | |
hoffnungsvollen virtuellen StadtplanerInnen machen nun ihrem Ärger in den | |
Weiten des Internet Luft. Schließlich haben sie nicht wenig Geld für ein | |
disfunktionales Produkt ausgegeben. | |
## Alle Opel weg | |
Ob die inzwischen erfolgte Ankündigung EAs, zur Entschädigung der | |
enttäuschten Käufer ein anderes Spiel aus der eigenen Angebotspalette | |
kostenlos zur Verfügung zu stellen, reicht, den bereits entstandenen | |
Imageschaden irgendwie abzumildern, ist fraglich. | |
Was jedoch en passant durch das SimCity-Desaster deutlich in den Fokus | |
kommt, sind grundsätzliche Probleme mit dem Digital Rights Management | |
(DRM), dem Kopierschutz. EA erzwingt bei seinen Spielen die | |
Serververbindung ja vor allem, um die Verwendung unbezahlter Kopien zu | |
unterbinden. Alle NutzerInnen melden sich nach Kauf der Software mit einer | |
eigenen, nicht übertragbaren Seriennummer bei EA an und bleiben damit | |
eindeutig identifizierbar, solange sie das Spiel nutzen. | |
Dank dieser Kontrolle der „korrekten“ Verwendung einer Software wird sie | |
durch die Notwendigkeit der ständigen Verbindung mit dem Hersteller auch | |
ganz ohne dessen Serverprobleme in ihrer Funktionalität künstlich | |
eingeschränkt. Es braucht keine einsame Berghütte, um einmal ohne schnelle | |
Internetverbindung dazustehen. Was passiert, wenn zum Beispiel EA einmal in | |
Insolvenz ginge und seine Server einfach abgeschaltet würden, ist auch | |
klar: Das ordungsgemäß gekaufte und bezahlte Produkt SimCity hört für immer | |
auf zu funktionieren. | |
Man stelle sich vor, nach Schließung des letzten Opelwerkes würden alle | |
jemals produzierten Fahrzeuge dieser Marke nicht mehr fahren können, weil | |
die Zündung zum Schutz vor unerlaubtem Weiterverkauf des Fahrzeugs einer | |
Synchronisation mit einem Rüsselsheimer Server bedarf, der dann leider | |
nicht mehr existiert. | |
## Goldener Käfig | |
Nun ist es nicht so, das Simcity und EA ein Einzelfall sind. Gerade mit der | |
weiteren Verbreitung immer kleinerer Mobilgeräte (Stichwort Google Glasses | |
und iWatch) wird die Speicherung von Daten auf externen Servern und die | |
Bereitstellung von Software aus der mythischen Cloud zum Standard. Ein voll | |
funktionaler Rechner, der alle Daten und Applikationen an einem Ort | |
speichert, wird hingegen die Ausnahme sein. | |
Das muss nicht heißen, dass jedes Gerät oder Programm zum Totalausfall | |
wird, wenn auf der einen oder anderen Seite mal die Internetverbindung | |
abbricht. Dieses Problem ist tatsächlich einzig dem prinzipiellen | |
Misstrauen der Anbieter gegenüber ihrer Kundschaft geschuldet. Dem | |
Verkäufer Kontrollrechte über ein bereits verkauftes Produkt einzuräumen | |
ist der einzige Grund, Software so zu gestalten, dass sie ohne | |
Internetanbindung überhaupt nicht funktioniert. | |
Solange Softwarehersteller nicht an sich halten können und die maximale | |
Kontrolle über ihre Produkte ausüben wollen, werden sich Unfälle wie der | |
verkorkste Simcity-Start ereignen. Un solange werden Hersteller wie EA auch | |
damit leben müssen, dass ihre Kundschaft sehr ungehalten reagiert und die | |
Produktbewertungen bei Amazon in den Keller gehen, wenn die Serverleistung | |
mal nicht für eine reibungslose Überwachung ausreicht. | |
Digital Rights Management mag ein Käfig sein, egal: Hauptsache der Goldlack | |
blättert nicht ab. | |
10 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spiegel.de/netzwelt/games/serverfehler-sorgt-fuer-massive-simcit… | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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