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# taz.de -- Polizeiliche Provokation: Totenkopf-Foto mit Folgen
> Ein Polizist wurde suspendiert, weil er vor einer jüdischen Schule Fotos
> von einem Totenkopf mit Polizeimütze machte. Das schade dem Ansehen der
> Polizei, sagt Hamburgs Polizeipräsident.
Bild: Hier irgendwo soll das Foto von Totenkopf samt Polizeimütze entstanden s…
HAMBURG taz | Provokanter geht es kaum: Der Hamburger Polizeiangestellte
Andreas W. wählte als Profilbild auf seiner Facebook-Seite einen Totenkopf
mit Polizei-Schirmmütze. Das makabere Bild ist offensichtlich in einem
Container der Polizei aufgenommen worden, der vor dem historischen
Talmud-Tora-Gebäude – dem Sitz der jüdischen Gemeinde der Hansestadt im
Stadtteil Hoheluft – steht.
Hier war der 38-Jährige als Objektschützer eingesetzt. Der Mann ist von
Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch (SPD) nun wegen seiner mutmaßlich
rechten Gesinnung mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert worden.
Der Totenkopf war im Nationalsozialismus das Symbol für den Tod des Feindes
und den bedingungslosen Einsatz für die Ideen von Adolf Hitler. Die Mützen
und Uniformen der SS zierte der Totenkopf mit zwei gekreuzten Knochen
hinter dem Schädel. Verschiedene SS-Einheiten führten den Begriff
„Totenkopf“ mit im Namen. Darunter etwa die SS-Totenkopfverbände, die zur
Bewachung von Konzentrationslagern eingesetzt waren oder die berüchtigte 3.
SS-Panzergrenadier-Division „Totenkopf“.
## Gefährdetes Objekt
In dem Gebäudekomplex der jüdischen Gemeinde, vor dem der jetzt
suspendierte 38-Jährige eingesetzt war, befinden sich ein Kindergarten und
die jüdische Joseph-Carlebach-Schule. Es gilt in Hamburg als eines der
anschlagsgefährdeten Objekte und wird daher rund um die Uhr von der Polizei
bewacht – ebenso wie das einige hundert Meter entfernte US-Konsulat an der
Alster.
1994 hatte der damalige SPD-Innensenator Hartmut Wrocklage verfügt, dass
der Objektschutz aus Spargründen nicht mehr von verbeamteten Polizisten
übernommen werden soll, sondern von Angestellten im Polizeidienst, die
normalerweise auch für das Knöllchenschreiben eingesetzt werden können. Sie
sind zwar formal nur Angestellte und unterliegen daher nicht so scharfen
Einstellungskriterien und Überprüfungen wie Beamte auf Lebenszeit. Aber sie
tragen – wenn auch leicht modifizierte – Polizeiuniformen und sind
teilweise nach einer Objektschützer-Schulung mit Maschinenpistolen
ausgestattet.
Polizeipräsident Kopitzsch zeigte sich über den Skandal entrüstet. „Der
Präsident war entsetzt und hat die sofortige Freistellung vom Dienst mit
dem Ziel der fristlosen Entlassung verfügt“, sagt Hamburgs Polizeisprecher
Mirko Streiber. „Das Verhalten ist nicht hinnehmbar für das Ansehen der
Polizei.“
Der 38-Jährige selbst schweigt bisher zu dem Vorfall. Es werde zurzeit
geprüft, ob sein Verhalten auch strafrechtliche Konsequenzen wegen
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach sich
ziehe, so Streiber.
Das Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) hat den Fall übernommen. Das
Problem für die Ermittler wird jedoch sein, dass der Totenkopf oder das
Piraten-Emblem in abgewandelte Form auch andernorts gern als Symbol benutzt
wird.
## „Mein Kampf“ angepriesen
Nach Medienberichten soll das DIE schon einmal gegen den 2003 eingestellten
Polizeiangestellten Andreas W. ermittelt haben. Damals soll er im
Kollegenkreis Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ angepriesen haben. Das
Verfahren ist damals eingestellt worden.
Der Politologe und Ex-Leiter des Fachbereichs Rechts- und
Sozialwissenschaften an der Hochschule der Polizei in Münster, Hans-Gerd
Jaschke, glaubt, dass eine neue Studie zur fremdenfeindlichen Einstellung
bei der Polizei längst überfällig sei, jedoch der Apparat an „bad news“
kein Interesse habe. Schon frühere Untersuchungen hätten ergeben, dass
diskriminierendes Alltagsverhalten bei der Polizei gegen ethische Gruppen
oft „aus Gründen der Kameraderie und des Korpsgeistes goutiert oder
geduldet“ werde.
Die Gewerkschaft der Polizei verlangte am Mittwoch eine lückenlose
Aufklärung. Politische Extremisten hätten in der Polizei keinen Platz,
sagte der Hamburger Gewerkschaftschef Gerhard Kirsch dem NDR.
3 Apr 2013
## AUTOREN
P. Müller
A. Speit
## TAGS
Judentum
Hamburg
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hatte vor der jüdischen Schule ein Foto von einem Totenkopf mit
Polizeimütze gemacht.
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Objektschützer der einen Totenkopf vor einer jüdischen Schule
fotografierte.
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