| # taz.de -- Völkermord an den Deutschen?: Deutsch, vom Ohr bis zum Arsch | |
| > Der Schriftsteller Akif Pirinçci hat einen Völkermord an den Deutschen | |
| > ausgemacht. Die Täter: junge muslimische Männer. Er meint das todernst. | |
| Bild: Deutsche: Sie ahnen nicht, dass der „schleichende Völkermord“ schon … | |
| Wer war nochmal Akif Pirinçci? Genau, das war doch der, der Anfang der | |
| neunziger Jahre mit den Krimiromanen „Felidae“ und „Der Rumpf“ recht gr… | |
| Erfolg hatte; der Geschichte mit dem Katzendetektiv Fracis, die sogar | |
| verfilmt wurde. Und was hat der Mann danach gemacht? Weitere Romane | |
| geschrieben, ohne je wieder an seine frühen Erfolge anknüpfen zu können, | |
| was freilich kein Grund zur Häme ist, nicht einmal ein Qualitätsurteil. | |
| Seit dem vorigen Jahr aber macht Pirinçci noch etwas anderes: Er publiziert | |
| auf dem unter anderem von Henryk M. Broder betriebenen Webblog [1][„Die | |
| Achse des Guten“], wo neben Broder selbst ein so kluger und feinsinniger | |
| Autor wie [2][Hannes Stein] schreibt, aber auch [3][Cora Stephan] | |
| nimmermüde gegen die Zumutungen des Sozialstaates kämpft („Alles ganz | |
| schlimm“) und das Autorenduo [4][Maxeiner & Miersch] alternative | |
| Wetterberichte liefert („Alles nicht so schlimm“). | |
| Dort also veröffentlichte Pirinçci bereits Ende März unter dem Titel | |
| [5][„Das Schlachten hat begonnen“] einen Text, der nun, mit einiger | |
| Verspätung, so etwas wie eine Debatte ausgelöst hat. | |
| Und darum geht's: Pirinçci will eine „Serie von immer mehr und in immer | |
| kürzeren Abständen erfolgenden Bestialitäten“ beobachtet haben, „die | |
| zumeist von jungen Männern moslemischen Glaubens an deutschen Männern“ | |
| begangen würden. Deutsche Frauen würden „zumeist vergewaltigt“, wie auch | |
| „die meisten Vergewaltiger in Europa inzwischen Moslems“ seien. Morde und | |
| Vergewaltigungen seien Teile eines „evolutionären Vorgangs“, der nicht | |
| weniger bedeute als einen „schleichenden Völkermord“ an den Deutschen. | |
| Diese seien unter dem Joch einer „linksgrünen Gesinnungsdiktatur zu einem | |
| „Haufen von Duckmäusern“ pervertiert, weshalb sie dem Geschehen tatenlos | |
| zusehen würden. | |
| Völkersterben bei den Deutschen? Das ist doch [6][eine gute Nachricht], | |
| könnte man einwenden, ohne sich die Kritik gefallen lassen zu müssen, einen | |
| Genozid zu verherrlichen. Warum sollte man auch nicht über etwas spotten, | |
| das nur in der Fantasie eines Bonner Krimiautors und in den Postings | |
| sozialgestörter Internetdeppen existiert? Das ist derart irre, dass sich | |
| die Frage aufdrängt, ob der Text nicht ein Akt von Kommunikationsguerilla | |
| ist – [7][sowas soll ja hin und wieder vorkommen]. Aber nein, das ergab am | |
| Montag eine Nachfrage der taz, er meint das alles haargenau so. | |
| ## Beweisführung ohne Beweise | |
| Nun sind Untergangsfantasien in Deutschland seit jeher beliebt. Rechte | |
| Publizisten wie Oswald Spengler oder Friedrich Sieburg ließen vornehmlich | |
| die deutsche Nation untergehen, linke Apokalyptiker die gesamte Menschheit, | |
| wenn nicht gleich den Planeten. Seit geraumer Zeit kommen derlei Fantasien | |
| mit der Geste des politisch Verfolgten daher: Man wird ja wohl noch sagen | |
| dürfen, was gesagt werden muss. Das gilt für [8][Günter Grass] („Israel | |
| gefährdet den Weltfrieden“) wie für [9][Thilo Sarrazin] („Ausländer stö… | |
| den Hausfrieden“). | |
| Während [10][Henryk M. Broder] inzwischen den Text im Namen der | |
| Meinungsfreiheit verteidigt, kritisiert der Journalist und „Achse“-Autor | |
| [11][Tobias Kaufmann] das allzu Offensichtliche: „Pirinçci verwendet all | |
| die Codes und Argumente, die Kern der NPD-Ideologie sind.“ Die | |
| „Beweisführung ohne Beweise“ erinnere an die „9/11-Spinner, Antisemiten | |
| oder Anti-Gentechnik-Hysteriker“. | |
| Es wäre also zu viel der Ehre, Pirinçci als irgendwie relevante Stimme in | |
| der Auseinandersetzung zwischen [12][Ausländerschutzbeauftragten] und | |
| [13][Berufsislamkritikern] zu sehen, was man angesichts seines Textes im | |
| aktuellen Focus vielleicht noch denken könnte. Nein, sein Schreibschreib | |
| ist nach Form und Inhalt ordinärer rechtsextremer Internetdreck. Das gilt | |
| für den Originaltext, das gilt aber auch für die [14][Replik] auf den | |
| Bremer Journalisten [15][Jochen Grabler], den Pirinçci mit der sprachlichen | |
| Eleganz eines NPD-Kreisvorsitzenden als einen „aus dem Trog des linksgrün | |
| versifften Staatsfunks Radio Bremen saufenden Journalistendarsteller“ | |
| bezeichnet. | |
| „Ich bin mit jeder Faser Deutscher“, bekannte er vor vier Jahren an | |
| passender Stelle, nämlich dem Webblog [16][„Politically Incorrect“] – ei… | |
| für einen Schriftsteller höchst überraschende Aussage übrigens, die man | |
| sonst allenfalls von ein paar besonders einfältigen Wald- und | |
| Wiesendichtern hören dürfte, wie sich auch kein amerikanischer | |
| Schriftsteller von auch nur mittelmäßigem Rang als „mit jeder Faser | |
| Amerikaner“ bezeichnen würde. | |
| Pirinçci aber will nichts sein als Deutsch, Deutsch, Deutsch, von den Ohren | |
| bis zum Arsch, weshalb er auch weiß, welche Art von Katastrophe hierzulande | |
| besonders gut ankommt: ein echter Völkermord. Ein Völkermord, bei dem die | |
| Deutschen selbst Opfer sind – und zwar kein historischer und daher nur | |
| halber Völkermord (Dresden, Stasi), sondern einer, der heute und morgen | |
| stattfindet. | |
| ## Eine Interviewanfrage | |
| Das ist ein Teil der Geschichte. Der andere scheint sehr viel banaler: Am | |
| Montagsmittag hat die taz-Kollegin [17][Cigdem Akyol] eine Interviewanfrage | |
| an Pirinçci gestellt, was dieser sofort, noch ehe das Gespräch überhaupt | |
| stattgefunden hatte, auf [18][Facebook vermeldete]: „Heute gebe ich der taz | |
| ein Interview, allerdings nur schriftlich, damit sie mich nicht mit | |
| irgendwelchen Nachhakereien in die Pfanne hauen können.“ | |
| Nicht nur diese Einlassung – wer unbedingt will, kann sich an [19][gleicher | |
| Stelle] anschauen, wie Pirinçci seinen Kommentar im Focus schon vorab mit | |
| einer Aufgeregtheit verkündete, die man sonst nur von Praktikanten vor | |
| ihrer ersten Veröffentlichung im Lokalteil kennt – offenbart eine Gier nach | |
| Aufmerksamkeit, die fast schon bemitleidenswert ist. Aber nur fast. Und, | |
| Herr Pirinçci: In die Pfanne gehauen haben Sie sich selber. Kein Bedarf | |
| mehr. Und tschüss. | |
| 8 Apr 2013 | |
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| [18] http://www.facebook.com/akif.pirincci?fref=ts | |
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| Deniz Yücel | |
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