# taz.de -- Energie: Da hat’s gefunkt | |
> Im Kampf um das Stromnetz holt die Genossenschaft BürgerEnergie die | |
> Stadtwerke Schwäbisch Hall ins Boot. Opposition wirft Senat | |
> Geheimniskrämerei vor. | |
Bild: Die Debatte um die Stromnetzrekommunalisierung läuft. | |
Das Rennen um das Stromnetz in Berlin hat einen Bewerber weniger: Die | |
[1][Stadtwerke Schwäbisch Hall] haben ihre Bewerbung zurückgezogen. Sie | |
fungieren stattdessen als technischer Partner der Genossenschaft | |
[2][BürgerEnergie Berlin (BEB)], die die Konzession zusammen mit dem Land | |
übernehmen will. „Wir wollen und wir werden dieses Netz zurückholen, in | |
öffentliche und in Bürgerhand“, sagte BEB-Aufsichtsratschef [3][Hartmut | |
Gaßner] beim Netzgipfel der Genossenschaft am Samstag. | |
Bis zum 28. Mai müssen alle Unternehmen, die von 2015 an das Stromnetz | |
betreiben und damit eine solide Rendite verdienen wollen, [4][bei der | |
Senatsverwaltung für Finanzen] wirtschaftliche und technische Konzepte | |
vorlegen, um so ihre Eignung zu beweisen. Für das technische Know-how bei | |
der BEB sollen nun unter anderem die in Besitz von Schwäbisch Hall | |
befindlichen Stadtwerke sorgen, erst im Januar von der Deutschen | |
Umwelthilfe ausgezeichnet als [5][„Vorreiter der Energiewende“]. Mit dem | |
Netzbetrieb kennt sich das 470-Mitarbeiter-Unternehmen aus, wenn auch in | |
kleinerem Maßstab: Sowohl in Baden-Württemberg als auch in einer Gemeinde | |
nahe München betreibt es Strom-, Wasser-, Gas- und Wärmenetze. | |
Unterdessen wartet in Sachen Finanzen noch Arbeit auf die BEB. Sie wirbt | |
derzeit um Genossen, die Anteile zu je 100 Euro zeichnen und so Mitbesitzer | |
und -bestimmer über das Stromnetz werden sollen. Gegenwärtig hat die | |
Genossenschaft nach eigenen Angaben 5 Millionen von den nach Kalkulationen | |
notwendigen 100 Millionen Euro Eigenkapital für die Teilübernahme des | |
Netzes auf dem Konto. | |
Geht es nach den Plänen der Genossen, stünde am Ende ein Modell, in dem die | |
BEB eine Sperrminorität von 25,1 Prozent und das landeseigene Unternehmen | |
Berlin Energie die restlichen Anteile an der Betreibergesellschaft hält. | |
„Dass ein rein öffentliches Unternehmen ohne direkte Bürgerbeteiligung | |
nicht die beste Idee ist, das müsste seit dem Flughafen eigentlich jeder | |
wissen“, sagte Gaßner. | |
Eine vollständige Kommunalisierung ist erklärtes Ziel der Berliner SPD. | |
Deren Umweltsenator Michael Müller (SPD), zuständig für das weiter nur auf | |
dem Papier bestehende Landesunternehmen Berlin Energie, hatte eine | |
Einladung zum [6][Netzgipfel am Samstag] ausgeschlagen. Man wolle das | |
laufende Konzessionsverfahren nicht durch die Teilnahme an einer | |
Veranstaltung eines Mitbewerbers gefährden, hieß es aus der | |
Senatsverwaltung. Die Mitbewerber [7][Vattenfall] und | |
[8][//www.alliander.de/:Alliander] waren dagegen vertreten. Der schwedische | |
Staatskonzern, derzeitiger Betreiber des Stromnetzes, und das holländische | |
Kommunalunternehmen, das bereits die Ampeln in Berlin steuert, wollen beide | |
das Netz entweder allein oder zusammen mit dem Land betreiben. Eine | |
zusätzliche Kooperation mit der BEB sei für ihn ebenso vorstellbar, sagte | |
der Alliander-Aufsichtsratsvorsitzende Ton Doesburg. | |
Den Zuschlag erteilt der Senat [9][frühestens im September 2014]. Das | |
Abgeordnetenhaus muss zustimmen. Kommenden Oktober fällt erst einmal die | |
Entscheidung über die Ausgestaltung und Gewichtung der Vergabekriterien. | |
Das ist die wichtigste Stellschraube der Politik in einem ansonsten hoch | |
reglementierten Wettbewerbsverfahren: Gibt der Senat beispielsweise vor, | |
dass Umweltverträglichkeit und Verbraucherfreundlichkeit eine besonders | |
starke Rolle spielen sollen, könnte dies den strikt auf erneuerbare | |
Energien ausgerichteten Bewerbern und dem landeseigenen Unternehmen Berlin | |
Energie zupass kommen – so das Kalkül der Befürworter einer grünen | |
Rekommunalisierung. | |
Darum fordern Linke, Grüne und der hinter dem laufenden Volksbegehren | |
stehende Energietisch von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) | |
mehr Transparenz und Beteiligung der Öffentlichkeit an der | |
Kriterienentscheidung. „Das derzeitige Gebaren gleicht einer preußischen | |
Geheimbürokratie“, kritisierte Harald Wolf, der energiepolitische Sprecher | |
der Linken. | |
„Der Senat muss dem öffentlichen Interesse an dem Thema Rechnung tragen und | |
unverzüglich für die Beteiligung der Menschen sorgen“, forderte auch der | |
energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Schäfer. Zu spät ist es | |
dafür im Fall des ebenfalls laufenden Verfahrens über die [10][Vergabe des | |
Gasnetzes]: Die – bislang geheimen – Kriterien hat der Senat Anfang April | |
festgelegt. | |
28 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.stadtwerke-hall.de/ | |
[2] http://www.buerger-energie-berlin.de/ | |
[3] http://www.ggsc.de/team/anwaelte/hartmut_gassner.shtml | |
[4] http://www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/downloads/konzessionsverfahren-… | |
[5] http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=3016 | |
[6] http://www.buerger-energie-berlin.de/netzgipfel | |
[7] http://www.stromnetz-berlin.de/de/index.htm | |
[8] http://https | |
[9] http://www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/konzessionen/pr__sentation_konz… | |
[10] http://www.berlin.de/sen/finanzen/vermoegen/downloads/artikel.7370.php | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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