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# taz.de -- Polizeiruf 110 aus der Westernstadt: Oh, wie grau ist Brandenburg
> Es sind Wendeverlierer, die zum Betriebsausflug in die brandenburgische
> Westernstadt einfallen. Die Chefin entkommt nur knapp dem Tode, ihr
> Insulin war verschwunden.
Bild: Auftritt in der Westernkulisse: Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski und …
Ein Mann sitzt im Frühstücksraum eines Westernhotels mitten in Brandenburg,
er schneidet sein Brötchen auf und schaut seiner Chefin (Catherine
Flemming) beim Sterben zu. Die hat Diabetes, war soeben im eiskalten See
neben dem Hotel schwimmen – es ist Herbst im neuen RBB-„Polizeiruf“ – u…
kann sich nach einem Zuckerschock zwar noch an Land retten, doch ihre
Notfalltasche mit den Insulinspritzen ist verschwunden.
Nackt robbt sie schließlich über den Holzfußboden der Hotellobby und
schafft es nicht zum Telefon.
Die letzten Zuckungen eines missratenen Betriebsausflugs der Bootswerft
Stolze – zu DDR-Zeiten ein gut gehender Betrieb, nun vom Kapitalismus
beinahe aufgezehrt – tun weh.
Es ist gleichzeitig die stärkste Szene in „Vor aller Augen“, das eigentlich
mehr Sozialdrama (die Wende, ihre Verlierer) als Krimi sein will. Was auch
keine schlechte Idee war, denn die schnarchnasige
Beinahe-Mordfall-Geschichte ist nicht mehr als solide Fleißarbeit (Buch und
Regie: Bernd Böhlich) und ermittelt sich halt so weg.
Brandenburg ist grau und die Gesichter der Menschen sind leer. Weil sie,
wie die Mitarbeiter der Bootswerft Stolze, allesamt Wendeverlierer sind und
Sätze sagen wie: „Wer nichts erwartet, kann auch nicht enttäuscht werden.“
Noch 20 Jahre nach dem Mauerfall sind sie verzweifelt, weil sie am Telefon
Englisch sprechen sollen (die Sekretärin) oder mal „so ’ne Art Ökonom“
waren, und jetzt? „Einkäufer. Wenn’s was einzukaufen gibt.“
Und doch schafft es der Fall – allzu viel Herbstnebel und einer ganzer
Menge Klischees zum Trotz – glaubhaft zu bleiben. Was zu einem großen Teil
an Maria Simon liegt, deren heiter-leichtes Spiel der Kommissarin Olga
Lenski verhindert, dass der Fall vor lauter Bedeutungsschwere an sich
selbst erstickt.
Beinahe jedenfalls. „Man darf schimpfen, auf die Welt, auf das System, auf
korrupte Dumpinglöhne“, referiert sie am Ende. Aber einen Menschen sterben
lassen, „das darf man nicht.“
„Polizeiruf 110 – Vor aller Augen“; So., 20.15 Uhr, ARD
5 May 2013
## AUTOREN
Anna Klöpper
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Krimi
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