# taz.de -- Kommentar zur Streit um das Turbo-Abi: Schwierige Debatte | |
> In der Debatte um die Verlängerung der Schulzeit überlagern sich | |
> verschiedene Interessen und drohen schwer absehbare Konsequenzen, vor | |
> allem für die Stadtschule. Das macht den Diskurs diffus. | |
Bild: Nach Sicht der Initiative "G9-Jetzt-HH" sollten neun Jahre Gymnasium hint… | |
Die Debatte über das Turbo-Abitur in Hamburg ist schwierig zu führen. Denn | |
Eltern, die sich für ihr Kind am Gymnasium mehr Zeit wünschen, könnten es | |
ja zur Stadtteilschule geben. Eine Volksinitiative gegen das Turbo-Abitur | |
in acht Jahren wird von manchen gar als Angriff auf die Stadtteilschule | |
gesehen, die man um ihren Vorteil bringen will, mit dem sie für | |
leistungsstarke Schüler attraktiv wird. | |
Man kann dieser Elterninitiative vorwerfen, dass sie sich nur um die | |
Gymnasien Gedanken macht. Die Stadteilschulen müssen für alle Kinder da | |
sein und die Inklusion behinderter Schüler fast allein bewältigen. Das ist | |
nicht einzusehen. | |
Und doch hat die Kritik der Eltern ihre Berechtigung. Schließlich bietet | |
die Stadt Gymnasium an und immerhin die Hälfte der Eltern wählen diesen | |
Weg. Das Gymnasium bestimmt also das Leben vieler Kinder. Und so eine | |
einmal in Klasse 4 getroffene Entscheidung lässt sich nicht leicht | |
revidieren. Wie es den Turbo-Abiturienten geht und wie sie mit dem auch | |
verkürzten Bachelor-Studium zurecht kommen, wird vom Senat nicht | |
untersucht. | |
Die Politiker fast aller Parteien gehen auf die Sorgen der Eltern seit | |
Jahren nicht ein. Stattdessen werden die immer gleichen Beschwichtigungen | |
abgespult, man werde die Lehrinhalte straffen, für weniger Hausaufgaben | |
sorgen. Nur hilft das allein nicht. Es geht auch darum, dass den Schülern | |
die Zeit fehlt, um einfach nur Jugendliche zu sein und um eine eigene | |
Kultur zu entwickeln. Für die Elterngeneration, die ihre Jugend anders | |
erlebt hat, ist das ein Problem. Spätestens die zweite Stufe der | |
Volksinitiative, bei der in drei Wochen 62.000 Unterschriften nötig sind, | |
erfordert viel Engagement. Hier wird sich zeigen, wie groß der Leidensdruck | |
ist. Ob sich nur einige Eltern medienwirksam inszenieren oder ob es | |
wirklich ein Thema gibt, das viele Familien bewegt. | |
Schwierig bis unmöglich wird es dann, innerhalb der vorgegebenen Struktur | |
eine gute Lösung zu finden. Gestattet man den Gymnasien die Rückkehr zum | |
G9, besteht tatsächlich die Gefahr, dass die Stadtteilschule noch mehr zur | |
Restschule wird. Besser wäre dann zu sagen, eine Schule für alle bis Klasse | |
10, die den Kindern in der Oberstufe zwei, drei oder vier Jahre Zeit gibt, | |
je nachdem, was sie brauchen. Aber dann hat Hamburg wohl gleich den | |
nächsten Volksentscheid. | |
15 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Hamburg | |
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