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# taz.de -- Überteuerte Finaltickets für Wembley: Ein abgekartetes Spiel
> Die Ticketplattform Viagogo verdient auch am Champions-League-Finale in
> Wembley kräftig mit. Viele Fans halten das Geschäftsmodell für Abzocke.
Bild: Spitzenwert für ein Finalticket inklusive Futtern in der V.I.P-Lounge: 2…
Auf gut Glück sollten Fußballfans am Wochenende lieber nicht nach London
reisen. Scotland Yard ist es offenbar nicht recht, dass Massen von
Deutschen zum Finale der Champions League herbeiströmen, womöglich Bier in
der Öffentlichkeit trinken und Busse und Bahnen der englischen Hauptstadt
verstopfen. Es würde sie sowieso nichts anderes erwarten als schlechtes
Wetter und überfüllte Pubs, warnt die Polizei daher vorsorglich. Public
Viewing? For God’s sake!
Auch die Chance, noch eines der begehrten Tickets für das Endspiel im
Wembley-Stadion zu ergattern, sei verschwindend gering. Verantwortlich
hierfür sind aber nicht die Ordnungshüter auf der Insel, sondern ein
Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, das für viele Fans ein rotes Tuch ist:
Viagogo.
Mit dem Aufstieg des Ticketanbieters wurde der Schwarzmarkt fast
ausschließlich ins Internet verlagert. Viagogo bietet neben Karten für
Konzerte und Bundesligaspiele auch [1][zahlreiche Tickets] für das Duell
zwischen Bayern und Dortmund auf seiner Webseite an. Nach eigenen Angaben
sind es Hunderte nur für dieses Spiel. Alles ganz legal. Einen nicht
unerheblichen Haken gibt es jedoch: den Preis.
Zwischenzeitlich lag der Anschaffungswert für ein Finalticket, das als
Schmankerl immerhin noch ein Essen in der V.I.P.-Lounge beinhaltet, bei
rund 25.000 Euro. Im günstigsten Fall wechselte eine Karte für rund 1.000
Euro den Besitzer. Nach eigenen Angaben gibt Viagogo sie nicht selbst in
den Verkauf. Das Unternehmen versteht sich vielmehr als Plattform für den
Onlinehandel und kassiert für jedes abgeschlossene Geschäft eine Provision
von 25 Prozent.
## Karte für 25.000 Euro
15 Prozent des Preises muss der Käufer zahlen, 10 Prozent der Verkäufer. An
einer Karte für 25.000 Euro verdient Viagogo also mehr als 6.000 Euro. Kein
schlechter Preis für das Bereitstellen von ein paar Megabyte auf einem
Server und ein paar Mitarbeitern am Kundentelefon.
Doch mit der Vermittlung von Einzeltickets scheint sich Viagogo nicht
zufriedengeben zu wollen. Für die Reportage [2][„The ticket scandal“] des
englischen TV-Senders Channel 4 schleuste sich ein Reporter als Mitarbeiter
in das englische Büro von Viagogo ein und enthüllte, dass viele der Tickets
nicht von einzelnen Fans stammen, sondern von professionellen
Tickethändlern. Um die Ausstrahlung der Sendung zu verhindern, zog das
Unternehmen vor Gericht – und verlor.
Fragt man Michael Eckl, den Initiator der Fan-Protestaktion ViaNogo, ist
der Ticketvermittler ein „Schwarzmarkthändler übelster Couleur“. „Hier …
es um eine knallharte Abzocke an den Normalverdienern“, sagt Eckl. Das gehe
auch zulasten der Stimmung. „Setzen sich Anbieter wie Viagogo durch, werden
die Stadien auf klinisch saubere Art und Weise und Schritt für Schritt von
den echten Fußballfans befreit“, warnt er. Ins Stadion komme nur noch, wer
das passende Kleingeld habe.
Schuld an dem Erfolg des Systems Viagogo sei aber nicht nur das
Unternehmen, sondern auch die mit ihm kooperierenden Vereine. Für ein paar
Euro fünfzig an Prämien würden sie der Verlockung erliegen, selbst ein
bisschen vom legalisierten Schwarzmarkt zu profitieren. Standhaft sind in
der Bundesliga nur wenige Klubs, darunter Borussia Dortmund, Borussia
Mönchengladbach und Bayer Leverkusen. Der Hamburger SV hat nach massiven
Fanprotesten Abstand von dem umstrittenen Geschäftspartner genommen.
## Sicherer als der Schwarzmarkt
In der Pressestelle des Ticketvermittlers kann man die Kritik aus der
Fanszene nicht nachvollziehen. Viagogo sei viel sicherer als der
Schwarzmarkt, sagt Sprecher Steve Roest, der stattdessen lieber vom
„Zweitmarkt“ spricht. Denn Viagogo biete eine Garantie, einen Kundendienst
und eine sichere Lieferung. Wenn ein Ticket sich als gefälscht
herausstelle, bekomme der Käufer sein Geld zurück. Völlig risikolos ist
solch eine Bestellung allerdings nicht.
Wie aus zahlreichen Berichten von Fans hervorgeht, kommt es durchaus vor,
dass sich die Karten als ungültig herausstellen und der Ausflug zum Spiel
unfreiwillig in einer Kneipe vor dem Stadion endet. Selbst wenn der
Ticketpreis ersetzt wird, bleiben sie auf ihren Reisekosten sitzen.
Und Kundenservice hin oder her, dass Viagogo an dem Tickethandel
mitverdient und sich sogar als Heilsbringer geriert, stößt auch anderen
Fangruppen auf. „Was uns immer so stört, ist, dass die Verantwortlichen von
Viagogo so tun, als wenn sie der Welt etwas Gutes tun“, sagt Marc
Quambusch, Sprecher der Aktion [3][„Kein Zwanni – Fußball muss bezahlbar
sein“] und resümiert: „Sie schaffen keinen Mehrwert für die Fans. Die
Einzigen, denen sie etwas Gutes tun, sind sie selbst.“
23 May 2013
## LINKS
[1] http://www.viagogo.de/Sport-Tickets/Fussball/UEFA-Champions-League/UEFA-Cha…
[2] http://www.youtube.com/watch?v=WWlnL8drSdw
[3] http://kein-zwanni.de/index.html
## AUTOREN
Holger Vieth
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