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# taz.de -- Verbotene Entsorgung: Die Spur des Schrotts
> Ausgediente Elektrogeräte aus Deutschland werden via Hamburg in die
> Dritte Welt exportiert und dort unter skandalösen Bedingungen verwertet.
> Lesen Sie mehr am Kiosk.
Bild: Ausgediente Elektrogeräte: Weil das Kupfer wertvoll ist, werden giftige …
HAMBURG taz | Der Skandal spielt sich unter den Augen der Hamburger
Umweltbehörde ab. In der Billstraße, einem Sitz der Behörde, füllen Händler
Container und Altautos mit ausgedienten Computern, Fernsehgeräten und
Kühlschränken. Als gebraucht deklariert, wird die Ware im Hafen nach Afrika
eingeschifft und dort verscherbelt. Mit Glück sind einige der Geräte noch
ein paar Jahre brauchbar – der Großteil landet jedoch zu haarsträubenden
Bedingungen im Recycling. Die Behörden tun sich schwer, gegen den illegalen
Export von Elektroschrott vorzugehen, denn was noch als Gebrauchtgerät
durchgehen kann und was als Müll zu gelten hat, ist nicht so leicht
festzustellen.
Das bekannteste Beispiel für diese Art der Entsorgung ist der Agbogbloshie
Schrott-Markt in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Die Umweltorganisation
Greenpeace machte darauf aufmerksam, dass hier mit primitivsten und
entsprechend gesundheitsschädlichen Methoden Rohstoffe aus Elektrogeräten
gewonnen werden. Wie auch der Fernsehautor Christian Bock dokumentierte,
gewinnen hier Kinder und Jugendliche Kupfer, indem sie die weggeworfenen
Geräte zertrümmern und die übrig gebliebenen Verkleidungen und Träger
verbrennen, so dass nur das Metall übrig bleibt.
Greenpeace nahm Proben auf dem Schrottplatz und fand eine Vielzahl giftiger
Metalle und chemischer Verbindungen, wie sie für Elektrogeräte typisch
sind. Die Kinder arbeiten ungeschützt und mit bloßen Händen auf dem
Schrottplatz. Sie atmen den Staub und den dunklen schwarzen Rauch ein. Bock
erzählten die Kinder, sie bekämen Kopfschmerzen von der Arbeit mit dem
Elektroschrott. Mit dem Geld für die gewonnenen Rohstoffe versorgen sie
ihre Familien.
Nach einer Untersuchung des Hamburger Instituts Ökopol für das
Umweltbundesamt sind 2008 schätzungsweise 160.000 Tonnen ausgedienter
Elektrogeräte aus Deutschland exportiert worden – in erster Linie über
Hamburg und Bremen und vor allem nach Ghana, Nigeria, Südafrika, Vietnam,
Indien und auf die Philippinen. 750.000 Tonnen wurden zur geordneten
Verwertung und Entsorgung gesammelt, verkauft wurden 1,8 Millionen Tonnen
neuer Geräte (2006). Wegen der geringen Preise, die die Händler für die
ausgemusterten Geräte bezahlen, vermuten die Gutachter, dass die meisten
Geräte nicht in erster Linie zum Gebrauch, sondern zum Ausschlachten und
zum Rohstoff-Recycling exportiert werden.
Seit dem Jahr 2005 sind in der EU die Hersteller der Geräte verpflichtet,
diese zurückzunehmen und ordentlich zu entsorgen, also entweder
weiterzuverkaufen oder durch einen zertifizierten Betrieb recyceln zu
lassen. Die Abwicklung übernehmen bei Geräten aus Haushalten oder kleinen
Betrieben die kommunalen Recyclinghöfe. „Sie können jedes Gerät kostenlos
auf einem Recyclinghof abgeben“, sagt Reinhard Fiedler von der Hamburger
Stadtreinigung. Große Unternehmen regeln die Entsorgung direkt mit dem
Hersteller.
Elektronik-Müll auszuführen, ist bei Strafe verboten. In einem typischem
Fall, wie ihn Wolfgang Drücker von der Hamburger Umweltbehörde immer wieder
erlebt, ist ein Container vollgestapelt mit Monitoren oder Kühlschränken –
ein Teil davon brauchbar, ein Teil davon nicht. Doch ob die Geräte
tatsächlich unbrauchbar sind, lässt sich nicht immer so ohne weiteres
sagen.
„Die Schwierigkeit liegt in der Abgrenzung“, sagt Drücker. Ist ein
Fernseher äußerlich intakt und rauscht weiß, wenn er eingesteckt wird,
heißt das noch lange nicht, dass er tatsächlich funktioniert. Oder ein
Computer mit kaputtem CD-Laufwerk: Ist das ein Gebrauchtgerät oder Schrott?
Es sei schon vorgekommen, dass Exporteure gegen ein Ausfuhrverbot geklagt
und vor Gericht Recht bekommen hätten.
Drücker setzt seine Hoffnung auf eine EU-Richtlinie über Elektro- und
Elektronik-Altgeräte, die ab Mitte Februar in allen Mitgliedstaaten
umgesetzt sein muss. Demnach muss bei allen gebrauchten Geräten, die die
Union verlassen, nachgewiesen werden, dass sie noch etwas taugen. „Damit
hat man vollends die Umkehr der Beweislast“, sagt Drücker. Das ändere aber
nichts an den ökonomischen Verhältnissen. Der Anreiz, unbrauchbare Geräte
unter die Charge zu mischen und damit ein paar Euros extra zu machen,
bleibe bestehen. Nur die Kontrolle wird einfacher.
24 May 2013
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Handy
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