# taz.de -- Die Wahrheit: Massage mit Geisel | |
> Der FSV-Frankfurt-Fanklub Hatschongelb hat den FSV und den Fuß dessen | |
> flauschigen Maskottchens Franky fest im stahlharten Griff. | |
Bild: Die Maskottchenpranke wird, wie bei Footnappern üblich, mit dem Verlust … | |
Was bisher geschah: Die Fußballfreunde des kürzlich gegründeten Frankfurter | |
Fanklubs „Hatschongelb“ entführen den pelzigen Fuß des Maskottchens ihres | |
Zweitligavereins FSV Frankfurt. | |
Am 19. Mai saßen Stone, Präsident des FSV-Frankfurt-Fanklubs Hatschongelb, | |
Geschäftsführer Leon (immer noch 11), Lottofee Katja, die Schatzmeisterin, | |
die Gleichstellungsbeauftragte, die Weltgeistbeauftragte und ich in unserer | |
offiziellen Klubresidenz, der Totalkneipe Kyklamino, und guckten den | |
Bornheimer Raketenrecken bei ihrem letzten Saisonauftritt gegen den | |
„Zweitligavizemeister“ (muss es jetzt auch geben) Eintracht Braunschweig | |
zu. | |
Eine sogenannte Reporterin namens Christina Graf sinnierte pausenlos | |
darüber, „was sich im Abnehmerraum vorne drin befindet“, und als die | |
impertinente Gans tatsächlich in ihr dämliches Mikrofon quakte: „Morgen | |
findet hier die Aufstiegsparty statt, wie überall in Deutschland und der | |
Welt“, wandten wir uns von dem unwürdigen Schauspiel ab und dringenden | |
Angelegenheiten in Sachen Hatschongelb zu. | |
Zunächst erkiesten wir die Sentenz „Die Kickers, die ham doch nur alles | |
nausgebläut rechts und links“ aus Ror Wolfs Montage „Unsere schwarzblauen | |
Freunde vom Bornheimer Hang“ zum Fanklubmotto, dann semmelten wir bei zirka | |
„sechs Bier“ (Ror Wolf) jenes Erpresserschreiben herunter, das die | |
Grundfesten des FSV Frankfurt erschüttern sollte – selbstverständlich zum | |
Frommen des besten und kleinsten Großstadtvereins der Welt. | |
Zwei Tage später stellten wir der FSV-Führung unseren Forderungskatalog | |
über eine eigens eingerichtete Mailadresse und unter dem Betreff „Wenn | |
Ihnen Ihr Maskottchen Franky lieb und teuer ist, dann lesen Sie das“ zu: | |
„Am 12. Mai, nach dem letzten Heimspiel der Saison 2012/13, hat sich der | |
FSV-Fanklub Hatschongelb aus gewichtigen Gründen dazu gezwungen gesehen, im | |
Rahmen inoffizieller Feierlichkeiten einen Fuß des Maskottchens Franky zu | |
entführen. Wir, die Mitglieder des offiziellen FSV-Fanklubs Hatschongelb | |
(HSK), sind bereit, den flauschigen Stoffuß wiederherauszurücken, sofern | |
vonseiten des Vereins folgende Forderungen erfüllt werden: | |
1) Der FSV spielt in der kommenden Saison in schwarzblauen Trikots. | |
2) Mindestens elf Spieler des Kaders der ersten Mannschaft treten | |
bedingungslos dem Fanklub (FK) HSK bei und entrichten einen Jahresbeitrag | |
von einem (in Zahlen: 1) Euro und zwei (in Zahlen: 2) Cent. | |
3) Wenn nicht elf, dann, auf Geheiß des HSK-Geschäftsführers Leon Thorwarth | |
(elf Jahre), Patric Klandt. | |
4) Dem FK HSK wird auf Grund dieser, unter uns, Lappalie kein Stadionverbot | |
erteilt. Nie! Nimmer! | |
5) Wir wollen ein Bier mit Benno Möhlmann trinken. | |
6) Benno Möhlmann muss nicht (unbedingt) blechen. | |
7) Wir sind im Gegenzug bereit, unsere Schatzmeisterin Jenny M., die in | |
dieser Causa eine gewisse Verantwortung nicht in Abrede stellen kann, einem | |
zweiminütigen Schauprozess zu unterziehen, vorausgesetzt, der FSV ist uns | |
nicht böse. | |
8) Insbesondere unsere Gleichstellungsbeauftragte Sybille W. verlangt, dass | |
Franky aus seiner elenden sozialen Lage befreit wird und fürderhin eine | |
einem Maskottchen gebührende ruhige Kugel schieben darf. | |
9) Ab der neuen Saison sind dem Maskottchen einmal pro Jahr auf | |
Vereinskosten eine Fußmassage und eine Pediküre zu gewähren. | |
10) Das Maskottchen kriegt eine Pizza. | |
11) Und eine Cola. | |
Diese Forderungen sind nicht verhandelbar.“ | |
Das war gepfeffert. Und um den magenbitteren Ernst unserer Ansinnen zu | |
unterstreichen, hängten wir ein Foto von Frankys Fuß an, auf dem zu sehen | |
war, wie dessen linke Zehe mit einer gelben (sic!) Schere abgeschnitten zu | |
werden drohte; sowie ein Gruppenbild mit neun HSK-Mitgliedern. | |
Exakt eine Stunde danach antwortete FSV-Geschäftsführer Jens-Uwe Münker. Er | |
wolle, schrieb er, „zunächst einmal klarstellen: Ein FSV Frankfurt ist | |
nicht erpressbar!“ Haha, das glaubte er wohl selber nicht – wir rieben uns | |
die Hände, die den FSV im stahlharten Griff hatten –, weshalb er auch | |
sogleich signalisierte, man sei „gerne bereit, eine Lösung zu finden. | |
Sollte dies allerdings nicht gelingen, drohe ich jetzt schon an, dass | |
Franky eine Fußprothese bekommt!“ | |
War Münkers mitleidlose Drohung (welcher Fußballverein hat jemals sein | |
Maskottchen als Krüppel auf den Platz geschickt?) nicht ein Zeichen | |
allergrößter Schwäche? War sie. Denn nun kommentierte er unsere | |
Bombenforderungen wie folgt: Die erste werde „erfüllt“, die zweite sei | |
„abgelehnt“, die dritte „verhandelbar“, die vierte werde „erfüllt“… | |
Zusatz: „Kleiner Tip für die Zukunft: Bei Geiselnahmen keine unmaskierten | |
Ganzkörperaufnahmen mehr versenden. Ansonsten Stadionverbot wegen | |
erwiesener Unfähigkeit zur Geiselnahme.“ | |
Tja, nun ja, gut. Eins zu null für den FSV. Und Münker hatte jetzt | |
plötzlich Oberwasser. Das Bier mit Benno Möhlmann sei „eventuell“ drin, | |
wenn („unverhandelbar“) HSK zahle, der Schauprozess gegen Jenny M. müsse | |
sein, Punkt acht werde zurückgewiesen, weil Franky nur siebzehn Mal im Jahr | |
arbeiten müsse und „also 348 Tage Jahresurlaub“ habe, zudem „einen festen | |
Arbeitsplatz und immer die neuesten Klamotten umsonst vom Verein. Hier | |
fordere ich Gleichbehandlung und die gleichen Konditionen für alle | |
Arbeitnehmer in Deutschland!“ | |
Hoppla und zugenäht! Gegen Letzteres ließ sich ja schwerlich auch nur ein | |
geflüstertes Wörtchen einwenden. Voll in Fahrt, stimmte Münker alsdann | |
unserer Forderung nach Fußmassage und Pediküre scheinkonziliant zu („Dies | |
übernimmt ab sofort die Fanbetreuung. Herr Eimer ist informiert!“), um uns | |
abschließend die Punkte zehn und elf um die Ohren zu hauen („Franky hat den | |
BMI überschritten“) und in einem Postskriptum anzumerken: „Warum wird | |
Hatschongelb mit HSK abgekürzt? Ich suche immer noch das K?“ | |
Das war ein Leberhaken. Hastig und hurtig entfernten wir das K aus unserem | |
Kürzel und stopften ein G in unser nunmehr gültiges Gürzel, sammelten uns, | |
griffen zum anonymen Fanklubmobiltelefon und vereinbarten mit kunstvoll | |
verstellten Stimmen für den nächsten Vormittag einen Verhandlungstermin auf | |
der Geschäftsstelle des FSV. | |
Wovon hier in Bälde franky und frei, ja schonungslos zu berichten sein wird | |
… | |
2 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Roth | |
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