# taz.de -- Die Wahrheit: Schöne Öde | |
> Zum Rückrundenstart der Fußball-Bundesliga: Ein knurriger Ausblick. | |
Bild: Von Freude übermannt, umarmen sich die Spieler des designierten deutsche… | |
Anlässlich der neuerlichen Wahl Lionel Messis zum Weltfußballer oder zum | |
Fußballer aller Galaxien moserte kürzlich der Scheidungsweltmeister Lothar | |
Matthäus in bestem mittelfränkischem Hochdeutsch herum, es komme ihm vor, | |
„als wenn Fußball nur noch in Spanien gespielt wird“. Und er schob | |
hinterher: „Man muss anerkennen, dass Messi ein Superjahr gehabt hat, auch | |
wenn er nicht die großen Titel gewonnen hat, denn die sind ja höher | |
einzustufen. Die Wahl geht in Ordnung, auch wenn es langsam langweilig | |
wird.“ | |
Ja – langweilig, fad, öde: Das gefällt uns in diesen Zeiten des der | |
zügellosen, hysterischen Vandervaartisierung (Bild: „Verletzung wegen | |
Ehe-Aus?“), ja, das begeistert uns regelrecht am gegenwärtigen Fußball, | |
insbesondere an der Bundesliga. Da tut sich nämlich nichts mehr, da | |
passiert gar nichts, da ist alles gelaufen, durch, abgefrühstückt, da ist | |
die Messe gelesen, es sei denn, der Papst, der den lieben, langen Tag unter | |
dem Auge Gottes gewissermaßen auf Gottes Augenhöhe herumgammelt, reißt sich | |
am Riemen und schreitet ein. | |
Nein, die Rückrunde der Spielzeit 2012/13, der „Saison der Bayern“ (Günter | |
Netzer im Bundesliga TV, Donnerwetter, Spitzenstatement!), sie ist | |
„Formsache“ ([1][www.goal.com], Süddeutsche Zeitung), denn die Getreuen des | |
Jupp Heynckes werden, so Netzer, „wenn’s notwendig ist, gewinnen“ (was f�… | |
ein Experte, mein lieber Mann!). | |
„Wir waren schon wieder gut“, meinte Franck Ribéry nach dem 5:0 gegen | |
Schalke in Doha, Mario Gómez ließ lässig und „bestens gelaunt“ | |
([2][www.sport1.de]) fallen: „Da läuft die Kugel wie am Schnürchen“ | |
(ohojojo!), und der Chefcoach machte jedem, der’s so dringend wie wir | |
wissen wollte, klar: „Wir werden nicht von unserem Weg abgehen, es wird | |
kein Schlendrian einsetzen.“ | |
Na also. Matthias Sammer, der Sportchef des FCB, dieser in solch erquickend | |
geruhsamen Fußballzeiten noch gewaltiger als gewöhnlich nervende | |
„Ehrgeizling“ und „Egomane“ (Hamburger Abendblatt), braucht sich da | |
überhaupt nicht aufzuplustern und in die liebliche, schlummerschöne | |
Landschaft zu röhren: „Der Anfang ist gut, mehr nicht!“ – „Wir müssen | |
konzentriert weiterarbeiten, dürfen nicht nachlassen!“ – „Das Optimum mu… | |
Normalität sein!“ | |
Das Kind ist geschaukelt und gewickelt, Jürgen Klopp, für den Kicker der | |
„Mann des Jahres 2012“, hat’s bestätigt und unterschrieben: „Den Bayer… | |
die Meisterschaft nicht mehr zu nehmen.“ Selbst wenn man jetzt den | |
„verlorenen Sohn“ Nuri Sahin heimgeholt hat ins Borussenreich. | |
Zugegeben, auch heuer kriegen wir maßlos unausstehliche Vereine wie | |
Stuttgart, Düsseldorf, Wolfsburg und zumal Hoffenheim wieder nicht weg, da | |
könnten wir schreiben, bis die Wörter explodierten, da könnten wir | |
polemisieren und demoralisieren, bis der Anwalt käme, da geht einfach | |
nichts mehr, der Käse ist gebissen, der Kuchen aufgeteilt, und die braven | |
Fürther und die arglosen Augsburger werden retourrauschen in die uns | |
gänzlich ferne zweite Liga. | |
Aber den Preis entrichten wir gern, den zahlen wir mit einem sanften | |
Lächeln, zufrieden ob der folgenden siebzehn Wochenenden voller | |
Gelassenheit und Besonnenheit, und stoisch, in „männlicher Stabilität“ | |
(Sammer) und mit einer leicht hingeworfenen Geste des Gleichmuts werden wir | |
das unverändert „öde Gesabber“ (Die Welt) aus Spieler-, Trainer-, | |
Funktionärs- und Journalistenmündern über uns ergehen lassen. | |
„Javier Pinola ist eigentlich nicht mehr wegzudenken aus Nürnberg, also | |
bleibt er einfach da“, befanden die Nürnberger Nachrichten jüngst zum Stand | |
der Vertragsverhandlungen zwischen dem mitunter melancholisch | |
dreinblickenden Argentinier und dem 1. FC Nürnberg. Und der redliche | |
Mittelfeldwühler versetzte auf Nachfrage des Blattes: „Das wird kein | |
Problem sein.“ | |
Der Club sei eine „mit den Mitteln der Wissenschaft überhaupt nicht zu | |
erklärende Erscheinung“, schreibt Klaus Schamberger in „Mein Nürnberg-Buc… | |
(Cadolzburg 1997), und der ehemalige Reporter der Abendzeitung, der die | |
legendäre Titelzeile schuf: „Der Glubb is’ a Depp“, fügt hinzu: „Mit … | |
drei Möglichkeiten des Ausgangs eines Fußballspiels ist der sogenannte | |
Club-Fan gleichermaßen zufrieden.“ | |
Und in diesem Sinne: schau und hör ich mir den ganzen Schmarren erst gar | |
nicht an. | |
16 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.goal.com | |
[2] http://www.sport1.de | |
## AUTOREN | |
Jürgen Roth | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |