| # taz.de -- Die Wahrheit: Her mit den kleinen Aufreißkünstlern! | |
| > Was muss ich denn noch tun, um von einem Pick-Up Artist kunstvoll | |
| > mitgeschnackt zu werden? Kann womöglich ein Hund helfen? | |
| Bild: Unterhalten sich grade vielleicht über „The Game“. | |
| Thetan! Platz! Thetan! Hierher! Sitz! Gib Pfötchen … so ist’s brav. Das | |
| werde ich mal ausprobieren, mit einem geliehenen Hund, in dessen Namen | |
| ebenfalls die Vokale e und a vorkommen (angeblich können Hunde ja keine | |
| Konsonanten differenzieren), und zwar in der Nähe eines | |
| Scientologenstandes. | |
| Vielleicht passiert dann endlich mal etwas! Und ich werde zum Auditing | |
| eingeladen oder auf einen Tee und einen kleinen Plausch über den | |
| Xenu-Mythos. Denn sonst sprechen die mich ja ums Verrecken nicht an, da | |
| kann ich noch so oft geheimbündlerisch an den Ständen vorbeischlendern und | |
| in mein Handy Gesprächsfetzen wie „Weiß einfach nicht mehr, wohin mit dem | |
| vielen Geld“ oder „Bin so labil gerade“ murmeln. | |
| Die Scientologen versuchen nicht einmal, mir ihre lustigen kleinen | |
| Schnapsideen nahezubringen. Haben wohl zu viel damit zu tun, Hollywood zu | |
| unterwandern und Will Smith’ Kinder einzuwickeln. Dabei gäbe es doch ein | |
| großes Hallo, wenn sie plötzlich auch deutschen Topstars ordentlich das | |
| Gehirn waschen würden. Gottlieb Wendehals oder so. Aber nein, ich habe das | |
| eingeschnappte Gefühl, weder Wendehals noch ich existieren für diese Art | |
| von Menschen. | |
| Genauso wenig Erfahrung wie mit der ulkigen Nenn-mich-nicht-Sekte-Sekte | |
| habe ich mit Pick-Up Artists, dem neuen Ding im Zwischenmenschlichen. | |
| Angeblich ist der Begriff seit dem Erfolg der Serie „How I Met Your Mother“ | |
| und diversen pseudowissenschaftlichen Paartherapiebüchern in aller Munde. | |
| Aber ich frage mich schon lange: Was muss ich denn noch tun, um von einem | |
| Pick-Up Artist kunstvoll mitgeschnackt zu werden? | |
| Es handelt sich dabei übrigens um unattraktive Männer, die einen ins Bett | |
| kriegen, obwohl man keinerlei Interesse an ihnen hat, und zwar, das habe | |
| ich neulich erstaunt gelesen, mit dem Trick, erst Komplimente zu machen und | |
| dann Beleidigungen auszuteilen. Und unattraktiv müssen sie sein, denn wenn | |
| sie aussähen wie Robert Redford in „Die drei Tage des Condor“, wäre | |
| Überredung kaum nötig. | |
| Angeblich werden die Frauen in solchen Situationen umgehend so süchtig nach | |
| den Komplimenten, dass sie denken: „Huch, jetzt findet dieser | |
| bemitleidenswerte Nervkopp mich plötzlich doof? Hä?!“. Und landen aus | |
| reiner Verwirrung nackt im falschen Hotelbett. Aber einleuchtend klingt das | |
| nicht. | |
| Ich bin wohl weder der Scientologen-, noch der Pick-Up-Typ. Allerdings habe | |
| ich mir auch schon so einiges schöngesoffen, nur habe ich den Kunstgriff | |
| dabei immer bei mir vermutet. Wer weiß, ob da nicht in Wirklichkeit ein | |
| Pick-Up Artist dahintersteckte und ich ihn mit dem üblichen Saufkumpan | |
| verwechselte. Sollte das Artistische an der Aufreißkunst tatsächlich bloß | |
| in gemeinsamem Alkoholkonsum bestehen, ist das jedenfalls der älteste Hut | |
| der Welt. | |
| Dabei fällt mir ein bemerkenswerter Abschiedsgruß ein, den ich neulich bei | |
| zwei fröhlich betrunkenen jungen Tippelbrüdern in der U-Bahn miterleben | |
| durfte. „Tschüss, mein Lieber!“, sagte der mit den Dreadlocks zu dem mit | |
| den schmutzigen Füßen. Und der antwortete gut gelaunt: „Zähne putzen!“ | |
| 6 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jenni Zylka | |
| ## TAGS | |
| Pick-up Artists | |
| Brille | |
| Sexismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Wahrheit: Mein Martinshorn | |
| Endlich mal Starsky & Hutch sein: Ich spiele bereits seit einiger Zeit mit | |
| dem Gedanken, meinen Oldtimer mit einem „Martinshorn“ aufzurüsten. | |
| Die Wahrheit: Milchaufschäumende Zehensandalen | |
| Schlimm: Gentrifizierer-Schuhe aus rotschwarzem Gummi. Schlimmer: | |
| Bloggerinnenbrillen aus Fensterglas oder kindischen Plus-1-Dioptrin-Werten. | |
| „Pick-Up Artists“ in Berlin: Aufreißer mit System | |
| Ansprechen, Manipulieren, Flachlegen: Die „Pick-Up Artists“ flirten | |
| systematisch. Alles nur harmlose Liebes-Künstler oder sexistische Machos? |