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# taz.de -- Erfolgsabhänige Honorare bei Golem.de: Abgerechnet wird zum Schluss
> Das IT-Nachrichtenportal Golem.de will auch Laien schreiben lassen – und
> unter anderem nach Hits bezahlen. Journalistenverbände zeigen sich
> besorgt.
Bild: Journalismus für Profis – von schlecht bezahlten Anfängern?
„Dass das alles ganz schwierig ist, das ist klar.“ Jens Ihlenfeld ist am
Flughafen, als er diesen gestressten Satz ins Telefon sagt. Der
Geschäftsführer des IT-Nachrichtenportals [1][Golem.de] muss sich gerade
einige Vorwürfe gefallen lassen, weil künftig neben einem Dutzend
Fachjournalisten ebenso Blogger auf Golem veröffentlichen – gegen eine
Bezahlung, die auch von der Höhe der Klickzahlen bestimmt wird.
Mit der Rekrutierung von Laienjournalisten will Ihlenfeld seine Seite
öffnen, denn: Verlage müssten sich heutzutage „mehr als Dienstleister für
die Autoren verstehen“. Sein Modell für die Autorenhonorare kann der
Golem-Gründer selbst noch nicht erklären, es sei eben ein „Experiment“.
Für jeden Artikel eines Bloggers werde die Bezahlung individuell
ausgehandelt. Ist das Thema bislang kaum vertreten auf Golem? Dann gibt es
etwas mehr. Ist ein Autor noch unbekannt? Das drückt den Preis. Wird ein
veröffentlichter Artikel wenig angeklickt? Gibt es weniger Honorar. Aber
ist das Thema in den Augen der Golem-Redakteure wichtig? Dann ist jeder
Klick mehr wert. Die Bezahlung werde sich irgendwo zwischen 100 und 3.000
Euro pro Text einpendeln, sagt Jens Ihlenfeld und stiftet damit mehr
Verwirrung denn je.
Kathrin Hartmann vom Berufsverband Freischreiber rät von solchen Angeboten
ab. „Wir fordern, dass Autoren immer nach dem Aufwand für ihre Arbeit
bezahlt werden“, sagt sie. Ein Honorar erst nach erbrachter Leistung
festzulegen, findet die Organisation der selbständigen Journalisten Unsinn:
„Ich sage meinem Bäcker ja auch nicht erst nach dem Essen, was mir das
Brötchen wert gewesen ist.“ Zu Ihlenfelds Ankündigung einer „veränderten
Verteilung von Chancen und Risiken“ sagt Hartmann: „Das ist so ein
PR-Geschwätz, da gehen bei mir alle Warnlampen an.“
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) schlägt in dieselbe Kerbe – und
sieht das letzte bisschen Verlässlichkeit für freie Journalisten wackeln.
„In dem Golem-Modell sähen wir dann eine ernsthafte Gefahr, wenn es
tatsächlich zu einem Modell würde, das massenhaft Nachahmer fände. Aber so
weit dürfte es dann doch nicht kommen“, hofft DJV-Sprecher Hendrik Zörner.
## Das Risiko wird abgeladen
Ihlenfeld selbst räumt beim Thema erfolgsabhängige Bezahlung ein: „Damit
laden wir das Risiko zu einem Teil beim Einzelnen ab.“ Doch zugleich wirbt
er für dieses Bonimodell. „Wenn ein Artikel 200.000 mal abgerufen wird,
hatten bisher nur wir etwas davon“, sagt Ihlenfeld und schiebt hinterher:
„Wir wollen den Unternehmer im Journalisten ansprechen.“
Den Unternehmer in sich muss Tobias Gillen jeden Tag wecken. Der
Medienjournalist und Blogger arbeitet frei und kämpft wie alle
Selbstständigen jeden Monat neu, genug Geld in die Haushaltskasse zu
bringen. Auch für Golem schreibt er gelegentlich und sieht die Zahl der
Mitbewerber generell wachsen: „Wenn sich dieses Modell durchsetzt, wird die
Konkurrenz unter den Autoren weiter zunehmen. Es ist ja schon jetzt schwer,
seine Themen auf Nachrichtenseiten unterzubringen.“
Golem verspricht aber, anders als etwa die [2][Huffington Post], nicht auf
Masse und Mainstream zu setzen. „Unsere Themen bewegen sich ja ohnehin in
einer Fachecke“, sagt Ihlenfeld. Darum könnten Textanbieter kaum in
Versuchung kommen, nur Themen anzubieten, die Klicks einbringen. Mehr
„große schöne Texte“ soll das Honorarmodell auf die Seite spülen und im
Unterschied zur „HuffPo“ sollen Blogger daran verdienen.
Ihlenfelds Team will aussieben. Knapp 40 Interessenten meldeten sich binnen
weniger Stunden – die meisten erhielten wegen schlechter Textproben oder
unpassender Themenvorschläge eine Absage.
11 Jun 2013
## LINKS
[1] http://Golem.de
[2] http://www.huffingtonpost.com/
## AUTOREN
Jens Twiehaus
## TAGS
Freischreiber
DJV
Online-Journalismus
Honorare
Huffington Post
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