| # taz.de -- Filmstart „World War Z“: Wieder mal die Welt retten | |
| > Schwarmintelligenz der Apokalypse: In „World War Z“ lässt Marc Forster | |
| > die Zombies frei und schickt Brad Pitt in einen weltweiten Kampf mit den | |
| > Untoten. | |
| Bild: Panik in Jerusalem: Gerry Lane (Brad Pitt, Mitte) und die Elitesoldatin S… | |
| Trautes Familienglück beim morgendlichen Frühstück: reich gedeckt der | |
| Tisch, liebevoll stupsig der Umgang miteinander – wattierter Wohlstand in | |
| Weltwirtschaftskrisenzeiten. Im Hintergrund berichtet ein Fernseher von | |
| Katastrophen weit weg – Television im Wortsinn, ein Blick in die Ferne. | |
| Doch zwischen Familienidyll und der Krise liegen nur wenige Schnitte und | |
| eine Autofahrt ins Zentrum Philadelphias. | |
| Dort lässt eine Explosion mitten in der Stadt an jüngste Terrorbilder aus | |
| Boston denken und in sich überschlagender Rasanz mündet ein Stau in | |
| wuselndes Chaos: Tollwütige Ex-Menschen überrennen die Stadt, beißen um | |
| sich, infizieren andere. Kollaps im rasenden Vollzug. | |
| In diesen Momenten ist Marc Forsters äußerst lose Adaption von Max Brooks’ | |
| gleichnamiger Romanvorlage am stärksten: Wenn sie die Verlässlichkeiten und | |
| festen Bezugspunkte einer sortierten Welt auf kataklysmische Weise zum | |
| Einsturz bringt und auch das Kinopublikum mitten hinein in die hektische | |
| Unübersichtlichkeit der Ameisenperspektive wirft, aus der nur vereinzelt | |
| Helikopterpanoramen herausführen. | |
| ## Der Polizist bei der Plünderung | |
| Selbst diese Bilder bergen weder Trost noch Rückzugsmöglichkeiten, sondern | |
| allein die melancholische Schau auf eine Welt, die im Begriff ist, binnen | |
| Sekunden zu vergehen. Bei den Supermarktplünderungen am Abend ist dann | |
| schon nichts mehr wie es war: Ein Polizist stiftet keine Ordnung, sondern | |
| nutzt seine Waffengewalt allein, um sich verbliebene Ressourcen zu sichern. | |
| Schade, dass Forster diesen furiosen Einstieg in ein insbesondere von | |
| George A. Romeros Meisterwerken „Dawn of the Dead“ und „Day of the Dead“ | |
| inspiriertes Zombieversum nicht als Sprungbrett für einen | |
| episch-existenzialistischen Apokalypse-Reißer genutzt hat. Die Anlage dafür | |
| wäre da gewesen, etwa auch in den klaustrophobischen Szenen, in denen sich | |
| Brad Pitt als Familienpapa mit Kurt-Cobain-Frisur samt Sippe aus einem | |
| Wohnhaus befreit. Stattdessen entschied man sich für eine eigentlich recht | |
| fade Weltenrettergeschichte, in der Pitt im Staatsauftrag um den Globus | |
| spurtet, um den Ursprung der grassierenden Seuche und vielleicht sogar ein | |
| Gegenmittel ausfindig zu machen. | |
| ## Point-&-Click-Adventuregame | |
| Und das fühlt sich an wie ein klassisches Point-&-Click-Adventuregame: Neue | |
| Location, mit Leuten reden, Schlüsse ziehen, Dinge mitnehmen, Dinge nutzen, | |
| vor Zombies abhauen, die mit Sicherheit überall dort, wo Pitt auftaucht, im | |
| Nu ebenfalls erscheinen. | |
| Die raumgreifende Geste des Films – von der Küche geht’s nach Philadelphia, | |
| dann auf einen Stützpunkt auf dem Meer, über Südkorea schließlich nach | |
| Israel – schnurrt schließlich brennpunktartig zusammen: Das Schicksal der | |
| Menschheit entscheidet sich auf wenigen Quadratmetern, in einem Akt | |
| antiklimatischer Entschleunigung, der im krassen Gegensatz zum furiosen | |
| Beginn des Films steht. | |
| Immerhin gelingen doch auch ein paar starke Bilder: Der Zombiefilm | |
| Romero’scher Prägart verhandelte schon immer die Widersprüche des | |
| Individuums in der Massengesellschaft. | |
| ## Der Zwang zur Konformität | |
| Je nach politischer Ausrichtung der Lesart stehen die Zombies für den | |
| Konformitätszwang der kapitalistischen Gesellschaften oder die drohende | |
| De-Individuierung durch den Kommunismus. Was Forster mit seinen Zombies | |
| atemberaubend auf den Punkt bringt, ist der Alpdruck der schieren, von | |
| ideologischen Zuschreibungen freien Masse als solche, deren je sehr dumme | |
| Protagonisten quasi-schwarmintelligent jeden Wall durch Aufschichtung | |
| überrennen und Straßen und Gassen ganz einfach organisch fluten. | |
| Doch wurmstichig wird diese Lust am Bild spätestens dann, wenn im | |
| triumphalen Schluss Leichenberge unter Beschuss genommen werden, deren | |
| ikonografische Spuren direkt nach Auschwitz-Birkenau führen. Abschließende | |
| ästhetische Entgleisung eines ziemlich orientierungslosen Films. | |
| ## | |
| ## „World War Z“, Regie: Marc Forster, mit Brad Pitt, Mirielle Enos u. a., | |
| USA/Malta 2013, 116 Min. | |
| 26 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Groh | |
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