# taz.de -- Bezahldienst Flattr sucht neue Nutzer: Geldgeschenk gegen Mitglieds… | |
> Neuerdings können Nutzer auf YouTube und Flickr Urhebern von Inhalten | |
> Minispenden zahlen. Um das Geld zu bekommen, muss man aber | |
> Flattr-Mitglied werden. | |
Bild: Auf der Suche nach neuen Mitgliedern: Flattr-Chef Linus Olsson mit Kolleg… | |
BERLIN taz | „Sei der Bote für Schöpfer“, prangt die Überschrift eines | |
[1][Appells] auf der Homepage des schwedischen Mikro-Bezahldienstes Flattr. | |
Die User, die diese Zeilen lesen, sollen den Urhebern von Inhalten wie | |
Videos, Musik, Fotos oder Podcasts zu ihrem „wohlverdienten Geld“ | |
verhelfen. Sie sollen die „Schöpfer“ der auf insgesamt sieben Social- | |
Media-Seiten veröffentlichten Inhalte durch Mails dazu bringen, sich einen | |
Flattr-Konto anzulegen. | |
Künftig solle der Dienst von Flattr weiter ausgebaut werden, damit die | |
Nutzer auch Artikel auf Newsportalen mit Minispenden honorieren können, wie | |
es in einem [2][Beitrag] im Hausblog heißt. | |
Bis vor gut zwei Monaten konnten die Nutzer von Flattr nur dann Geld an | |
einen Urheber spenden, wenn dieser in seinem Blog oder auf einer | |
Internetseite einen „Flattr-Button“ eingestellt hatte. Die Einführung eines | |
neuen Plug-Ins für den Browser ermöglicht es den Nutzern von Flattr nun, | |
auch Inhalte auf den Social Media-Seiten zu honorieren, deren Urheber | |
keinen Flattr-Account haben. „Um das Internet zu einem besseren Ort für | |
Schöpfer zu machen“, wie es im Hausblog des Mikro-Bezahldienstes heißt. | |
Oder einfach, um mehr Mitglieder zu werben. | |
Installiert ein Nutzer von Flattr das Plug-In und klickt bei Youtube auf | |
den „Mag-ich“-Button, wird das Video automatisch geflattrt, ohne dass | |
derjenige, der es hochgeladen hat, das überhaupt mitbekommt. Genauso | |
funktioniert das mit Videos auf Vimeo, Musik auf Soundcloud und Fotos auf | |
Flickr, Instagram oder 500px. Auch das Engagement bei der Entwicklung von | |
Software auf GitHub und Textbeiträge im Sozialen Netwerk app.net können so | |
mit Minispenden unterstützt werden. | |
## Twitter wollte keine geflattrten Tweets | |
Mit einem ähnlichen Plug-In hatte sich der Mikro-Bezahldienst Kachingle | |
schon vor einigen Jahren rechtliche Probleme eingehandelt. Ohne die New | |
York Times (NYT) um Erlaubnis zu fragen, hat Kachingle für die Zeitung ein | |
Klick-Konto angelegt – genauso wie Flattr ohne das Wissen der „Schöpfer“ | |
für sie die Flattr-Klicks sammelt. Der von der NYT angestrengte | |
[3][//blog.kachingle.com/2011/01/kachingle-and-nytimes-settle-lawsuit-paywa | |
ll-open-web/:Rechtsstreit wurde Ende 2010 außergerichtlich beigelegt], | |
nachdem Kachingle zusagte, dies künftig zu unterlassen. | |
Auch Flattr hat mit dem neuen Plug-In nicht nur Zustimmung erfahren. | |
Anfänglich konnten die User auch Tweets bei Twitter flattrn. Der | |
Kurznachrichtendienst forderte Flattr jedoch [4][bereits Anfang April] dazu | |
auf, diesen Service wieder einzustellen, was Flattr auch tat. | |
Laut Flattr-Chef Linus Olsson haben sich durch das neue Plug-In in den | |
vergangenen zweieinhalb Monaten schon rund 250.000 Klicks angesammelt, die | |
bei Flattr auf Halde liegen. Die sogenannten Unclaimed Flattrs bleiben so | |
lange gespeichert, bis die Schaffer der Inhalte bei dem Bezahldienst | |
Mitglied werden. Wieviel Geld die 250.000 brachliegenden Klicks wert sind, | |
konnte Olsson nicht beziffern. | |
## Geklaute Inhalte lassen fremde Kassen klingeln | |
Was passiert aber, wenn ein Flattr-Nutzer etwas flattrt und sich der | |
Ersteller des Inhaltes erst Monate später beim Bezahldienst anmeldet? Der | |
Klick werde gespeichert, aber erst später vom Budget des Users abgebucht, | |
erklärt Olsson – bei Flattr liege also kein Geld. | |
Es sei technisch ausgeschlossen, das Dritte sich das Geld durch das | |
Vorgaukeln einer falschen Identität erschleichen, versicherte Olsson. „Es | |
ist nicht möglich, jemandem seine Flattrs zu klauen“, sagte er. Denn um an | |
das Geld heranzukommen, müsse ein Urheber sich beispielsweise in seinen | |
YouTube-Account einloggen, für den nur er sein Passwort kennt. Erst wenn er | |
diesen mit seinem neu angelegten Flattr-Account verlinkt, fließe das Geld. | |
Der Medienforscher Karsten Wenzlaff vom Institut für Kommunikation in | |
Sozialen Medien in Berlin gibt jedoch zu bedenken, dass Social | |
Payment-Anbieter wie Flattr oder Kachingle nicht garantieren können, dass | |
das Geld der User wirklich bei den rechtmässigen Urhebern ankommt. „Das | |
Netz lebt davon“, sagte Wenzlaff, „dass Inhalte kopiert, neu | |
zusammengestellt und auf vielen Kanälen neu veröffentlich werden.“ Flattred | |
jemand ein kopiertes Video, klingele nicht bei dem Künstler die Kasse, | |
sondern bei jemand anders. | |
Flattr möchte sich drei Jahre nach der juristischen Niederlage Kachingles | |
gegen die NYT ebenfalls als Alternative zu Bezahlschranken auf | |
News-Portalen etablieren. Seien die Paywalls erstmal gemeinhin errichtet, | |
stehe immer die Bezahlschranke im Weg, wenn man den Link zu einem Artikel | |
von einem Freund geschickt bekomme, oder wenn in einem Sozialen Netzwerk | |
darüber diskutiert werde. Kurz: Paywalls würden den Lesern [5][den | |
Online-Nachrichtenkonsum verleiden]. | |
Wenn aber die News-Portale stattdessen auf Flattr zurückgreifen würden, | |
heißt es in dem Blogbeitrag weiter, seien vielfältige technische Lösungen | |
denkbar. Etwa könne die Verweildauer des Flattr-Nutzers beim Lesen eines | |
Artikels gestoppt werden – und wenn er lange genug gelesen hat, würde der | |
Text automatisch geflattrt. | |
27 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://flattr.com/catalog/unclaimed | |
[2] http://blog.flattr.net/2013/04/flattr-as-a-paymentwall-on-news-sites/ | |
[3] http://web.archive.org/web/20110417190922/http | |
[4] http://blog.flattr.net/2013/04/twitter-is-forcing-us-to-drop-users-ability-… | |
[5] http://blog.flattr.net/2013/04/flattr-as-a-paymentwall-on-news-sites/ | |
## AUTOREN | |
Alexander Kohn | |
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