# taz.de -- Neuer und alter Premier von Australien: Doppelt hält besser | |
> Kevin Rudd wirkt brav und langweilig. Aber er erweist sich als munteres | |
> Stehaufmännchen der australischen Politik. Er ist mal wieder | |
> Regierungschef des Landes. | |
Bild: „Hi, ich bin der neue, äh, alte Premier.“ | |
Kevin Rudd ist wieder da: Am Donnerstag wurde der 55-jährige Ex-Diplomat | |
aus Brisbane zum zweiten Mal als australischer Premierminister vereidigt. | |
Drei Jahre zuvor war er von seiner Stellvertreterin Julia Gillard in einem | |
internen Putsch gestürzt worden, weil sich seine Labor-Partei angesichts | |
sinkender Umfragewerte vor Wahlen fürchtete. | |
Zwei Mal forderte Rudd seitdem Gillard vergeblich heraus. Jetzt erwies er | |
sich als erfolgreiches Stehaufmännchen, weil Gillard in Umfragen zuletzt | |
noch viel schlechter abschnitt als Rudd. Nun soll Rudd dafür sorgen, dass | |
Labors Verluste gering bleiben. | |
Nach seiner Vereidigung sagte er im Parlament: „Wie wir alle hier wissen, | |
ist das politische Leben ein sehr hartes Leben. Lasst uns versuchen – nur | |
versuchen –, in den künftigen Beratungen dieses Parlaments ein wenig | |
gütiger und freundlicher zueinander zu sein.“ Das dürfte Wunschdenken | |
bleiben. Rudd selbst verlor unmittelbar wichtige Minister, die zu Gillard | |
gehalten hatten. Umgekehrt haftet ihm der Vorwurf an, nach seinem Sturz vor | |
drei Jahren nichts unversucht gelassen zu haben, sich an Gillard zu rächen. | |
Auf den ersten Blick sieht der hochintelligente, brav und langweilig | |
wirkende Rudd wie „Mamas Liebling“ aus. Im Alter von elf Jahren verlor er | |
seinen Vater, worauf seine Familie von ihrer Farm vertrieben wurde. Rudd | |
musste sich hocharbeiten. Er lernte Chinesisch und wurde Diplomat. Der | |
religiöse Familienvater ist jetzt wieder der einzige westliche | |
Regierungschef, der fließend Chinesisch spricht. | |
In seiner ersten Amtszeit entschuldigte er sich im Namen der Regierung für | |
das den Aborigines zugefügte Leid, schaffte Australiens Asyllager im | |
Südpazifik ab (deren Wiedereinführung durch Gillard er später in einem | |
taz-Interview verteidigte) und führte eine Klimapolitik ein. | |
Mit Letzterer machte er sich Australiens mächtige Kohlelobby zum Feind. Die | |
arbeitete auf seinen Sturz hin, den seine Partei dann umsetzte. Die | |
fürchtete ihn inzwischen als chaotischen Verwalter. Jetzt wird der in | |
Umfragen wieder beliebte Rudd vor allem Wahlkampf für den Urnengang am 14. | |
September machen müssen. Seine Chancen sind schlecht. Doch wurde er schon | |
oft unterschätzt. | |
27 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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