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# taz.de -- Ein Jahr BerlinArbeit: Erst Zahlen, dann zahlen
> Seit einem Jahr gibt es das Programm „BerlinArbeit“. Senatorin Dilek
> Kolat (SPD) sieht es als Erfolg – belastbare Zahlen dafür liefert sie
> nicht.
Bild: Zu viele Arbeitslose müssen weiterhin hier vorsprechen.
Von Zahlen reden mochte Dilek Kolat nicht an ihrem Jubeltag. Ein Jahr nach
dem Start des Programms BerlinArbeit zog die SPD-Arbeitssenatorin am
Donnerstag Bilanz. „Wir haben eine ganze Menge geschafft“, erklärte sie
euphorisch auf einer Veranstaltung in der Kreuzberger Jerusalemkirche.
Woran Kolat ihren Erfolg misst, blieb offen. Nur so viel wurde deutlich:
Die Senkung der Arbeitslosenzahlen von 211.914 im Juni 2012 auf aktuell
208.780 schreibt sie natürlich ihrem Programm zu. Und – diese Zahl
verkündete sie doch voller Stolz: „Zurzeit gibt es 6.300 Coaching-Fälle.“
Erst später äußerte sich Kolat zu den Kürzungen, die der Senat am Dienstag
im Rahmen des Doppelhaushalts 2014/15 beschlossen hat. Um 20 Millionen Euro
will Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) Kolats Etat für den Bereich
Arbeit stutzen. Was das heißt, rechnet Sabine Bangert vor,
arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: 2012 seien etwa rund
39 Millionen Euro für öffentliche Beschäftigung ausgegeben worden, dafür
seien gut 5.000 Menschen bezahlt worden. Bei einer Kürzung würden
zahlreiche öffentliche Jobs wegfallen. „Betroffen sind damit vor allem
Langzeitarbeitslose“, kritisiert sie.
Kolat dagegen rechnet so: Da sie im vorigen Jahr rund 15 Millionen Euro gar
nicht ausgegeben habe, die für aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen waren,
könne sie ihr Programm unbeirrt fortführen.
„So kann man nicht rechnen“, sagt Elke Breitenbach, arbeitsmarktpolitische
Sprecherin der Linkspartei. Dass Geld nicht ausgegeben wurde, sei nicht
mangelndem Bedarf geschuldet – Arbeitslose gebe es mehr als genug. Auch
Bangert kritisiert die Nichtnutzung bisher bereitgestellter Gelder: „Es ist
klar, dass Nußbaum hier kürzt“, so die Grüne. Offensichtlich habe Kolat dem
Finanzsenator nicht erklären können, wofür sie das Geld brauche. „Ich
verstehe selbst nicht, was sie konkret vorhat.“
Tatsächlich war es auch bei der Jubelfeier in der Kirche nicht einfach
herauszufinden, was die Kernpunkte von BerlinArbeit sind – und was auf
diesen Feldern bislang passiert ist. Fest steht immerhin das Ziel, das sich
Kolat vor einem Jahr gegeben hat. Bis Ende 2014 soll die Zahl der
Erwerbslosen auf unter 200.000 gedrückt werden und die
Jugendarbeitslosigkeit bis zum Ende der Legislatur auf unter 10 Prozent
(aktuell bei 11,9).
Coaching im Job
Doch wie soll das erreicht werden? Ein zentrales Element ist das erwähnte
Coaching: Hier bekommen Langzeitarbeitslose individuelle Begleitung und
Qualifizierung. Ziel ist die Stabilisierung eines neuen
Beschäftigungsverhältnisses und damit die „nachhaltige Integration in den
Arbeitsmarkt“. Allerdings ist bislang der ganz überwiegende Teil der 6.300
Coaching-Fälle nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis, sondern in
öffentlich geförderter Beschäftigung. Lediglich 156 Coaching-Teilnehmer
gebe es aktuell im ersten Arbeitsmarkt, erklärte eine Mitarbeiterin beim
„Markt der Möglichkeiten“ in der Jerusalemkirche.
Im Begleitheft zur Feier finden sich weitere Programme dieser Art, etwa ein
Mentoring-Programm für weniger Abbrüche bei Ausbildungen, ein öffentliches
Ausbildungsplatzprogramm, eine Infokampagne zur Umwandlung von Minijobs in
reguläre Beschäftigung oder ein Erlebnisparcours namens „Komm auf Tour“,
der SchülerInnen Berufsorientierung liefern soll.
Ein Element fehlt allerdings noch immer – das für Ende 2012 angekündigte
arbeitsmarktpolitische Rahmenprogramm. Mit diesem wollte sich die Senatorin
mit der Bundesagentur für Arbeit abstimmen, damit die Maßnahmen von Land
und Bund auch zusammenpassen. Dazu sagte Kolat nur: „Wir haben vor, uns
ganz konkret abzustimmen.“ Das fand auch Bernd Becking, Geschäftsführer der
Regionaldirektion der Bundesagentur, nicht unwichtig: „Wir haben so viele
parallele Programme.“
28 Jun 2013
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Jobcenter
Niedriglohn
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