# taz.de -- Flüchtlinge unerwünscht: Angst vor Asylheimen | |
> Fünf neue Übergangs-Wohnheime für Flüchtlinge sollen entstehen – auch | |
> Container-Siedlungen. Auf Beiratssitzungen erheben AnwohnerInnen Einwände | |
Bild: In dieses Hotel in ruhiger, aber zentraler Lage sollen bald Flüchtlinge … | |
Das Sozialressort will fünf neue Übergangsheime in Bremen schaffen. | |
Unterkünfte für 520 Flüchtlinge sollen entstehen, 750 Heimplätze gibt es | |
bereits. In Gröpelingen soll das ehemalige Sozialzentrum am Schiffbauerweg | |
angemietet werden, in der Bahnhofsvorstadt ein Hotel. In Obervieland, | |
Hemelingen und Vegesack sind Container-Siedlungen geplant. AnwohnerInnen | |
bringen viele Gründe vor, warum der Ort für ein Asylheim in ihrer | |
Nachbarschaft nicht geeignet ist. Donnerstag ist eine Sonder-Beiratssitzung | |
in Vegesack angesetzt, auf Wunsch von FDP, CDU und Bürgern in Wut (BIW). | |
Um „das Vorhaben zu verhindern“, bittet Detlef Scharf, Sprecher der | |
CDU-Beiratsfraktion, um „zahlreiches Erscheinen“. Zu klein sei der | |
Sportplatz „Fährer Flur“, um dort ein Container-Dorf zu errichten. „Da g… | |
es kein Abwasser“, sagt Scharf zur taz. Und, dass 120 Leute auf „einem | |
Haufen zusammengepfercht“ würden, das gehe nicht, „egal wo“. | |
Mit dem Populismus der BIW, der Hetze gegen Multikulti, habe die CDU nichts | |
am Hut, sagt Scharf. Deutschland müsse den Flüchtlingen helfen. Aber in | |
Vegesack gebe es schon ein Heim, mit 60 Plätzen. „Die Leute haben Angst“, | |
ein Schwimmbad sei in der Nähe der geplanten Container-Siedlung, dort | |
spielten Kinder. „Wir haben hier schon eine hohe Kriminalitätsrate.“ | |
Ähnliche Sorgen waren am Montagabend im Konsul-Hackfeld-Haus zu hören. Der | |
Beirat Mitte hatte zur Aussprache geladen: Über ein Übergangswohnheim im | |
Philosophenweg mit 50 Plätzen. 30 AnwohnerInnen waren gekommen, weniger als | |
im November, als es um das kürzlich bezogene Heim im Viertel in der | |
Eduard-Grunow-Straße ging. | |
„Können wir dann hier überhaupt noch auf die Straße gehen?“, fragte ein | |
Besucher der Beiratssitzung. „Es gibt in keinem Umfeld der bestehenden | |
Flüchtlingsheime einen Anstieg der Kriminalität“, beruhigte Heiko Hergert, | |
Leiter des Referats für Zuwanderung bei der Sozialsenatorin. Dasselbe hatte | |
er im Dezember bei einer Sitzung des Beirats Schwachhausen gesagt. Dort | |
leben seit wenigen Monaten 50 Flüchtlinge in einer ehemaligen Schule. Auch | |
Polizeisprecher Dirk Siemering sagte der taz: „Kriminalität und | |
Flüchtlingsquartiere – dieser Zusammenhang lässt sich aus unserer Sicht so | |
nicht darstellen.“ Im neuen Übergangswohnheim in der Eduard-Grunow-Straße | |
lägen keinerlei Erkenntnisse oder Beschwerden von AnwohnerInnen vor. | |
Eine Wortmeldung am Montagabend ist offen rassistisch. Ein Mann redet von | |
„Dreck und Krach“, den die Zuwanderer brächten und „sowieso zu vielen | |
Russen und Schwarzen hier“. Ein anderer regt an, möglichst viele „von | |
ihnen“ an einem zentralen überwachten Ort unterzubringen. Sein Vorschlag: | |
ein Flüchtlingsschiff auf der Weser. Das sorgt für Kopfschütteln in den | |
Reihen des Beirats. | |
„Bei Worten wie Ausgangskontrolle zucke ich zusammen“, sagte Henrike | |
Müller, Beiratsmitglied und Landeschefin der Bremer Grünen. Sie bittet | |
drum, dass manche der erschienenen AnwohnerInnen ihre Grundhaltung | |
gegenüber Zuwanderern überdenken sollten. In den Heimen in der | |
Eduard-Grunow-Straße und der Notunterkunft in der Thomas-Mann-Straße seien | |
über den persönlichen Kontakt die Bedenken der AnwohnerInnen schnell | |
abgebaut worden. Die Wohnheime und ihre Bewohner seien dort eine | |
„Bereicherung“ für die Nachbarschaft, so Müller. Ob sie ihm das schriftli… | |
geben kann, hallt es aus dem Publikum. | |
Gegen den Standort Philosophenweg erhob allerdings auch der Flüchtlingsrat | |
im Vorfeld Einwände. Die Lage neben Sex-Shops und Diskotheken sei für | |
Kinder und Jugendliche ungeeignet. Auch andere sachliche Einwände wurden | |
auf der Beiratssitzung erhoben. Gleich zu Anfang kommt es zum Zwischenruf, | |
warum die Besitzerin des Hotels nicht da sei. Für das Hotel ist ein | |
Mietvertrag für 5 Jahre verabredet, für zwölf Euro pro Quadratmeter. | |
CDU-Beirat Dirk Paulmann hingegen sieht die Wahl des Philosophenwegs als | |
Chance der Aufwertung für diese Ecke der Stadt. Und nimmt die Sorgen des | |
Flüchtlingsrates auf: Er fordert eine engere Zusammenarbeit mit dem | |
Bildungsressort, damit die im Wohnheim untergebrachten Kinder und | |
Jugendlichen nicht nur im Heim betreut, sondern auch den Zugang zu | |
Kindertagesstätten und Schulen im Umkreis haben. Der Beirat-Beschluss für | |
das Wohnheim war einstimmig. Im März hatte die Sozialdeputation eigentlich | |
beschlossen, Flüchtlinge möglichst in eigenen Wohnungen unterzubringen. | |
2 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Eichler | |
Georg Kirsche | |
## TAGS | |
NPD | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hetze gegen Berliner Flüchtlingsheime: Nazis im Eierregen | |
Mit einer Tour durch Berlin wollte die NPD am Samstag gegen | |
Flüchtlingsheime mobilisieren. Ein Dutzend Nazis traf dabei auf mehrere | |
hundert GegendemonstranInnen. | |
Rassistische Ausfälle in Bremen: Angst vor der Fremdenangst | |
In Bremen fehlen 500 Plätze für Flüchtlinge. Nun werden neue | |
Massenunterkünfte geplant. In einem Teil der Bevölkerung regt sich | |
rassistisch motivierter Widerstand. | |
Mobilbauten für Flüchtlinge abgelehnt: Vegesacks Volksmob | |
Auf einer Sitzung des Ortsbeirats im Bremer Stadtteil Vegesack sprechen | |
sich Lokalpolitiker gegen Unterkünfte für Flüchtlinge aus. Befürworter | |
werden niedergebrüllt. |