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# taz.de -- Streit um Mandelas Erbe: Wie beim Denver-Clan
> Südafrika bangt um seinen Nationalheiligen Nelson Mandela. Doch die
> Familie hat nichts Besseres im Sinn, als sich um sein Erbe zu streiten.
Bild: Vor dem Krankenhaus in Pretoria, in dem Mandela liegt.
JOHANNESBURG taz | Während der als wichtigste Ikone des 20. Jahrhunderts
gefeierte Mandela auf dem Sterbebett liegt, kam es zu zu heftigen
Streitereien in der Familie und zu einem Gerichtsprozess mit Eilantrag:
Dieses Mal ging es um Verjährtes – um die Gebeine seiner vor Jahren
verstorbenen Kinder.
Da kommt der von vielen ungeliebte älteste Enkelsohn Mandla ins Spiel, der
von Nelson Mandela selbst 2007 als traditioneller Stammeshäuptling in
seinem Geburtsort Mvezo eingesetzt worden ist. Mandelas zwei Söhne aus
erster Ehe waren früh verstorben. Darunter der Vater des Enkels und eine
Tochter Mandelas.
Aber Mandla Mandela hat mehr im Sinn, als nach den Traditionen zu schauen.
Er hat begonnen, den Ort auszubauen, und wollte mit einer Pilgerstätte
„Mvezo Great Place“ an Mandelas Grab Touristen anlocken. Der Mvezo-Chef
ließ eines Nachts vor zwei Jahren in geheimer Aktion die Gebeine der drei
Mandela-Kinder von Qunu nach Mvezo umbetten. Sie waren dort beerdigt
worden, wo Mandela aufgewachsen ist und seinen Ruhestand verbrachte – in
Qunu, 20 Kilometer vom Dorf Mvezo.
Mandla wolle mit den illegalen Beerdigungen Geld machen, warfen ihm 16
Angehörige vor. Darunter seine Tante Makaziwe Mandela, Nelson Mandelas
Ehefrau Graca Machel und auch Angehörige von Mandelas königlichem
Aba-Thembu-Klan. „Tata“ wolle in Qunu beerdigt werden, argumentierte seine
älteste Tochter Makaziwe am Donnerstag vor Gericht im Ostkap. Er wolle in
die Erde gebettet werden, wo seine Kinder liegen.
## Freunde sollten sein Geld verwalten
Das hatte Mandla wörtlich genommen und daher die Kinder mit machthungriger
Voraussicht in sein eigenes Dorf gebracht. Doch der Plan ging nicht auf.
Das Gericht entschied für den Rest der Familie, und plötzlich gruben
Totengräber nach den Überresten der Mandela-Kinder. In strömendem Regen
wurden sie mit kurzen Gebeten erneut in Qunu beigesetzt.
Mandla blieb dem verursachten Drama fern. Er beschuldigte die Familie der
Rachsucht, weil er als Einziger nicht am Prozess um das Geld seines
Großvaters teilnahm. Die anderen wollten den Trust-Fonds Mandelas auf ihren
Namen überschreiben lassen. Mandela hatte vertraute Freunde eingesetzt,
sein Geld zu verwalten. Auch die Alten in Qunu und Mvezo sind unglücklich,
weil Rituale vor der Umbettung nicht stattgefunden hätten. „Nelson Mandela
wird keinen Frieden finden, bis die Ahnen versöhnt sind. Deshalb ringt er
noch und lässt nicht los“, sagen sie.
Währenddessen ist der Verlauf eines jeden Tages höchst ungewiss: Lebt
Madiba noch? Der erste Gedanke beim Aufstehen wird durch die Nachrichten
bestätigt, aber die Gerüchte über den Gesundheitszustand des fast
95-jährigen früheren Präsidenten gehen weiter. Sie ändern sich fast
stündlich, genau wie die Gemütslage der Beobachter. Twitter verarbeitet
alle Details der traurigen Angelegenheit und setzt neue Gedanken in
Sekunden dazu. Am Donnerstag kam es zu einer bisher nie da gewesenen
Klarheit – Mandela ist im Dämmerzustand.
Der weltweit als Held des schwarzen Befreiungskampfes verehrte Mandela war
während seines vierwöchigen Krankenhausaufenthaltes in Pretoria schon
mehrfach totgesagt und hatte Südafrika in höchste Alarmbereitschaft
hinsichtlich der gefürchteten Nachricht versetzt. Nun sollen Ärzte der
Mandela-Familie geraten haben, den alten Mann „loszulassen“ und die
lebenserhaltenden Geräte abzuschalten. Debattiert wird dies wohl in
Insider-Kreisen schon lange.
## Die Besucherströme lassen nach
Werden sie warten, bis Obama abreist, fragten sich viele Menschen.
Mittlerweile ist US-Präsident Barack Obama nach seiner Afrika-Reise der
vergangenen Woche längt wieder zu Hause eingetroffen, und Mandela liegt
noch immer im Krankenhaus. Besucherströme lassen nach, aber Südafrikaner
und Touristen pilgern zum Eingang, zur „Tribut-Wand“ für Mandela. Sie beten
in Hoffnung für ihren Helden, legen Blumen nieder, zünden Kerzen an in
Gedanken an ihren ersten schwarzen Präsidenten, dem sie ein demokratisches
Südafrika verdanken.
Die Regierung des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) und Mandelas
Partei heuerten Busse an, die ANC-Anhänger zum Krankenhaus brachten, um
„Tata Madiba“, den Vater der Nation, mit Sang und Tanz zu ehren. Das macht
sich gut für die Präsidentschaftswahlen im April, denn die Wählerzustimmung
für Präsident Jacob Zuma ist angeblich gesunken. Da kommt „Tatas“
Lebenswerk für den ANC gerade recht, ihn nicht nur zu würdigen, sondern die
in Skandale und Korruption verstrickte Partei noch einmal in Mandelas Licht
erstrahlen zu lassen.
Die Regierung betont auch mit dem Näherrücken seines Geburtstages am 18.
Juli, Mandelas Erbe und Leben zu feiern. Sein Geburtstag ist ein
internationaler Gedenktag, an dem 67 Minuten lang Gutes für andere Menschen
getan werden soll. Eine Minute für jedes Jahr, das Mandela im Dienste der
Öffentlichkeit verbracht hat. Mandela ist zwar oft fast als ein „Heiliger“
gewürdigt worden, doch gesegnet mit einer anständigen Familie ist er nicht.
Der sich bereits vor dem Krankenhausaufenthalt anbahnende Gerichtsstreit
der Angehörigen um sein Geld war äußerst befremdend. Doch die sich diese
Woche entfaltende Mandela-Saga glich einer Soap-Opera.
Mandela, der zeitlebens für die Vereinigung von Schwarz und Weiß gekämpft
hat, weiß nichts von der hässlichen Fehde in seiner Familie. Seine Frau
Graca Machel sagte Freitag: „Es geht ihm gut. Nur manchmal hat er Schmerzen
und fühlt sich unwohl.“ Das Präsidentenbüro hatte Berichte dementiert, dass
der kranke Staatsmann nicht bei Bewusstsein sei.
Jeden Tag in der nächsten Woche wird es neue Spekulationen geben. Nur eines
steht jetzt fest: Nelson Mandela wird auf seiner Farm in Qunu beerdigt.
7 Jul 2013
## AUTOREN
Martina Schwikowski
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