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# taz.de -- Der Sonntaz-Streit: „Masernpartys sind Körperverletzung“
> In Gemeinschaftseinrichtungen sollte es eine Impfpflicht geben, meint
> Eckart von Hirschhausen. taz-Leserin Sandra Köhrich wünscht sich
> Kinderärzte mit mehr Zeit.
Bild: So hatte sich die dreijährige Lena ihre Masernparty nicht vorgestellt: A…
BERLIN taz | In der Diskussion um den Umgang mit dem Ausbruch von Masern
hat auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion Jens Spahn
(CDU) eine Impfpflicht gefordert. Er wolle zwar niemanden dazu zwingen –
„aber in öffentlichen Einrichtungen wie Kita oder Schule sollte es eine
Impfpflicht geben“, sagt er im sonntaz-Streit. Nicht zuletzt, betont er, um
die Kinder zu schützen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden
dürfen.
Auch Johannes Singhammer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CSU,
spricht sich für eine Impfpflicht aus. Man müsse die Impfkompetenz des
Einzelnen stärken, damit auch notwendige Folgeimpfungen durchgeführt und
hohe Durchimpfungsquoten bei Kindern und Erwachsenen erzielt würden. „Wenn
Aufklärung und Information zu keinen entscheidenden Verbesserungen beim
Impfverhalten führen, werden wir über eine Impfpflicht nachdenken müssen."
Impfzwang? Das klinge so, als müssten die Ärzte den Anthroposophen einzeln
mit einer Spritze hinterherrennen, meint der Arzt und Komiker Eckart von
Hirschhausen. Das sei natürlich Quatsch. Aber: „So wie es beim
Sicherheitsgurt selbstverständlich ist, eine Schutzmaßnahme verbindlich zu
machen, wenn die Folgekosten die Solidargemeinschaft trägt, so macht Impfen
für alle bei Masern sehr viel Sinn.“
Wer sich aus der kollektiven Verantwortung stehle, müsse aus
Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen werden. „Masernpartys“, bei denen
nicht geimpfte Kinder mit Kindern, die akut an Masern erkrankt sind,
bewusst zusammengeführt werden, seien nicht die Antwort – sondern
„vorsätzliche Körperverletzung“.
## Gegen die Impfpflicht
Sicher sei eine hohe Impfquote Grund zu Freude, sagt Dieter Carius, Experte
der DAK-Gesundheit für Fragen der medizinischen Versorgung. Eine Umfrage im
Auftrag der DAK hatte vor Kurzem ergeben, dass vier von fünf Deutschen eine
Impfpflicht wollen. „Es muss darum gehen, dass jedes Kind eine Gelegenheit
zur Impfung bekommt.“ Eine hundertprozentige Quote werde sich aber ohnehin
nie erreichen lassen, es werde immer Eltern geben, die ihre Kinder der
Impfung entziehen. „Das muss man akzeptieren, auch wenn es gute Gründe
dagegen gibt.“
Auch Biggi Bender und Harald Terpe von den Grünen halten einen Impfzwang
für nicht sinnvoll. Man müsse sich fragen, wie so etwas in der Praxis
durchgesetzt werden soll, meint Terpe, Obmann im Gesundheitsausschuss.
Bender weist darauf hin, dass Impfungen zwar Schutz, aber auch Risiko
bedeuten. „Da soll die informierte Entscheidung fehl am Platze sein?“,
fragt die Gesundheitsexpertin.
taz-Leserin Sandra Köhrich wünscht sich anstelle einer Impfpflicht
Kinderärzte, die sich Zeit nehmen, die Eltern wirklich über die Vorteile
und auch mögliche Risiken des Impfens aufzuklären. „Unser Kinderarzt hat
uns damals einfach hektisch ein paar Broschüren in die Hand gedrückt und
das war es dann. Von vorgeschriebener Impfberatung kann da keine Rede
sein.“
Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Wolfram Hartmann, Präsident des
Verbands der Kinder- und Jugendärzte, Marlies Volkmer (SPD),
stellvertretende Sprecherin für Gesundheit, Kathrin Vogler (Die Linke),
Vorsitzende des Gesundheitsausschusses sowie Cornelia Bajic, Vorsitzende
des Zentralvereins homöopathischer Ärzte – in der aktuellen [1][sonntaz vom
20./21. Juli 2013].
20 Jul 2013
## LINKS
[1] /Ausgabe-vom-20/21-Juli-2013/!120218/
## AUTOREN
Franziska Seyboldt
## TAGS
Streitfrage
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Impfung
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Kinder
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