# taz.de -- Blaualgen in der Ostsee: Die Algen kommen | |
> Große Blaualgen-Teppiche bewegen sich vor allem auf die Küsten der Ostsee | |
> zu. Jetzt hat Lübeck die ersten Badewarnungen für Travemünde | |
> ausgesprochen. | |
Bild: Blaualgen können rot, grün oder blau schimmern: irgendwie hübsch, aber… | |
HAMBURG taz | Eine eklige Brühe schwappt auf Norddeutschlands Strände zu: | |
Blaualgen. Vor allem in der Ostsee haben sich größere Blaualgenteppiche | |
gebildet. Wann und wo genau sie die Strände erreichen werden, ist vor allem | |
von Strömungen und Wind abhängig. | |
Ausgedehnte Ansammlungen haben sich bisher im Fehmarnsund, in der Lübecker | |
Bucht und in der westlichen Mecklenburger Bucht gebildet, teilte das | |
schleswig-holsteinische Umweltministerium nach Sichtungsflügen zwischen | |
Kiel und Travemünde mit. Die noch küstenfernen Bereiche mit | |
Wasserverfärbungen seien relativ groß und enthielten große Mengen an | |
Blaualgen. | |
Es sei davon auszugehen, dass die Algen sich in den nächsten heißen Tagen | |
stark vermehren und verbreiten werden. Für einige Strandabschnitte in | |
Travemünde hat Lübeck bereits Badewarnungen herausgegeben. Dort beträgt die | |
Sichttiefe im Meerwasser statt der üblichen zwei Meter nur noch etwa 20 | |
Zentimeter. | |
Blaualgen gehören zu den Bakterien, sind zur Photosynthese fähig und können | |
daher rot, grün oder – zumeist – blau erscheinen. Sie können bei Berühru… | |
unangenehme Hautreizungen hervorrufen, auch allergische Reaktionen sind | |
möglich. Vor allem bei versehentlichem Verschlucken beim Schwimmen können | |
sie für Menschen auch gesundheitsgefährdend sein. | |
Im besonders warmen Sommer 2006 waren weite Teile der Ostseeküste zwischen | |
Fehmarn und Rügen zeitweise wegen der anhaltenden Blaualgenblüte gesperrt | |
worden. Auch für etliche Binnenseen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen | |
und Mecklenburg-Vorpommern waren damals Badeverbote erlassen worden und | |
mitten in Hamburgs schimmerten Binnen und Außenalster grün und wurden | |
gesperrt. | |
In Fachkreisen bundesweit bekannt ist der Eichbaumsee in den Hamburger Vier | |
und Marschlanden. Seit Sommer 2007 ist er wegen jährlich wiederkehrender | |
Blaualgen-Epidemien gesperrt. Mindestens 1,2 Millionen Euro hat Hamburg | |
inzwischen investiert, um den größten und beliebtesten Badesee der Stadt zu | |
retten. Unter anderem wurden auf dem Grund des Baggersees zwei Anlagen zur | |
Tiefenwasserbelüftung installiert, aber auch dieser Versuch der | |
Sauerstoffanreicherung war bislang erfolglos. | |
In diesem Sommer soll mit dem großflächigen Einsatz eines natürlichen | |
Phosphatbindemittels die Belastung des Wassers mit Nährstoffen und speziell | |
Phosphat gesenkt werden. Das gilt als letzter Versuch – denn Hamburgs | |
Umweltbehörde erklärt, den See zwar gerne retten zu wollen, „aber nicht um | |
jeden Preis“. | |
Neben der Wärme machen Umweltschützer vor allem die Überdüngung durch die | |
intensive Landwirtschaft für die regelmäßig auftretende Algenblüte auch in | |
der Ostsee verantwortlich. Das Binnenmeer, das nur geringen Wasseraustausch | |
mit der salzreicheren Nordsee hat, leide unter der anhaltenden Überdüngung | |
durch die Anrainerstaaten. Deshalb breiteten sich die Algen mit hoher | |
Geschwindigkeit aus, so die Deutsche Umwelthilfe. | |
Zudem profitieren die Algen vom Klimawandel, weil sie bei einem höheren | |
Anteil an Kohlendioxid im Meerwasser besser gedeihen. Mehr Kohlendioxid | |
macht Meere sauerer – für Algen sind das optimale Bedingungen, für ihre | |
Fressfeinde, die Krebse, hingegen nicht. Nach neueren Untersuchungen leiden | |
diese in saurerer Umgebung unter dünneren Panzern – und Appetitlosigkeit. | |
22 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
## TAGS | |
Badesee | |
Ökologie | |
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