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# taz.de -- Schweizer Nationalfeiertag: Ein einzig Volk von Brüdern
> Erst seit 1994 ist der 1. August, der Schweizer Nationalfeiertag, ein
> freier und bezahlter Feiertag. Seit 2012 wird eine neue Hymne gesucht.
Bild: Und aus den Wolken bei Gäntis taucht die größte(!) Schweizer Flagge de…
Der 1. August ist in der Schweiz Nationalfeiertag. Da werden Höhenfeuer
entfacht und patriotische Reden gehalten. Als arbeitsfreier und bezahlter
Feiertag gilt der 1. August allerdings erst seit 1994. Davor begnügte man
sich mit einer kostensparenden Variante fürs nationale Hochamt.
Dazu passt, dass die Schweizer seit 1961 mit einer provisorischen
Nationalhymne – dem „Schweizerpsalm“ – leben, weil sich die alte Hymne,
nach der gleichen Melodie wie die britische Hymne „God save the Queen“, als
konfusionsstiftend erwiesen hatte.
Trotz der Anerkennung zum Feiertag gib es im ganzen Land kaum
Feierstimmung, und für eine neue Hymne läuft seit 2012 ein Wettbewerb,
ausgelobt von der „Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft“, die auch
die „Wiege der Schweiz“, die am Vierwaldstättersee gelegen Rütliwiese,
verwaltet.
Historisch ist der Ort des Rütlischwurs eine Legende. Populär wurde diese
erst durch den Dichter Friedrich Schiller und sein Drama „Wilhelm Tell“
(1804). Da schwören die Eidgenossen: „Wir wollen sein ein einzig Volk von
Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr“.
## Der Haussegen hängt schief
Damit ist es vorbei. Der Haussegen zwischen den helvetischen Brüdern hängt
ziemlich schief. Der ehemalige Novartis-Chef Daniel Vasella wollte sich
seinen Abgang mit 72 Millionen Franken versilbern lassen, was einen
Entrüstungssturm entfachte, der Vasella in die USA „vertrieb“.
Am 2. März 2013 stimmten zwei Drittel der Schweizer einer Volksinitiative
zu, nach der Aktionärsversammlungen und nicht Vorstände und Aufsichtsräte
künftig über Abgangsentschädigungen für Manager entscheiden sollen. Deshalb
erhielt Vasella statt 72 Millionen „nur“ einen Beratervertrag für ein
Tageshonorar von 25.000 Dollar. Das läuft auf einen Stundenlohn von 3.125
Franken hinaus.
Das wirkt wie ein Stimulans für die von den Jungsozialisten eingereichte
Volksinitiative, mit der das Verhältnis von geringstem zu höchstem Lohn in
einem Betrieb auf 1:12 festgeschrieben werden soll. Die Abstimmung darüber
findet am 24. November statt.
## Schluss mit „Steuersparen“
Was die politische Stimmung in der Schweiz betrifft, ist der Fall Vasella
jedoch nur eine Petitesse. So richtig aufs Gemüt schlug den Berufspatrioten
das Vorgehen der USA gegen die Schweizer Banken und das „Bankgeheimnis“.
Sie wollen das Steueroase Schweiz definitiv austrocknen. Die UBS und die
Privatbank Wegelin bekamen bereits zu spüren, was es heißt, wenn die
amerikanischen Steuerbehörden sich übertölpelt fühlen.
Die UBS zahlte 780 Millionen Dollar Buße, und Wegelin und Co. mussten ihren
korrumpierten Laden verkaufen, um der Schließung zuvorzukommen. Trotz
dieser Signale, dass die USA entschlossen sind, das kriminelle
Geschäftsmodell „Steuersparen“ zu beenden, nahmen Schweizer Banken auch
nach 2009 weiter unversteuerte Vermögen von US-Bürgern an.
Jetzt machte das US-Justizministerium Nägel mit Köpfen. Es diktierte Bern
ein Gesetz und obendrein den Fahrplan für dessen Verabschiedung. Bis zum 1.
Juli sollte das „Bundesgesetz über Maßnahmen zur Erleichterung der
Bereinigung des Steuerstreits der Schweizer Banken mit den USA“
verabschiedet werden.
Das Gesetz sollte für 12 Monate gelten, in denen die betroffenen 120 bis
250 Schweizer Banken ihr Kooperationswilligkeit mit den amerikanischen
Steuerbehörden unter Beweis stellen müssen.
## Regierung und Parlament in der Sackgasse
Das Berner Parlament verweigerte die Zustimmung zu diesem Diktat und
reichte den Schwarzen Peter an die Regierung weiter, die nun einen
Kompromiss sucht, denn die USA drohen mit dem Lizenzentzug für Schweizer
Bankniederlassungen. Die Schweizer Banken haben Regierung und Parlament mit
ihrem Geschäftsmodell „Steuerbetrug“ unter dem euphemistischen Namen
„Bankgeheimnis“ in eine Sackgasse getrieben.
So richtige Festfreude kommt deshalb am 1. August im Alpenland nicht auf,
denn das Ende der helvetischen Lebenslüge „Bankgeheimnis“ wird absehbar.
Und als ob das nicht genügte, droht am 22. September auch noch eine
Volksabstimmung: Die Milizarmee, die heiligste Kuh neben dem
„Bankgeheimnis“, soll zu einer Freiwilligenarmee umgebaut werden.
Zur Beruhigung mobilisiert Blochers konservative „Volkspartei“ für den
„Aufstand der Auto- und Motorradfahrer“ gegen eine Erhöhung der jährlichen
Autobahngebühr von 40 auf 100 Franken. Die Kampagne wird organisiert von
einer Firma „Alpenparlament“, die auch Esoterisches im Angebot hat –
darunter „Hochfrequenz-Geräte“, die Hepatitis, Tuberkulose, Syphilis,
Malaria und HIV „heilen“.
1 Aug 2013
## AUTOREN
Rudolf Walther
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Uli Hoeneß
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