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# taz.de -- Nachruf auf Lothar Bisky: Tod eines Sanftmütigen
> Er war ein guter Zuhörer und ein loyaler Reformer seiner Partei. Der
> Linke-Politiker Lothar Bisky ist im Alter von 71 Jahren gestorben.
Bild: Das Polternde, Schrille, Laute war ihm fremd: Lothar Bisky
BERLIN taz | Der Linke-Politiker Lothar Bisky ist tot. Der ehemalige
Bundesvorsitzende der PDS und spätere Linkspartei-Chef starb am Dienstag im
Alter von 71 Jahren.
Lothar Bisky war zwischen 1993 und 2000 sowie von 2003 bis 2007
Vorsitzender der PDS. Nach der Fusion mit der westdeutschen Wahlalternative
Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) führte er von 2007 bis 2010 die neu
gegründete Partei Die Linke gemeinsam mit Oskar Lafontaine. Danach war er
Fraktionsvorsitzender der Linken im Europaparlament. Im März dieses Jahres
ist Bisky aus gesundheitlichen Gründen von diesem Amt zurückgetreten.
Lothar Bisky hatte eine Eigenschaft, die bei Politikern selten ist:
Sanftmut. Das Polternde, Schrille, Laute des politischen Betriebs, die
donnernde Verurteilung des politischen Gegners war nicht seine Sache. Er
konnte zuhören, sich und seine Partei selbstkritisch anschauen.
Bisky, 1941 in Pommern geboren, ging als Achtzehnjähriger alleine in die
DDR. Er sei als junger Mann „theoretischer Kommunist“ gewesen, erklärte
Lothar Bisky Anfang 2013 in einem langen Zeit-Interview. 1964, während des
Studiums, lernte er seine Frau Almuth kennen, das Paar bekam drei Söhne.
Der älteste, Jens, ist Journalist, der zweite, Norbert, Maler. Stephan
Bisky, der jüngste Sohn, starb vor fünf Jahren ganz plötzlich.
## Gysi und Bisky waren ein Team
Biskys Wahlheimat, die DDR, verlangte ihrem übergelaufenen Bürger viele
innere Krisen ab. 1963 war er Mitglied der SED geworden, danach studierte
er Philosophie und Kulturwissenschaften in Berlin und Leipzig und arbeitete
bis 1980 am Zentralinstitut für Jugendforschung in Leipzig. Dann wechselte
er als Dozent an die Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim
Zentralkomitee der SED.
Ende der achtziger Jahre wurde er Rektor der Filmhochschule in Babelsberg:
ein loyaler, kritischer DDR-Bürger. Die Wende spülte ihn wie viele in die
Politik. Gerade das Reflektierte, Bedächtige, Ausgleichende machte ihn in
den Neunzigern zum idealen Konterpart zum schnellen, witzigen, manchmal
oberflächlichen Gregor Gysi.
Gysi und Bisky waren das Team, das die PDS-Klientel in die komplizierte
bundesrepublikanische Wirklichkeit führte. Vor allem Bisky, der aus den
realsozialistischen Irrtümern gelernt hatte, ohne die DDR-Biografien gering
zu schätzen, war eine Identifikationsfigur: ein ruhiger, väterlicher
Vertreter des Reformerflügels.
Schwer zu sagen, ob die PDS ohne Bisky den Weg in die Bundesrepublik
gefunden hätte – oder ob sie sich unter dem Dauerbeschuss von
Stasi-Vorwürfen abgekapselt und reideologisiert hätte. Biskys historisches
Verdienst ist es jedenfalls, alle Rückfälle ins Parolenhafte wirksam
verhindert zu haben.
## Kleinliches, enges Foul von Union und FDP
Nach dem PDS-Parteitag in Münster 2000, als die Verbalradikalen in der
Bundespolitik die Oberhand gewannen, warf er zwar das Handtuch und zog sich
in die Brandenburger Landespolitik zurück. Aber 2003 wurde er wieder
Parteichef: Es gab eben niemanden, der die Lücke, die Gysi und er
hinterlassen hatten, füllen konnte.
Dass sich der Bundestag 2005 weigerte, ausgerechnet ihn, den Verlässlichen,
Integrativen, zum Vizepräsidenten des Parlaments zu wählen, war ein
kleinliches, enges Foul von Union und FDP, wohl auch von Sozialdemokraten.
Ein Affront, der Biskys politisches, auf Versöhnung zielendes Tun in Frage
stellen sollte.
Lothar Bisky ist vier Tage vor seinem 72. Geburtstag gestorben.
13 Aug 2013
## AUTOREN
Anja Meier
Stefan Reinecke
## TAGS
PDS
Die Linke
PDS
Matthias Platzeck
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